Während die Entsendung unbemannter Satelliten in den Orbit und von Sonden in den erdfernen Weltraum der Forschung dient, der Kommunikation und anderen technischen und wirtschaftlichen Zwecken, war die bemannte Raumfahrt nie von großem praktischem Nutzen (siehe Der Mond und der Pony-Express; ZR vom 6. 12. 2006).
Die immensen Kosten für die Flüge von Astronauten und Kosmonauten wurden aufgebracht, nicht um einen wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Gegenwert zu erhalten, sondern wegen des internationalen Prestiges. Unbemannte Satelliten können inzwischen etliche Nationen in eine Umlaufbahn schicken; die bemannte Raumfahrt aber war und ist die Domäne der Supermächte. Noch nicht einmal die europäische ESA ist in der Lage, selbst Astronauten in den Weltraum zu schicken.
Die bemannte Raumfahrt ist die Königsklasse der Weltraumfahrt. Sie war eines der großen Gebiete, auf denen sich bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein der Prestigekampf zwischen der UdSSR und den USA abspielte. Die Sowjetunion ging zunächst mit den Flügen ihrer Wostok- und Sojus-Raumschiffe in Führung; aber mit der ersten bemannten Mondlandung gelang den USA der entscheidende Gegenschlag.
Bis zuletzt hatten die Sowjets nachgerade verzweifelt versucht, die USA noch auf den letzten Metern zu schlagen - mit einem Flug um den Mond im Dezember 1968 noch vor dem Flug von Apollo 8; als das nicht gelungen war, wenigstens mit einer Umrundung des Mondes vor der Landung von Apollo 11 im Juli 1969.
Aber die unbemannte Rakete mit dem Mondschiff, in das die sowjetischen Kosmonauten im Orbit umsteigen sollten, explodierte schon beim Start (siehe Das sowjetische Programm für den bemannten Mondflug und sein dramatisches Ende; ZR vom 20. 7. 2009). Die Russen beendeten ihr Programm für den bemannten Mondflug und versuchten zu verschleiern, daß sie je eines gehabt hatten.
Nach dem Zerbrechen der UdSSR begann in der bemannten Raumfahrt eine Zeit der Kooperation an der Stelle des Prestigestreits; deren Ausdruck ist heute die gemeinsam von Amerikanern und Russen betriebene ISS, mit angedockten Moduln, die von Japan und der europäischen ESA beigesteuert wurden.
Aber inzwischen hat eine neue Phase - sollte man sagen: ein neuer Wettlauf? - begonnen. China hat seinen Hut in den Ring geworfen; und zwar mit dem inzwischen auch offen geäußerten Anspruch, zu den beiden Nationen, die bemannte Raumfahrt betreiben, nicht nur aufzuschließen; sondern sie in ihrer führenden Rolle abzulösen.
Die Einzelheiten des bisherigen chinesischen Programms der bemannten Raumfahrt hat die chinesische Nachrichten-agentur Xhinhua in diesem Artikel zusammengestellt. Es begann mit dem Start des ersten, noch unbemannten Raumschiffs Shenzhou-1 im November 1999 (Shenzhou ist eine Weiterentwicklung des russischen Sojus-Raumschiffs). Nach weiteren unbemannten Tests startete im November 2003 der erste "Taikonaut" mit Shenzhou-5. Es folgten Flüge mit zwei und drei Taikonauten und Außenbord-Aktivität.
Jetzt also wurde Tiangong-1 gestartet, der "Himmlische Palast". Was es mit diesem Namen auf sich hat, sagt Xinhua in einem anderen Artikel, der auch über die weiteren Pläne der chinesischen bemannten Raumfahrt Auskunft gibt: Der "Himmlische Palast" ist ein Ort aus der chinesischen Mythologie, in dem sich Götter aufhalten.
Die Pläne für die Zukunft sind aber gar nicht mythologisch, sondern technisch handfest: Das jetzt in den Orbit geschossene Modul wird der Kern einer bemannten chinesischen Raumstation sein. Andere Moduln werden folgen; und bis zu drei Raumschiffe vom Typ Shenzhou können gleichzeitig andocken. Das Ganze soll 2020 fertig sein. Und das ist kein Zufall. Denn just 2020 soll nach den gegenwärtigen Plänen die amerikanisch-russische ISS außer Dienst gestellt werden.
Symbolischer geht es nicht. Pläne für eine neue ISS gibt es weder bei der NASA noch bei den Russen oder der europäischen ESA. Nach 2020 wird China, falls sich nicht drastisch etwas ändert, die bemannte Raumfahrt im erdnahen Orbit beherrschen.
Und darüber hinaus? Konkrete Pläne für den Mondflug geben die Chinesen noch nicht bekannt; aber kaum ein Fachmann zweifelt daran, daß der bemannte Mondflug ihr nächstes Ziel ist.
Präsident Bush hatte die politische Brisanz dieser Entwicklung erkannt und deshalb das Projekt Constellation entwickeln lassen; ein technisch elegantes Programm, das nach dem Baukastenprinzip mit einem begrenzten Satz von Trägerraketen und Fluggeräten erdnahe Flüge ebenso wie ein neues bemanntes Mondprogramm ermöglichen sollte; mit der Option eines darauf aufbauenden Flugs zum Mars.
Zu den ersten Entscheidungen von Präsident Obama nach seiner Amtsübernahme im Januar 2009 gehörte es, dieses Projekt Constellation, in das bereits 9,2 Milliarden Dollar investiert worden waren, zu kippen (siehe "Künftig werden die USA in der bemannten Raumfahrt keine wesentliche Rolle mehr spielen". Wird der Mond also chinesisch?; ZR vom 1. 2. 2011). Es wird folglich auf absehbare Zeit keinen amerikanischen bemannten Flug zum Mond geben. Auch in diesem Bereich werden die Chinesen in zehn bis zwanzig Jahren die einzige Supermacht sein.
Wie eingangs gesagt: Wissenschaftlich und wirtschaftlich ist die bemannte Raumfahrt sehr problematisch; den immensen Kosten steht kein vergleichbarer Ertrag gegenüber. Aber beim nationalen Prestige sind das nun einmal nicht die einzigen Faktoren, die zählen.
Mit dem Start des ersten Sputnik 1957 und dem Flug Juri Gagarins 1961 begann der Aufstieg der UdSSR zu einer Supermacht, die als den USA ebenbürtig betrachtet wurde. Wenn ab 2020 China die bemannte Raumfahrt dominiert, wird das für alle Völker der Welt das unübersehbare Symbol dafür sein, wer künftig die Rolle der Supermacht Nummer eins spielen wird. Xhinhua ohne falsche Bescheidenheit:
Die immensen Kosten für die Flüge von Astronauten und Kosmonauten wurden aufgebracht, nicht um einen wissenschaftlichen oder wirtschaftlichen Gegenwert zu erhalten, sondern wegen des internationalen Prestiges. Unbemannte Satelliten können inzwischen etliche Nationen in eine Umlaufbahn schicken; die bemannte Raumfahrt aber war und ist die Domäne der Supermächte. Noch nicht einmal die europäische ESA ist in der Lage, selbst Astronauten in den Weltraum zu schicken.
Die bemannte Raumfahrt ist die Königsklasse der Weltraumfahrt. Sie war eines der großen Gebiete, auf denen sich bis in die achtziger Jahre des vorigen Jahrhunderts hinein der Prestigekampf zwischen der UdSSR und den USA abspielte. Die Sowjetunion ging zunächst mit den Flügen ihrer Wostok- und Sojus-Raumschiffe in Führung; aber mit der ersten bemannten Mondlandung gelang den USA der entscheidende Gegenschlag.
Bis zuletzt hatten die Sowjets nachgerade verzweifelt versucht, die USA noch auf den letzten Metern zu schlagen - mit einem Flug um den Mond im Dezember 1968 noch vor dem Flug von Apollo 8; als das nicht gelungen war, wenigstens mit einer Umrundung des Mondes vor der Landung von Apollo 11 im Juli 1969.
Aber die unbemannte Rakete mit dem Mondschiff, in das die sowjetischen Kosmonauten im Orbit umsteigen sollten, explodierte schon beim Start (siehe Das sowjetische Programm für den bemannten Mondflug und sein dramatisches Ende; ZR vom 20. 7. 2009). Die Russen beendeten ihr Programm für den bemannten Mondflug und versuchten zu verschleiern, daß sie je eines gehabt hatten.
Nach dem Zerbrechen der UdSSR begann in der bemannten Raumfahrt eine Zeit der Kooperation an der Stelle des Prestigestreits; deren Ausdruck ist heute die gemeinsam von Amerikanern und Russen betriebene ISS, mit angedockten Moduln, die von Japan und der europäischen ESA beigesteuert wurden.
Aber inzwischen hat eine neue Phase - sollte man sagen: ein neuer Wettlauf? - begonnen. China hat seinen Hut in den Ring geworfen; und zwar mit dem inzwischen auch offen geäußerten Anspruch, zu den beiden Nationen, die bemannte Raumfahrt betreiben, nicht nur aufzuschließen; sondern sie in ihrer führenden Rolle abzulösen.
Die Einzelheiten des bisherigen chinesischen Programms der bemannten Raumfahrt hat die chinesische Nachrichten-agentur Xhinhua in diesem Artikel zusammengestellt. Es begann mit dem Start des ersten, noch unbemannten Raumschiffs Shenzhou-1 im November 1999 (Shenzhou ist eine Weiterentwicklung des russischen Sojus-Raumschiffs). Nach weiteren unbemannten Tests startete im November 2003 der erste "Taikonaut" mit Shenzhou-5. Es folgten Flüge mit zwei und drei Taikonauten und Außenbord-Aktivität.
Jetzt also wurde Tiangong-1 gestartet, der "Himmlische Palast". Was es mit diesem Namen auf sich hat, sagt Xinhua in einem anderen Artikel, der auch über die weiteren Pläne der chinesischen bemannten Raumfahrt Auskunft gibt: Der "Himmlische Palast" ist ein Ort aus der chinesischen Mythologie, in dem sich Götter aufhalten.
Die Pläne für die Zukunft sind aber gar nicht mythologisch, sondern technisch handfest: Das jetzt in den Orbit geschossene Modul wird der Kern einer bemannten chinesischen Raumstation sein. Andere Moduln werden folgen; und bis zu drei Raumschiffe vom Typ Shenzhou können gleichzeitig andocken. Das Ganze soll 2020 fertig sein. Und das ist kein Zufall. Denn just 2020 soll nach den gegenwärtigen Plänen die amerikanisch-russische ISS außer Dienst gestellt werden.
Symbolischer geht es nicht. Pläne für eine neue ISS gibt es weder bei der NASA noch bei den Russen oder der europäischen ESA. Nach 2020 wird China, falls sich nicht drastisch etwas ändert, die bemannte Raumfahrt im erdnahen Orbit beherrschen.
Und darüber hinaus? Konkrete Pläne für den Mondflug geben die Chinesen noch nicht bekannt; aber kaum ein Fachmann zweifelt daran, daß der bemannte Mondflug ihr nächstes Ziel ist.
Präsident Bush hatte die politische Brisanz dieser Entwicklung erkannt und deshalb das Projekt Constellation entwickeln lassen; ein technisch elegantes Programm, das nach dem Baukastenprinzip mit einem begrenzten Satz von Trägerraketen und Fluggeräten erdnahe Flüge ebenso wie ein neues bemanntes Mondprogramm ermöglichen sollte; mit der Option eines darauf aufbauenden Flugs zum Mars.
Zu den ersten Entscheidungen von Präsident Obama nach seiner Amtsübernahme im Januar 2009 gehörte es, dieses Projekt Constellation, in das bereits 9,2 Milliarden Dollar investiert worden waren, zu kippen (siehe "Künftig werden die USA in der bemannten Raumfahrt keine wesentliche Rolle mehr spielen". Wird der Mond also chinesisch?; ZR vom 1. 2. 2011). Es wird folglich auf absehbare Zeit keinen amerikanischen bemannten Flug zum Mond geben. Auch in diesem Bereich werden die Chinesen in zehn bis zwanzig Jahren die einzige Supermacht sein.
Wie eingangs gesagt: Wissenschaftlich und wirtschaftlich ist die bemannte Raumfahrt sehr problematisch; den immensen Kosten steht kein vergleichbarer Ertrag gegenüber. Aber beim nationalen Prestige sind das nun einmal nicht die einzigen Faktoren, die zählen.
Mit dem Start des ersten Sputnik 1957 und dem Flug Juri Gagarins 1961 begann der Aufstieg der UdSSR zu einer Supermacht, die als den USA ebenbürtig betrachtet wurde. Wenn ab 2020 China die bemannte Raumfahrt dominiert, wird das für alle Völker der Welt das unübersehbare Symbol dafür sein, wer künftig die Rolle der Supermacht Nummer eins spielen wird. Xhinhua ohne falsche Bescheidenheit:
China's progress in space technology is stunning. (...) The space station now still functional is the International Space Station (ISS) initiated by the United States and Russia, which cooperate with other 14 nations at about 360 kilometers above the earth.Bei der BBC hat es gestern Michael Sheehan von der Swansea University noch ein wenig deutlicher gesagt:
However, as the U.S. ended its space shuttle program after the Atlantis' last mission in July, the ISS is scheduled to be plunged into the ocean at the end of its life cycle around 2020, when China is expected to start its era of space station.
Der Fortschritt Chinas in der Weltraumtechnologie ist atemberaubend. (...) Die heute noch funktionierende Raumstation ist die Internationale Raumstation (ISS), die von den Vereinigten Staaten und Rußland initiiert wurde, welche in rund 360 km Höhe mit 14 anderen Nationen kooperieren.
Während die USA ihr Shuttle-Programm nach dem letzten Flug der Atlantis im Juli beendeten, soll die ISS am Ende ihrer Lebenszeit um 2020 herum im Ozean versenkt werden; dann, wenn China voraussichtlich seine Ära der Raumstation beginnt.
The true significance of Tiangong-1 is that it is a statement of China's intent to achieve superpower status. (...) In this regard, what is significant about the manned space programme is that only superpowers have achieved this capability, and Tiangong-1 and its successors are for China, symbolic proof that China is emerging as a 21st Century superpower.
Die wahre Bedeutung von Tiangong-1 besteht darin, daß es die Entschlossenheit Chinas zum Ausdruck bringt, den Status einer Supermacht zu erlangen. (...) Was insofern an diesem Programm der bemannten Raumfahrt von Bedeutung ist, ist der Umstand, daß nur Supermächte diese Fähigkeit besitzen. Tiangong-1 und seine Nachfolger sind für China der symbolische Beweis, daß es im Begriff ist, zur Supermacht des 21. Jahrhunderts aufzusteigen.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Modell eines Shenzhou-Raumschiffs. Vom Autor Steven S. Pietrobon unter GNU Free Documentation License freigegeben.