4. September 2011

Marginalie: Googles "Frühjahrsputz im Herbst". Eine Schwalbe flog davon, und jetzt folgt das große Gemetzel

Einige von Ihnen, liebe Leser, werden es gemerkt haben; aber im Internet las man nicht viel darüber: Kürzlich, Anfang August, hörte die Chrome-Extension Vocabbi plötzlich, ohne jede Vorankündigung, auf zu funktionieren; ein sehr nützliches Hilfsmittel zur Online-Übersetzung von Vokabeln.

Ich hatte einst Vocabbi gerühmt, als ich im Februar 2010 überhaupt Chrome rühmte (Chrome - glänzend. Die Leser dieses Blogs sind Individualisten). Was war passiert? Vocabbi basierte auf dem Google Dictionary; und das war Knall auf Fall eingestellt worden. Ich habe das damals in Zettels kleinem Zimmer kurz kommentiert.

Seit gestern wissen wir, daß dieses Abschalten des Google Dictionary nur eine Schwalbe war, die sehr wohl einen Winter macht. Indem sie nämlich davonzieht.

Denn jetzt zeigt sich, daß das Abschalten von Google Dictionary nur so etwas wie ein Testlauf gewesen ist. Die International Business Times schrieb gestern Abend um 22.16 MEZ unter der Überschrift "Google Kills Host of Products, Focuses on Money" (Google killt jede Menge Produkte und konzentriert sich aufs Geldverdienen):
Google said on Friday that it was pulling the plug across a host of products as it regroups its efforts to focus on products that bring the company money.

"Over the next few months we'll be shutting down a number of products and merging others into existing products as features," senior vice president Alan Eustace said in a move he called a "fall spring-clean" at the Internet giant.

Google erklärte am Freitag, daß es es aus einer Menge Produkte den Stöpsel ziehen würde. Es nehme eine Neugruppierung seiner Schwerpunkte vor, um sich auf diejenigen Produkte zu konzentrieren, die dem Unternehmen Geld bringen.

"Über die kommenden Monate werden wir eine Reihe von Produkten einstellen und andere mit bestehenden Produkten oder Leistungen verschmelzen", sagte der Erste Vizepräsident Alan Eustace zu einem Schritt, den er als einen "Frühjahrsputz im Herbst" bei dem Internetgiganten bezeichnete.
Einzelheiten konnte man gestern Abend zum Beispiel bei der IB Times San Francisco erfahren, die darauf hinweist, daß bereits Slide (ein soziales Netzwerk, das Google vor einem Jahr für 179 Millionen Dollar gekauft hatte), Google Labs und Google Health eingestellt worden waren. Weiter heißt es:
Ten more Google products were put on the chopping block on Friday (...). Among the latest casualties: Aardvark, a pioneering social question-and-answer service that had earned praise from tech pundits before Google acquired it in 2010; Fast Flip, a two-year-old tool that allows readers to quickly "flip" through pages of digital newspapers and magazines, and Sidewiki a tool that lets people leave comments about specific Web pages as they browse. (...) The other products in Google’s Spring clean announced on Friday are Desktop, Google Maps API for Flash, Google Pack, Google Web Security, Image Labeler, Notebook and Subscriber Links.

Zehn weitere Google-Produkte wurden am Freitag auf den Richtblock gelegt. (...) Unter den neuesten Opfern: Aardvark, ein innovativer sozialer Frage-und-Antwort-Service, der von Technikfachleuten gelobt worden war, bevor Google ihn 2010 erwarb; Fast Flip, ein zwei Jahre altes Tool, das es Lesern ermöglicht, schnell durch die Seiten einer digitalen Zeitung oder Zeitschrift zu "blättern", sowie Sidewiki, ein Tool, das es erlaubt, während des Browsens Kommentare zu bestimmten Webseiten anzubringen. (...) Die anderen Produkte in dem am Freitag verkündeten Frühjahrsputz sind Desktop, Google Maps API für Flash, Google Pack, Google Web Security, Image Labeler, Notebook und Subscriber Links.
Das Google Dictionary wird nicht erwähnt; dessen Kopf fiel ja schon vor vier Wochen. Wer bei Google investiert hat, schreibt, die IB Times San Francisco, den wird das Köpferollen freuen. Was die Ingenieure im Googleplex dazu sagen würden, sei eine andere Frage. Entlassungen immerhin seien bisher nicht angekündigt.



So geht es halt. Das frische, fröhliche, von Innovationsgeist strotzende Google ist Vergangenheit. Larry Page, einer der beiden Gründer von Google, ist inzwischen ein beinharter Geschäftsmann von nun auch schon fast vierzig Jahren. Seit Januar dieses Jahres ist er der Vorstandsvorsitzende und offenbar entschlossen, richtig Geld zu verdienen. Schluß mit lustig.

Oder sagen wir: mit lustig dort, wo es eben ums Geld geht. Die Google Doodles werden uns ja vermutlich erhalten bleiben (siehe zu einer kürzlichen Kuriosität bei diesen: Marginalie: Google, Gothic, Goethe. Googles seltsame Hommage zu Goethes Geburtstag; ZR vom 29. 8. 2011).
Zettel



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