Statt langer Vertragsverhandlungen müssten die europäischen Staats- und Regierungschefs einfach handeln und ihre Politik zusammenwerfen. (...)
Der wichtige Unterschied zu den intergouvernementalen Raufereien nach der Methode Merkel: Die Verhandlungspartner aus den Euro-Staaten können sich verbindlich, schnell und diskret auf eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik und deren gemeinsame Kontrolle einigen, weil sie ihre nationalen Parlamente sozusagen im Handgepäck haben: "Die parlamentarischen Kontrollbefugnisse werden aus den Hauptstädten mit nach Brüssel genommen."
Wie das gehen soll, hat sich Langläufer Fischer auch schon ausgedacht. Aus allen 17 Euro-Staaten reisen die Fraktionschefs des Regierungslagers und der Opposition jedes Mal mit und sitzen in Brüssel: ein überschaubarer Haufen von Menschen, der über gewaltige parlamentarische Macht verfügt. Was die Regenten mit den Parlamentariern aushandeln, hat dann sehr gute Chancen, daheim von den Fraktionen gebilligt und beschlossen zu werden.
Das ist eine Art Nebenzimmer-Demokratie, die verfassungsrechtlich ebenso abenteuerlich ist wie die Neben-Regierung, die sich da in Brüssel ohne jede Rücksicht auf Rat, Kommission und Parlament etablieren würde.
Kommentar: Was Fischer - vorausgesetzt, der "Spiegel" zitiert ihn korrekt - vorschlägt, das ist nicht weniger als ein kalter Staatsstreich.
Die europäischen Institutionen sollen durch diese "Nebenzimmer-Demokratie" ebenso ausgehebelt werden wie die nationalen Parlamente. Über die Geschicke Europas soll ein Gremium von ein paar Mächtigen entscheiden.
Fischer hat seine politische Karriere bekanntlich als einer jener "Spontis" begonnen, deren Wahlspruch lautete "Legal, illegal, scheißegal". Damals hat er auf eine ziemlich plumpe Weise gezeigt, was er vom demokratischen Rechtsstaat hält; er gehörte zu den Anführern derer, die im Wald bei Frankfurt trainiert haben, wie man Polizisten im "Straßenkampf" Verletzungen zufügt (siehe TV-Tip für zeitgeschichtlich interessierte Nachteulen: Ein Film über den Terroristen Klein; ZR vom 28. 7. 2007).
So deftig zeigt Fischer heute nicht mehr seine Verachtung für den demokratischen Rechtsstaat. Was er sich jetzt ausgedacht hat, das ist möglicherweise juristisch gar nicht so leicht angreifbar; denn wer will es den Regierungschefs eines Teils der Staaten Europas samt den Führern der größten Parteien verbieten, sich regelmäßig zu treffen und unter Umgehung aller Institutionen Beschlüsse zu fassen?
Fischer hat sich zwar immer wieder ausgiebig "gehäutet"; ich habe vorgestern wieder einmal darauf hingewiesen (siehe Das Paar des Jahres. Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine haben sich gefunden; ZR vom 12. 11. 2010). Aber wie man im Französischen sagt: "Plus ça change, plus c'est la même chose" - je mehr es sich ändert, umso mehr bleibt es sich gleich.
Joschka Fischer gehörte zu denen, die in ihrer Jugend deshalb gegen den demokratischen Rechtsstaat gekämpft haben, weil sie aus einem elitären Denken heraus der Überzeugung waren, daß die Menschen zu dumm sind, als daß sie selbst über ihr Schicksal entscheiden könnten. Sie bedürften der "Avantgarde"; ein Schlüsselbegriff des kommunistischen Denkens. Das war die Überzeugung.
Der Joschka Fischer von heute glaubt vermutlich nicht mehr an die Diktatur des Proletariats und an die kommunistische Avantgarde, die diese herbeiführen soll. Aber an die Unfähigkeit der Menschen, sich selbst zu regieren, glaubt er offenkundig nach wie vor; an seiner Verachtung für demokratische Institutionen hat sich nichts geändert. "Diskret" soll Europa gebaut werden; also unbemerkt von seinen Bürgern.
Und so wundert es nicht, daß wir ihn auch jetzt wieder finden, den Begriff der Avantgarde. Der "Spiegel" zitiert Fischer wörtlich so:
"Demokratischer Zentralismus" heißt das bei den Leninisten.
Entscheiden soll die Elite, die Avantgarde. Joschka Fischer war als Ultralinker kein Demokrat; er ist es heute ebensowenig in seiner Rolle als Elder Statesman. Man kann sich häuten und häuten; Grundhaltungen wie die elitäre Verachtung demokratischer Institutionen bleiben.
Der wichtige Unterschied zu den intergouvernementalen Raufereien nach der Methode Merkel: Die Verhandlungspartner aus den Euro-Staaten können sich verbindlich, schnell und diskret auf eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik und deren gemeinsame Kontrolle einigen, weil sie ihre nationalen Parlamente sozusagen im Handgepäck haben: "Die parlamentarischen Kontrollbefugnisse werden aus den Hauptstädten mit nach Brüssel genommen."
Wie das gehen soll, hat sich Langläufer Fischer auch schon ausgedacht. Aus allen 17 Euro-Staaten reisen die Fraktionschefs des Regierungslagers und der Opposition jedes Mal mit und sitzen in Brüssel: ein überschaubarer Haufen von Menschen, der über gewaltige parlamentarische Macht verfügt. Was die Regenten mit den Parlamentariern aushandeln, hat dann sehr gute Chancen, daheim von den Fraktionen gebilligt und beschlossen zu werden.
Das ist eine Art Nebenzimmer-Demokratie, die verfassungsrechtlich ebenso abenteuerlich ist wie die Neben-Regierung, die sich da in Brüssel ohne jede Rücksicht auf Rat, Kommission und Parlament etablieren würde.
Der aktuelle gedruckte "Spiegel" (46/2011 vom 14. 11. 2011, S. 43) über die Pläne Joschka Fischers für den Weg in ein Vereintes Europa.
Kommentar: Was Fischer - vorausgesetzt, der "Spiegel" zitiert ihn korrekt - vorschlägt, das ist nicht weniger als ein kalter Staatsstreich.
Die europäischen Institutionen sollen durch diese "Nebenzimmer-Demokratie" ebenso ausgehebelt werden wie die nationalen Parlamente. Über die Geschicke Europas soll ein Gremium von ein paar Mächtigen entscheiden.
Fischer hat seine politische Karriere bekanntlich als einer jener "Spontis" begonnen, deren Wahlspruch lautete "Legal, illegal, scheißegal". Damals hat er auf eine ziemlich plumpe Weise gezeigt, was er vom demokratischen Rechtsstaat hält; er gehörte zu den Anführern derer, die im Wald bei Frankfurt trainiert haben, wie man Polizisten im "Straßenkampf" Verletzungen zufügt (siehe TV-Tip für zeitgeschichtlich interessierte Nachteulen: Ein Film über den Terroristen Klein; ZR vom 28. 7. 2007).
So deftig zeigt Fischer heute nicht mehr seine Verachtung für den demokratischen Rechtsstaat. Was er sich jetzt ausgedacht hat, das ist möglicherweise juristisch gar nicht so leicht angreifbar; denn wer will es den Regierungschefs eines Teils der Staaten Europas samt den Führern der größten Parteien verbieten, sich regelmäßig zu treffen und unter Umgehung aller Institutionen Beschlüsse zu fassen?
Fischer hat sich zwar immer wieder ausgiebig "gehäutet"; ich habe vorgestern wieder einmal darauf hingewiesen (siehe Das Paar des Jahres. Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine haben sich gefunden; ZR vom 12. 11. 2010). Aber wie man im Französischen sagt: "Plus ça change, plus c'est la même chose" - je mehr es sich ändert, umso mehr bleibt es sich gleich.
Joschka Fischer gehörte zu denen, die in ihrer Jugend deshalb gegen den demokratischen Rechtsstaat gekämpft haben, weil sie aus einem elitären Denken heraus der Überzeugung waren, daß die Menschen zu dumm sind, als daß sie selbst über ihr Schicksal entscheiden könnten. Sie bedürften der "Avantgarde"; ein Schlüsselbegriff des kommunistischen Denkens. Das war die Überzeugung.
Der Joschka Fischer von heute glaubt vermutlich nicht mehr an die Diktatur des Proletariats und an die kommunistische Avantgarde, die diese herbeiführen soll. Aber an die Unfähigkeit der Menschen, sich selbst zu regieren, glaubt er offenkundig nach wie vor; an seiner Verachtung für demokratische Institutionen hat sich nichts geändert. "Diskret" soll Europa gebaut werden; also unbemerkt von seinen Bürgern.
Und so wundert es nicht, daß wir ihn auch jetzt wieder finden, den Begriff der Avantgarde. Der "Spiegel" zitiert Fischer wörtlich so:
"Das wird die Avantgarde der Vereinigten Staaten von Europa".Ein kalter Staatsstreich also. Man "übernimmt gemeinsam die Kontrolle". Nicht nur sollen diese Vereinigten Staaten von Europa ohne Volksabstimmungen in den Ländern, um deren Souveränität es geht, im Nebenzimmer, möglichst unbemerkt von der Öffentlichkeit, in die Wege geleitet werden. Sondern auch die nationalen Parlamente sollen zu Versammlungen von Statisten degradiert werden. Die Beschlüsse fassen die Parteiführer auf ihren Sitzungen in den Hinterzimmern von Brüssel; das parlamentarische Fußvolk bestätigt sie.
"Demokratischer Zentralismus" heißt das bei den Leninisten.
Entscheiden soll die Elite, die Avantgarde. Joschka Fischer war als Ultralinker kein Demokrat; er ist es heute ebensowenig in seiner Rolle als Elder Statesman. Man kann sich häuten und häuten; Grundhaltungen wie die elitäre Verachtung demokratischer Institutionen bleiben.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.