Christian Wulff hat mit seinem Rücktritt gewartet, bis er keine Wahl mehr hatte. Er hätte sich viel, er hätte auch dem Land manches ersparen können, wenn er gegangen wäre, sobald für jeden sichtbar geworden war, daß sein Ansehen irreparabel gelitten hatte. Diese Situation war in den ersten Tagen des Neuen Jahres erreicht. Bis dahin war es vernünftig gewesen, daß Wulff versuchte, den Ablauf zu kontrollieren und heil aus der Affäre zu kommen. Danach konnte er nur noch das Ende verzögern.
Die Affäre zog sich über ziemlich genau zwei Monate hin. Sie begann Mitte Dezember mit den ersten Reaktionen auf einen Artikel in "Bild", der am Montag, dem 11. Dezember erschienen war. Noch in derselben Woche zog der "Spiegel" mit seiner lange vorbereiteten Story nach, mit der er (Heft 51/2011) schon am Samstag, dem 17. Dezember vorzeitig an die Kioske ging. Gestern, am 17. Februar, wurde die Affäre mit dem Rücktritt Wulffs vorläufig beendet; nach neun Wochen einer zunehmenden Agonie.
Die Zeit Wulffs als eines respektierten Präsidenten war spätestens in den Tagen nach jenem Interview am 4. Januar mit Ulrich Deppendorf und Bettina Schausten zu Ende gegangen, das als Befreiungsschlag gedacht gewesen war und das zu einem Fiasko wurde; es wird vielleicht als das "150-Euro-Interview" in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen. Danach war es vorbei. Der Rest war der zunehmend verzweifelte Versuch Wulffs, eine Entwicklung zu stoppen, die nicht mehr aufzuhalten war. Je mehr er sich wehrte, umso mehr versank er im Strudel.
Man kann, wie anders, diese zwei Monate sehr unterschiedlich wahrnehmen; sie mit verschiedenen Szenarien strukturieren. Bei mir hat sich in dieser Zeit auch das Bild von Wulff gewandelt.
Als er Präsident wurde, sah ich Wulff - wie vermutlich die meisten Bürger - als einen ungewöhnlich redlichen, allerdings auch als einen gewiß nicht brillanten Politiker. Sagen wir, als Wulff, den Soliden.
Er hat mich in seiner Zeit als niedersächsischer Oppositionsführer und dann als Ministerpräsident dieses Bundeslandes an einen Politikertypus erinnert, wie es ihn vor allem in der alten SPD oft gegeben hatte: Ein Mann, der sich mit Fleiß und Arbeitsdisziplin aus schwierigen Verhältnisse nach oben gearbeitet hat; beharrlich, verläßlich, ohne Sperenzien. Kein intellektueller Kopf, aber ein ordentlicher Handwerker der Politik. Einer wie Erich Ollenhauer, Georg Leber, Kurt Beck.
Ich erinnere mich an ein Interview im März 2003, kurz nachdem Wulff zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. Wie sich das denn anfühle, als frischgebackener Ministerpräsident, wollte die Interviewerin wissen; die übliche Frage. Und Wulff sinngemäß: So schön hätte er sich das nicht vorgestellt - man gibt als Ministerpräsident eine Anweisung; und sofort setzt sich ein ganzer Apparat in Bewegung, um sie auszuführen. Diese Antwort fand ich sympathisch, in ihrer naiven Ehrlichkeit.
Als die Kanzlerin sich im Juni 2010 nach Horst Köhlers Rücktritt sehr schnell für Wulff entschied, sah ich das angesichts der Chance, einen Mann vom Format Joachim Gaucks als Präsidenten zu bekommen, als eine Fehlentscheidung an. Aber ein Unglück war die anschließende Wahl Wulffs in meinen Augen auch nicht; ich erwartete nicht die Brillanz eines Theodor Heuss oder Roman Herzog, aber einen vorzeigbaren "kleinen" Bundespräsidenten wie Scheel, Carstens, Rau.
Wulff, der Glitzernde. Intellektuell souverän zeigte sich Wulff dann in der Tat selten; aber allerdings glitzernder, als ich das erwartet hatte. Feste spielten bei seiner Selbstdarstellung eine bemerkenswerte Rolle, das Bunte und Schicke. Nun, warum nicht. In Schloß Bellevue residierte jetzt eben ein vergleichsweise junger Präsident, einer mit modernem Lebensgefühl. Auch das Deutschland, das er repräsentierte, stellte er als ein buntes Land dar; zuletzt in einer seiner letzten Inszenierungen, der Weihnachtsansprache 2011.
Wie es mit Wulffs Nähe zu Glitzern und Glamour wirklich bestellt war, das wurde mir freilich erst deutlich, als die Affäre sich entfaltete. Es kam nun heraus, daß Wulff einen Hang zum Luxus hatte, der gar nicht zu meinem früheren Bild von ihm paßte. Im Flieger mußte es First Class sein, für den VIP Wulff kostenlos "geupgradet". Ebenso sollte es im Luxushotel die Luxussuite sein, auch sie geupgradet. Urlaub in der Millionärsvilla, auf Sylt; auf Mallorca im Luxushotel Mardavall in Costa d'en Blanes (günstigster Übernachtungspreis derzeit 460 Euro/Nacht).
Hinter dem drögen Biedermann verbarg sich offenbar ein Schickimicki. Ob das immer schon Wulffs zweite Seite gewesen ist, sei dahingestellt. Jedenfalls wurde Wulff, der Glitzerer sichtbar im Zusammenhang mit Liaisonen - derjenigen mit seiner heutigen Frau Bettina, die er auf einer Südafrika-Reise im Frühjahr 2006 kennengelernt haben soll; auch Freundschaften mit Geschäftsleuten aus dem Milieu der Schickeria wie David Groenewold und Carsten Maschmeyer.
In der "Welt am Sonntag" beschrieb der Kenner der Hannoveraner Szene Ulrich Exner diese andere, diese vielleicht neue Seite Christian Wulffs nach seiner Liaison mit Bettina Körner so:
Damit bin ich bei Wulff, dem Ungeschickten. Das Glitzernde an Wulff hat mich, als es allmählich herauskam, lediglich verwundert. Das nachgerade unglaubliche Ungeschick, mit dem er sich in dieser Affäre verhalten hat, hat mich aber verblüfft.
Ein Mann, der ein politischer Profi ist, wenn es denn einen gibt (er begann seine Karriere als Schüler; Vorsitzender der niedersächsischen Schüler-Union) - und dieser Mann handhabt eine solche Angelegenheit wie ein weltfremder Einsiedler. Er macht falsch, was man nur falsch machen kann; heischt Mitleid, wo er Stärke und Entschlossenheit hätte zeigen müssen. Er bringt es fertig, daß sich die zunächst abwartend-wohlwollende Meinung in der Bevölkerung allmählich gegen ihn wendet; daß er zum Hauptthema des Karnevals wird.
Er läßt es zu, daß die Wahrheit scheibchenweise ans Licht kommt; besser kann man eine Affäre nicht am Köcheln halten.
Wulff läßt es zu, daß die Geschichte von der Barzahlung im Hotel "Hamburger Hof" auf Sylt aufgetischt wird - so unglaubhaft, daß sie fast schon wieder stimmen könnte. Er setzt bei dem Versuch, sich zu rechtfertigen, einen Prozeß der Rückkopplung in Gang, der seine Situation immer auswegloser macht.
Wie konnte einem Politiker wie Wulff so etwas passieren? Lag es daran, daß sein langjähriger Medienberater Glaeseker bereits faktisch ausgefallen war, bevor er offiziell geschaßt wurde? (Und wirkte auch hierbei, wie Wolfgang Exner kolportiert, Bettina Wulff im Hintergrund?).
Wie auch immer - wenn ich versuche, diese drei Seiten Wulffs zusammenzubringen, dann ergibt sich mir das Bild von einem Mann, der an der Grenze seiner Möglichkeiten agierte. Wulff, der Solide und Wulff, der Glitzerer - das paßte nicht zusammen; das konnte nicht aufgehen. Wulff, der Ungeschickte - das ist vielleicht die Seite, die dem wahren Wesen dieses Manns am nächsten kommt; eines Mannes, der sich immer mühen mußte, der vielleicht auch immer als einer auftreten mußte, der er eigentlich gar nicht ist.
Mit welchem Szenario man diese Affäre beschreibt - das hängt natürlich wesentlich von dem Bild Wulffs ab, das man für das zutreffende hält.
Man kann das, was sich abgespielt hat, als die journalistische Hetzjagd auf einen Politiker sehen, dem im Grunde wenig vorzuwerfen ist (ich habe anfangs zu dieser Sichtweise geneigt). Es gab dabei wohl weniger eine politisch motivierte Kampagne; wohl aber die erbarmungslose Konkurrenz zwischen Zeitungen und Zeitschriften, von denen jede die anderen beim Aufdecken neuer Details ausstechen wollte.
Man kann auch das Szenario eines Politikers bevorzugen, der sich an der Grenze zur Korruption bewegte und dessen Verfehlungen von einer wachen, ihren Auftrag erfüllenden Presse ans Licht gebracht wurden. Ein kleines deutsches Watergate, sozusagen.
Sehr klein dann aber. Das jedenfalls ist mein Eindruck: Alles an dieser Affäre war kleinkariert. Gemessen an dem, was anderswo als Korruption von Politikern verfolgt wird, sind es Petitessen, die man Wulff vorwirft. Er ist kein Nixon, kein Berlusconi, kein Chirac. Das war kein großes politisches Theater, es war tiefe Provinz.
Die Affäre zog sich über ziemlich genau zwei Monate hin. Sie begann Mitte Dezember mit den ersten Reaktionen auf einen Artikel in "Bild", der am Montag, dem 11. Dezember erschienen war. Noch in derselben Woche zog der "Spiegel" mit seiner lange vorbereiteten Story nach, mit der er (Heft 51/2011) schon am Samstag, dem 17. Dezember vorzeitig an die Kioske ging. Gestern, am 17. Februar, wurde die Affäre mit dem Rücktritt Wulffs vorläufig beendet; nach neun Wochen einer zunehmenden Agonie.
Die Zeit Wulffs als eines respektierten Präsidenten war spätestens in den Tagen nach jenem Interview am 4. Januar mit Ulrich Deppendorf und Bettina Schausten zu Ende gegangen, das als Befreiungsschlag gedacht gewesen war und das zu einem Fiasko wurde; es wird vielleicht als das "150-Euro-Interview" in die Geschichte der Bundesrepublik eingehen. Danach war es vorbei. Der Rest war der zunehmend verzweifelte Versuch Wulffs, eine Entwicklung zu stoppen, die nicht mehr aufzuhalten war. Je mehr er sich wehrte, umso mehr versank er im Strudel.
Man kann, wie anders, diese zwei Monate sehr unterschiedlich wahrnehmen; sie mit verschiedenen Szenarien strukturieren. Bei mir hat sich in dieser Zeit auch das Bild von Wulff gewandelt.
Als er Präsident wurde, sah ich Wulff - wie vermutlich die meisten Bürger - als einen ungewöhnlich redlichen, allerdings auch als einen gewiß nicht brillanten Politiker. Sagen wir, als Wulff, den Soliden.
Er hat mich in seiner Zeit als niedersächsischer Oppositionsführer und dann als Ministerpräsident dieses Bundeslandes an einen Politikertypus erinnert, wie es ihn vor allem in der alten SPD oft gegeben hatte: Ein Mann, der sich mit Fleiß und Arbeitsdisziplin aus schwierigen Verhältnisse nach oben gearbeitet hat; beharrlich, verläßlich, ohne Sperenzien. Kein intellektueller Kopf, aber ein ordentlicher Handwerker der Politik. Einer wie Erich Ollenhauer, Georg Leber, Kurt Beck.
Ich erinnere mich an ein Interview im März 2003, kurz nachdem Wulff zum Ministerpräsidenten gewählt worden war. Wie sich das denn anfühle, als frischgebackener Ministerpräsident, wollte die Interviewerin wissen; die übliche Frage. Und Wulff sinngemäß: So schön hätte er sich das nicht vorgestellt - man gibt als Ministerpräsident eine Anweisung; und sofort setzt sich ein ganzer Apparat in Bewegung, um sie auszuführen. Diese Antwort fand ich sympathisch, in ihrer naiven Ehrlichkeit.
Als die Kanzlerin sich im Juni 2010 nach Horst Köhlers Rücktritt sehr schnell für Wulff entschied, sah ich das angesichts der Chance, einen Mann vom Format Joachim Gaucks als Präsidenten zu bekommen, als eine Fehlentscheidung an. Aber ein Unglück war die anschließende Wahl Wulffs in meinen Augen auch nicht; ich erwartete nicht die Brillanz eines Theodor Heuss oder Roman Herzog, aber einen vorzeigbaren "kleinen" Bundespräsidenten wie Scheel, Carstens, Rau.
Wulff, der Glitzernde. Intellektuell souverän zeigte sich Wulff dann in der Tat selten; aber allerdings glitzernder, als ich das erwartet hatte. Feste spielten bei seiner Selbstdarstellung eine bemerkenswerte Rolle, das Bunte und Schicke. Nun, warum nicht. In Schloß Bellevue residierte jetzt eben ein vergleichsweise junger Präsident, einer mit modernem Lebensgefühl. Auch das Deutschland, das er repräsentierte, stellte er als ein buntes Land dar; zuletzt in einer seiner letzten Inszenierungen, der Weihnachtsansprache 2011.
Wie es mit Wulffs Nähe zu Glitzern und Glamour wirklich bestellt war, das wurde mir freilich erst deutlich, als die Affäre sich entfaltete. Es kam nun heraus, daß Wulff einen Hang zum Luxus hatte, der gar nicht zu meinem früheren Bild von ihm paßte. Im Flieger mußte es First Class sein, für den VIP Wulff kostenlos "geupgradet". Ebenso sollte es im Luxushotel die Luxussuite sein, auch sie geupgradet. Urlaub in der Millionärsvilla, auf Sylt; auf Mallorca im Luxushotel Mardavall in Costa d'en Blanes (günstigster Übernachtungspreis derzeit 460 Euro/Nacht).
Hinter dem drögen Biedermann verbarg sich offenbar ein Schickimicki. Ob das immer schon Wulffs zweite Seite gewesen ist, sei dahingestellt. Jedenfalls wurde Wulff, der Glitzerer sichtbar im Zusammenhang mit Liaisonen - derjenigen mit seiner heutigen Frau Bettina, die er auf einer Südafrika-Reise im Frühjahr 2006 kennengelernt haben soll; auch Freundschaften mit Geschäftsleuten aus dem Milieu der Schickeria wie David Groenewold und Carsten Maschmeyer.
In der "Welt am Sonntag" beschrieb der Kenner der Hannoveraner Szene Ulrich Exner diese andere, diese vielleicht neue Seite Christian Wulffs nach seiner Liaison mit Bettina Körner so:
Man witterte große Gefahr für den bis dahin immer so umsichtig agierenden Chef. War sie, war Bettina es nicht gewesen, die ihrem Göttergatten gerade das Upgrade für den Miami-Flug schöngeredet hatte, nach einem fröhlichen Gespräch mit Air-Berlin-Boss Joachim Hunold? War sie es nicht, die drauf und dran war, aus dem bescheidenen Christian Wulff, der sich noch bei der Expo 2000 in Hannover brav in die Schlange der Normalsterblichen gestellt hatte, eine Art VIP-Gockel zu machen, dem kaum ein Fest zu schrill, zu bunt war? (...)Vielleicht. Vielleicht zog es ja Wulff auch zu der in der Disco-Szene heimischen Bettina, um diese glitzernde Seite seines Wesens ausleben zu können. Nein, "ausleben" ist das falsche Wort. Das Steife, das ein wenig Unbeholfene ist Wulff immer geblieben; sehen Sie sich einmal die Titelvignette dieses Artikels an (für eine vergrößerte Ansicht auf das Foto klicken).
Wenn diesem bis dahin so tugendhaften, artigen, aufrechten Ministerpräsidenten jemals ein richtiger Skandal drohen sollte, dann würde mit Sicherheit die neue Frau Wulff, ihr Drang nach Glanz und Glamour und Geltung, dafür verantwortlich sein.
Damit bin ich bei Wulff, dem Ungeschickten. Das Glitzernde an Wulff hat mich, als es allmählich herauskam, lediglich verwundert. Das nachgerade unglaubliche Ungeschick, mit dem er sich in dieser Affäre verhalten hat, hat mich aber verblüfft.
Ein Mann, der ein politischer Profi ist, wenn es denn einen gibt (er begann seine Karriere als Schüler; Vorsitzender der niedersächsischen Schüler-Union) - und dieser Mann handhabt eine solche Angelegenheit wie ein weltfremder Einsiedler. Er macht falsch, was man nur falsch machen kann; heischt Mitleid, wo er Stärke und Entschlossenheit hätte zeigen müssen. Er bringt es fertig, daß sich die zunächst abwartend-wohlwollende Meinung in der Bevölkerung allmählich gegen ihn wendet; daß er zum Hauptthema des Karnevals wird.
Er läßt es zu, daß die Wahrheit scheibchenweise ans Licht kommt; besser kann man eine Affäre nicht am Köcheln halten.
Wulff läßt es zu, daß die Geschichte von der Barzahlung im Hotel "Hamburger Hof" auf Sylt aufgetischt wird - so unglaubhaft, daß sie fast schon wieder stimmen könnte. Er setzt bei dem Versuch, sich zu rechtfertigen, einen Prozeß der Rückkopplung in Gang, der seine Situation immer auswegloser macht.
Wie konnte einem Politiker wie Wulff so etwas passieren? Lag es daran, daß sein langjähriger Medienberater Glaeseker bereits faktisch ausgefallen war, bevor er offiziell geschaßt wurde? (Und wirkte auch hierbei, wie Wolfgang Exner kolportiert, Bettina Wulff im Hintergrund?).
Wie auch immer - wenn ich versuche, diese drei Seiten Wulffs zusammenzubringen, dann ergibt sich mir das Bild von einem Mann, der an der Grenze seiner Möglichkeiten agierte. Wulff, der Solide und Wulff, der Glitzerer - das paßte nicht zusammen; das konnte nicht aufgehen. Wulff, der Ungeschickte - das ist vielleicht die Seite, die dem wahren Wesen dieses Manns am nächsten kommt; eines Mannes, der sich immer mühen mußte, der vielleicht auch immer als einer auftreten mußte, der er eigentlich gar nicht ist.
Mit welchem Szenario man diese Affäre beschreibt - das hängt natürlich wesentlich von dem Bild Wulffs ab, das man für das zutreffende hält.
Man kann das, was sich abgespielt hat, als die journalistische Hetzjagd auf einen Politiker sehen, dem im Grunde wenig vorzuwerfen ist (ich habe anfangs zu dieser Sichtweise geneigt). Es gab dabei wohl weniger eine politisch motivierte Kampagne; wohl aber die erbarmungslose Konkurrenz zwischen Zeitungen und Zeitschriften, von denen jede die anderen beim Aufdecken neuer Details ausstechen wollte.
Man kann auch das Szenario eines Politikers bevorzugen, der sich an der Grenze zur Korruption bewegte und dessen Verfehlungen von einer wachen, ihren Auftrag erfüllenden Presse ans Licht gebracht wurden. Ein kleines deutsches Watergate, sozusagen.
Sehr klein dann aber. Das jedenfalls ist mein Eindruck: Alles an dieser Affäre war kleinkariert. Gemessen an dem, was anderswo als Korruption von Politikern verfolgt wird, sind es Petitessen, die man Wulff vorwirft. Er ist kein Nixon, kein Berlusconi, kein Chirac. Das war kein großes politisches Theater, es war tiefe Provinz.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Anders als üblich sind frühere Artikel in ZR diesmal nicht mit Titel und Erscheinungsdatum verlinkt; das hätte die Lesbarkeit zu sehr beeinträchtigt. Die meisten Links verweisen auf Beiträge in ZR. Foto: Martina Nolte, Lizenz: Creative Commons by-sa-3.0 de [CC-BY-SA-3.0-de (www.creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons.