9. November 2011

Zettels Meckerecke: Neue Arbeiter- und Bauernfakultäten in Deutschland? Feministische Irrwege

In der alten Bundesrepublik vor 1989 stand der DDR-Schriftsteller Hermann Kant bei Vielen in einem gewissen Ansehen. Doch immerhin ein Intellektueller, der die DDR verteidigte, befand man; nicht ein tumber Apparatschik wie Ulbricht und Honecker. Also ein gern gesehener Gesprächspartner.

Kant war Absolvent einer sogenannten "Arbeiter- und Bauernfakultät", und in seinem Bestseller (auch im Westen) "Die Aula" wertete er diese seine Studentenzeit literarisch aus.

Die Arbeiter- und Bauernfakultäten basierten auf einem simplen Gedanken: Arbeiter und Bauern waren im bisherigen Bildungssystem benachteiligt gewesen. Also mußten sie jetzt bevorzugt werden. Ein Studium wurde im Grunde an diesen "Fakultäten" nicht angeboten; nur der Weg zum Abitur. Aber immerhin: Es war eine Bresche geschlagen. Nicht die Begabung und die Leistung zählten, sondern die Herkunft.

In der DDR wurden auch danach, als diese Arbeiter- und Bauernfakultäten schon Geschichte waren, nicht die am besten Qualifizierten zur Hochschulreife geführt und zum Studium zugelassen; sondern diejenigen, die über die richtigen persönlichen Merkmale verfügten: Die Eltern sollten Arbeiter oder Bauern sein; am besten auch die ganze Reihe der Vorfahren.

Bei Kindern von Funktionären freilich wurden Ausnahmen gemacht. Gregor Gysi durfte studieren, obwohl sein Vater weder Arbeiter noch Bauer gewesen war, sondern ein wohlhabender Großbürger. Aber er war halt Kommunist.



Diskriminierung beim Zugang zu Hochschulen hat es nicht nur im Sozialismus gegeben. Lange Zeit wurden Schwarze beispielsweise auch an US-Universitäten diskriminiert und auf spezielle Universitäten für Schwarze verwiesen.

Das ist vorbei, meinen Sie? Daß über den Zugang zu einer Hochschule nicht nach Leistung entschieden wird, sondern nach persönlichen Merkmalen, das ist vorbei? Nein, das ist überhaupt nicht vorbei.

In "Zeit-Online" kann man heute dies lesen:
Ein Studiengang nur für Frauen? An der Hochschule für Technik und Wirtschaft [hier der Link zu ihr; Zettel] gibt es das. Frauen studieren hier Informatik - ganz unter sich. (...) Ob der Frauenstudiengang tatsächlich seinen Zweck erfüllt und mehr weibliche Informatiker hervorbringt, wird sich in den nächsten Semestern zeigen.
Mir scheint es unerheblich zu sein, ob sich das zeigen wird oder nicht. Die angemessene Reaktion wäre logischerweise, Informatik-Studiengänge nur für Männer einzuführen.

Oder für Arbeiter und Bauern. Oder für Schwarze und Latinos. Oder vielleicht für Bucklige und Schwerhörige. Oder für Bayern und Hamburger. Oder für Albinos; die leiden besonders unter Diskriminierung.



Naja, gut. Lustig ist das nicht. Was sich hier abspielt, das ist der Versuch, den freiheitlichen Rechtsstaat abzuschaffen und ihn durch eine Art neuen Ständestaat abzulösen, in dem jedem (jeder!) vom Staat sein (ihr!) Platz zugewiesen wird.

Frauen studieren in Frauenstudiengängen, Männer in Männerstudiengängen. Behinderte studieren in Behinderten-studiengängen, Atheisten in Atheistenstudiengängen und Moslems logischerweise ebenso in Moslemstudiengängen wie Christen in Christenstudiengängen.

Die zugrundeliegende Idee ist, daß Menschen nicht frei sind, selbst über ihr Schicksal zu entscheiden. Sie müssen sich zuerst zu einer community bekennen - hier also nach gender - und dann vom Staat mit dem versorgt werden, was ihnen zukommt.

Vom Staat, der in seiner Allwissenheit in dem vorliegenden Fall weiß, daß eigentlich die Begabung für Informatik und die Neigung zur Informatik bei Frauen genauso häufig ist wie bei Männern. Also hat er das Recht, der Staat, nach Belieben zu diskriminieren, indem er Studienplätze nach Geschlecht verteilt.

Im Dienst einer Ideologie. So, wie einst die Mächtigen der DDR.
Zettel



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