5. November 2007

Zettels Meckerecke: Wie kann Deutschland den Anschluß an die zivilisierte Welt finden? Ein wenig Zwang wird da schon nötig sein

Das hätten sie sich vermutlich nicht träumen lassen, die Delegierten des Hamburger SPD-Parteitags, was sie mit ihrem Tempolimit- Beschluß in Gang setzten.

Was sie auslösten, die in Hamburg versammelten Vertreter des SPD- Parteivolks, das war nicht weniger als eine Entwicklung, die am Ende uns Wilde in Deutschland doch noch in die Zivilisation befördern könnte. Deutschland müsse "Anschluss finden an die zivilisierte Welt", erklärte - ja, wer? Eine Allianz "Pro Tempolimit - Für Verkehrssicherheit und Klimaschutz".

Dahinter steckt die "Deutsche Umwelthilfe", die laut Wikipedia durch "die vergleichsweise großzügige finanzielle und personelle Ausstattung und ihre hochrangigen Kontakte ... eine beträchtliche Schlagkraft entwickeln und selbst Großunternehmen – z.B. Autokonzerne – zu ökologischen Korrekturen zwingen" könne.

"Zwingen", ein Lieblingswort unseres einstigen Umweltministers Trittin. Dieses Wort drückt besser als lange programmatische Erklärungen das aus, worum es diesen selbsternannten Schützern geht: Macht über Menschen ausüben. Ihnen das vorschreiben, was sie selbst für richtig halten, diese Schützer. Es ihnen aufzwingen. Eben sie "zwingen".



Daß in Deutschland die Zahl der Verkehrstoten, auch auf Autobahnen, in Relation keineswegs höher ist als in Ländern mit Tempolimit, zählt für diese Eiferer nicht. "... mehr als 5.000 Tote pro Jahr stellen keine gute oder gar sehr gute Bilanz dar. Es sind 5.000 Tote zuviel", zitiert die Pressemitteilung den Münsteraner Polizeidirektor Martin Mönnighoff.

Ja, wer wollte da widersprechen? Nur könnte man diese Zahl ja nur dadurch auf Null bringen, daß man das Autofahren ganz verbietet; was manchem der Zwinger vielleicht als Endziel vorschweben mag.

Wieviele der mehr als 5000 Verkehrstoten starben denn auf Autobahnen? Mehr als 600, so erfahren wir aus der Pressemitteilung. Also ist die Zahl 5000 für die jetzige Diskussion völlig irrelevant, denn auf allen anderen Straßen gibt es ja schon ein Tempolimit. Rund 4400 Menschen, fast 90 Prozent der Verkehrstoten, sterben Jahr für Jahr trotz Tempolimit.

Und wieviele von den 600 Opfern auf Autobahnen gehen denn auf das Konto von Fahrern, die schneller als die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h fuhren? Tja, das erfahren wir nicht. Sondern Mönninghoff wird weiter zitiert: "Unfallursache Nummer eins sei überhöhte oder unangepasste Geschwindigkeit. 25 Menschen starben so beispielsweise im letzten Jahr an Baustellenabschnitten von Autobahnen."

Überhöhte oder unangepaßte Geschwindigkeit. "Überhöht", sogar sehr überhöht, ist an einer Baustelle 130 km/h. Also die Richtgeschwindigkeit und das vermutliche Tempolimit, wenn die Zwinger sich durchsetzen. "Unangepaßt" kann eine Geschwindigkeit von 80 km/h sein, mit der jemand in ein Stauende hineinfährt.

Unfälle, die auf überhöhte oder unangepaßte Geschwindigkeit zurückgehen, wird es selbstverständlich auch geben, wenn die Zwinger ihr Tempolimit eingeführt haben sollten. Wieviele davon - ja, ob überhaupt eine nennenswerte Zahl davon - durch ein Tempolimit auf Autobahnen verhindert werden könnten, weiß niemand.



In Deutschland gebe es, das räumt Möninghoff ein, "seit mehr als zehn Jahren keine wissenschaftlichen Studien mehr", die sich mit den Auswirkungen eines Tempolimits beschäftigten.

Wie erinnerlich, hatte der "Großversuch Tempo 100" in den Jahren 1984/1985 laut Bundes- Verkehrsministerium eindeutig ergeben, daß "ein Tempolimit den Verkehr weder sicherer macht, noch die Abgase wesentlich verringert".

Tut nichts. Mönnighoff zitiert ausländische Untersuchungen, wonach "eine Senkung der Durchschnittsgeschwindigkeit um ein Prozent (...) vier Prozent weniger Tote zur Folge habe."

Eine Senkung der gefahrenen durchschnittlichen Geschwindigkeit, Herr Polizeidirektor. Nicht der erlaubten Höchstgeschwindigkeit.

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