6. Dezember 2009

Deutschland im Öko-Würgegriff (20): "Hilft nur die Öko-Diktatur?" Über einen Aufsatz in der einst liberalen "Zeit"

Auf seiner Randspalte weist "Zeit-Online" auf neu aufgenommene Artikel hin; in numerierter Abfolge. Gegenwärtig steht dort ganz oben zu lesen: "Neu auf ZEIT ONLINE - 1. Klimagipfel in Kopenhagen - Hilft nur die Ökodiktatur?"

Der Aufsatz selbst, auf den damit aufmerksam gemacht wird, trägt eine leicht entschärfte Überschrift: Diese und der Vorspann lauten:
Klimagipfel in Kopenhagen - Ein bisschen Diktatur
Wie das deutsche Städtchen Marburg die Ökoherrschaft versuchte – und was Kanzlerin Merkel und Chinas Regierungschef Wen daraus für die Klimaverhandlungen lernen können
Es geht zuvorderst um einen Vorgang, der den Lesern dieses Blogs vertraut ist. Ich habe vor knapp zwei Jahren darüber berichtet (Deutschland im Öko- Würgegriff (4): Ein dreifach donnerndes Helau!; ZR vom 1. 2. 2008): In der von einem grünen Bürgermeister mit rot- grüner Mehrheit regierten Stadt Marburg sollte eine "Solarsatzung" verabschiedet werden, die es Besitzern eines Hauses vorgeschrieben hätte, auf ihren Dächern eine Solaranlage zu installieren. Auf eigene Kosten, versteht sich; bei einem Neubau ebenso wie bei der Sanierung eines Altbaus.

Darauf bezieht sich der Autor des Aufsatzes in der "Zeit" (dem aktuellen Heft 50/2009), den jetzt "Zeit- Online" übernommen hat. Es ist ein gewisser Frank Drieschner, über dessen journalistische Themen Sie hier mehr erfahren können.

Ich hatte die Sache seinerzeit nicht weiter verfolgt und entnehme nun dem Aufsatz von Drieschner, daß der zuständige Regierungspräsident in Gießen dem Spuk jedenfalls vorerst ein Ende gemacht hat, indem er diese Satzung kassierte.



So weit, so gut. Da hatte eine ideologisierte Stadtregierung massiv in das Eigentumsrecht ihrer Bürger eingreifen wollen, und das war von der Aufsichtsbehörde verhindert worden. Ein liberales Blatt hätte das erleichtert berichtet: Noch gibt es Schranken, die wildgewordene Behörden daran hindern, ihre Untertanen nach Belieben zu kujonieren.

Aber die "Zeit" ist ja längst kein liberales Blatt mehr; jedenfalls in vielen Bereichen nicht. Jedenfalls dann nicht, wenn es um den Klimawahn geht.

Der Autor Drieschner nämlich berichtet nicht nur bedauernd über die Entscheidung des Gießener Regierungspräsidenten ("... hier wagt ein kleiner Teil des Landes einen kleinen Schritt in die richtige Richtung – und geht damit angeblich schon zu weit? Man muss sich in die Details der Marburger Pläne vertiefen, um zu sehen, wie harmlos sie waren"). Sondern er schlägt auch kühn eine Brücke zur Kopenhagener Konferenz, ja zum Weltklima überhaupt.

Für Drieschner ist der Vorgang in Marburg nur ein Beispiel für einen generellen Sachverhalt:
Als der Weltklimarat vor zwei Jahren sein bislang bekanntestes Gutachten formulierte, gingen die Wissenschaftler wie selbstverständlich davon aus, dass ein Großteil der zukünftigen Energieeinsparungen als Folge des technischen Fortschritts quasi von selbst eintreten werde. Das Marburger Beispiel zeigt, wie aberwitzig optimistisch diese Annahme war. Selbst wo es eine Klimapolitik gibt, die sich auf eine Mehrheit gewählter Repräsentanten stützt, können sich die Bürger westlicher Demokratien mit Erfolg gegen den technischen Fortschritt wehren.
Wie viel besser haben es da die Chinesen:
Chinas Kommunisten sind die liberalen Skrupel westlicher Demokraten im Umgang mit ihren Bürgern fremd; bedenkenlos regieren sie selbst in die Ehebetten ihres Landes hinein. Und sie haben auf diese Weise die weltweit wirksamste Maßnahme zum Klimaschutz durchgesetzt, nämlich ihre Ein- Kind- Politik, ohne die China erheblich mehr Treibhausgase ausstoßen dürfte, als es das ohnehin schon tut.
Gewiß, China ist eine Diktatur; aber Drieschner sieht doch auch das Positive:
Es ist eine ironische Pointe des Streits um die Marburger "Ökodiktatur", dass dieselben Deutschen, die sich daheim selbst winzige Eingriffe in ihre Eigentumsrechte verbitten, nun hoffen müssen, dass Chinas Kommunisten ihrer Bevölkerung den Verbrauch fossiler Energieträger notfalls mit der ganzen Rücksichtslosigkeit und Konsequenz austreiben, zu der sie erwiesenermaßen fähig sind.



Von Zeit zu Zeit plädiere ich dafür, daß der Kommunist Wolfgang Harich endlich den Platz in der Geschichte erhält, der ihm zusteht.

Früher als die meisten seiner weniger intelligenten Genossen hatte Harich erkannt, daß die üblichen Rechtfertigungen für eine kommunistische Dikatur - "soziale Gerechtigkeit", eine angebliche Friedenspolitik - auf die Dauer nicht tragen würden. Wohl aber die ökologische. Aus der Erziehungsdikatur wollte Harich bereits 1975 die Ökodiktatur machen:
Wobei es dann selektiv zu unterscheiden gilt zwischen solchen Bedürfnissen, die beizubehalten, als Kulturerbe zu pflegen, ja gegebenenfalls erst zu erwecken bzw. noch zu steigern sind, und anderen, die den Menschen abzugewöhnen sein werden - soweit möglich, mittels Umerziehung und aufklärender Überzeugung, doch, falls nötig, auch durch rigorose Unterdrückungsmaßnahmen, etwa durch Stillegung ganzer Produktionszweige, begleitet von gesetzlich verfügten Massen- Entziehungskuren.
Das ganze Zitat und Erläuterungen zu Harich finden Sie hier.



Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen bisherigen Folgen dieser Serie findet man hier. Titelvignette: Schiffe sinken im Sturm. Gemälde von Ludolf Backhuysen (ca 1630). In der Public Domain, da das Copyright erloschen ist (Ausschnitt).