Religion hat es nach Paul Tillich (1886 – 1965), einem der wichtigsten Theologen des vergangenen Jahrhunderts, mit dem zu tun, "was uns unbedingt angeht" (in seinen englischsprachigen Veröffentlichungen "ultimate concern"). Ich möchte zeigen, dass diese Sicht auf Religion auch geeignet ist, die Öko- und insbesondere die Klimaschutzbewegung als quasireligiöses Phänomen zu beschreiben ('quasi-' deshalb, weil diese Bewegung sich selber nicht explizit als religiös versteht).
Zweifellos geht es dabei Millionen von Menschen um ein "unbedingtes Anliegen", die Rettung der Welt vor dem drohenden Klimakollaps bzw. im weiteren Sinne der Ökoreligion vor der Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen. Der quasireligiöse Charakter zeigt sich schon in der Qualität dieses Anliegens: Es geht um nicht weniger als die Rettung der Welt. In der Vergangenheit war diese göttlichen Rettergestalten vorbehalten; heute fühlt sich der Mensch selbst dazu berufen.
Zur Religion gehören zumeist bestimmte Lehren und Dogmen. Im Christentum als für uns nächstliegender Bezugsreligion geht es kurz gesagt darum, dass der Mensch auf Grund eigenen Verschuldens das ewige Leben verloren hat; aber es gibt eine Rettung, wenn er Buße tut, glaubt und fortan nach der christlichen Lehre lebt.
Die Lehre der Ökoreligion lautet ganz analog: Der Mensch zerstört auf Grund eigenen Verschuldens die Welt und damit das Fortleben künftiger Generationen; aber es gibt eine Rettung, wenn er alsbald Buße tut und fortan anders lebt als bisher. Es geht um Rettung aus der Apokalypse. Der eschatologische Zug ist unverkennbar.
Für die Details gibt es so was wie ein Lehramt (vielleicht repräsentiert durch das IPCC). Es argumentiert wissenschaftlich, aber auf Grund unhinterfragbarer Dogmen. Eine gewisse Bandbreite an Interpretationen wird zugelassen; alles, was darüber hinaus geht, ist Ketzerei.
Ketzerei deshalb, weil es ja nicht um wertfreie Überzeugungen von Wahr oder Falsch geht, sondern weil daran das Heil, die Rettung der Welt hängt. Deshalb müssen zur Not auch die Fakten uminterpretiert oder ignoriert und Gegner mundtot gemacht werden. So ist das auch bei der Klimareligion.
Jede Religion hat ihre Priester und ihre Propheten, ihre Heiligen und ihre Narren, ihre Gläubigen und ihre Ketzer. So ist das auch bei der Klimareligion.
Religion äußert sich in einer bestimmten Moral und Ethik. Durch nichts wird zur Zeit das Verhalten der Menschen stärker zu beeinflussen versucht als durch die Öko- Moral. Es wird dazu aufgerufen, für den Klimaschutz Verzicht zu üben. Diese Ethik hat – typisch für religiöse Ethiken – vor allem asketische Züge. Und wie im Mittelalter gibt es Wege, sich von den Sünden per Ablass freizukaufen: durch Ökosteuern im Kleinen und Verschmutzungszertifikate im Großen.
Religion hat natürlich auch ihren Kult, ihre Rituale. Eine Klimakonferenz wie in Kopenhagen gleicht einer Wallfahrt oder vielleicht sogar einem Konzil. Zwischen solchen ausgemachten Höhepunkten gibt es kleinere Rituale: die regelmäßige Veröffentlichung von bedrohlichen Daten zum Beispiel. Oder die Inszenierung von kleinen Erfolgen auf dem Feld erneuerbarer Energien.
Wie steht nun die christliche Altreligion zur neuen Öko- und Klimareligion? Sollte sie in ihr nicht eine Konkurrentin erblicken? Ein unbedingtes Anliegen lässt seinem Begriff nach kein anderes unbedingtes Anliegen neben sich zu, oder, wie Jesus sagte: "Keiner kann zwei Herren dienen." Insofern sollte man bei den Kirchen einen starken ideologiekritischen Impuls gegen die ökologische Neureligion vermuten.
Das wäre allerdings, wie wir wissen, weit gefehlt. Die Kirchen haben sich schon vor über zwei Jahrzehnten "Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" auf die Fahnen geschrieben. Damit verfolgen sie Anliegen, die im Sinne der christlichen Lehre eigentlich keinen Unbedingtheitsanspruch haben.
Über Frieden und Gerechtigkeit ist jetzt nicht zu reden. Zur Bewahrung der Schöpfung verfügt die Kirche aber eigentlich über eine eigene Lehre, und diese besagt, dass nicht der Mensch, sondern Gott, seine Schöpfung bewahrt. Und das nicht zweckfrei und für alle kommenden Generationen, sondern bis zur kommenden Erlösung und Vollendung der Welt, die wiederum der Mensch nicht selbst schaffen kann.
Die Christen im zweiten Jahrhundert haben gebetet: "Es vergehe die Welt und es komme dein Reich". Sie hätten sich gewundert, wie wenig sich die Christen von heute um das Kommen des Reiches Gottes sorgen und wie sehr um die Erhaltung der Welt.
Nun ist das Christentum heute nicht mehr das des zweiten Jahrhunderts. Keiner wird sich nach dem Weltuntergang sehnen. Aber eine Stimme, die aus einer gläubigen Gelassenheit heraus die Lage nüchterner und ohne religiöse Überhöhung beurteilt, das könnte die Kirche schon sein. Wenn wir es in diesen Tagen wieder hören oder singen: "Christ, der Retter ist da", dann weiß ich als gläubiger Mensch, dass ich nicht selber die Welt retten muss, und das finde ich sehr beruhigend.
Zweifellos geht es dabei Millionen von Menschen um ein "unbedingtes Anliegen", die Rettung der Welt vor dem drohenden Klimakollaps bzw. im weiteren Sinne der Ökoreligion vor der Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen. Der quasireligiöse Charakter zeigt sich schon in der Qualität dieses Anliegens: Es geht um nicht weniger als die Rettung der Welt. In der Vergangenheit war diese göttlichen Rettergestalten vorbehalten; heute fühlt sich der Mensch selbst dazu berufen.
Zur Religion gehören zumeist bestimmte Lehren und Dogmen. Im Christentum als für uns nächstliegender Bezugsreligion geht es kurz gesagt darum, dass der Mensch auf Grund eigenen Verschuldens das ewige Leben verloren hat; aber es gibt eine Rettung, wenn er Buße tut, glaubt und fortan nach der christlichen Lehre lebt.
Die Lehre der Ökoreligion lautet ganz analog: Der Mensch zerstört auf Grund eigenen Verschuldens die Welt und damit das Fortleben künftiger Generationen; aber es gibt eine Rettung, wenn er alsbald Buße tut und fortan anders lebt als bisher. Es geht um Rettung aus der Apokalypse. Der eschatologische Zug ist unverkennbar.
Für die Details gibt es so was wie ein Lehramt (vielleicht repräsentiert durch das IPCC). Es argumentiert wissenschaftlich, aber auf Grund unhinterfragbarer Dogmen. Eine gewisse Bandbreite an Interpretationen wird zugelassen; alles, was darüber hinaus geht, ist Ketzerei.
Ketzerei deshalb, weil es ja nicht um wertfreie Überzeugungen von Wahr oder Falsch geht, sondern weil daran das Heil, die Rettung der Welt hängt. Deshalb müssen zur Not auch die Fakten uminterpretiert oder ignoriert und Gegner mundtot gemacht werden. So ist das auch bei der Klimareligion.
Jede Religion hat ihre Priester und ihre Propheten, ihre Heiligen und ihre Narren, ihre Gläubigen und ihre Ketzer. So ist das auch bei der Klimareligion.
Religion äußert sich in einer bestimmten Moral und Ethik. Durch nichts wird zur Zeit das Verhalten der Menschen stärker zu beeinflussen versucht als durch die Öko- Moral. Es wird dazu aufgerufen, für den Klimaschutz Verzicht zu üben. Diese Ethik hat – typisch für religiöse Ethiken – vor allem asketische Züge. Und wie im Mittelalter gibt es Wege, sich von den Sünden per Ablass freizukaufen: durch Ökosteuern im Kleinen und Verschmutzungszertifikate im Großen.
Religion hat natürlich auch ihren Kult, ihre Rituale. Eine Klimakonferenz wie in Kopenhagen gleicht einer Wallfahrt oder vielleicht sogar einem Konzil. Zwischen solchen ausgemachten Höhepunkten gibt es kleinere Rituale: die regelmäßige Veröffentlichung von bedrohlichen Daten zum Beispiel. Oder die Inszenierung von kleinen Erfolgen auf dem Feld erneuerbarer Energien.
Wie steht nun die christliche Altreligion zur neuen Öko- und Klimareligion? Sollte sie in ihr nicht eine Konkurrentin erblicken? Ein unbedingtes Anliegen lässt seinem Begriff nach kein anderes unbedingtes Anliegen neben sich zu, oder, wie Jesus sagte: "Keiner kann zwei Herren dienen." Insofern sollte man bei den Kirchen einen starken ideologiekritischen Impuls gegen die ökologische Neureligion vermuten.
Das wäre allerdings, wie wir wissen, weit gefehlt. Die Kirchen haben sich schon vor über zwei Jahrzehnten "Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung" auf die Fahnen geschrieben. Damit verfolgen sie Anliegen, die im Sinne der christlichen Lehre eigentlich keinen Unbedingtheitsanspruch haben.
Über Frieden und Gerechtigkeit ist jetzt nicht zu reden. Zur Bewahrung der Schöpfung verfügt die Kirche aber eigentlich über eine eigene Lehre, und diese besagt, dass nicht der Mensch, sondern Gott, seine Schöpfung bewahrt. Und das nicht zweckfrei und für alle kommenden Generationen, sondern bis zur kommenden Erlösung und Vollendung der Welt, die wiederum der Mensch nicht selbst schaffen kann.
Die Christen im zweiten Jahrhundert haben gebetet: "Es vergehe die Welt und es komme dein Reich". Sie hätten sich gewundert, wie wenig sich die Christen von heute um das Kommen des Reiches Gottes sorgen und wie sehr um die Erhaltung der Welt.
Nun ist das Christentum heute nicht mehr das des zweiten Jahrhunderts. Keiner wird sich nach dem Weltuntergang sehnen. Aber eine Stimme, die aus einer gläubigen Gelassenheit heraus die Lage nüchterner und ohne religiöse Überhöhung beurteilt, das könnte die Kirche schon sein. Wenn wir es in diesen Tagen wieder hören oder singen: "Christ, der Retter ist da", dann weiß ich als gläubiger Mensch, dass ich nicht selber die Welt retten muss, und das finde ich sehr beruhigend.
© Herr. Der Autor ist evangelischer Theologe. Für Kommentare bitte hier klicken.