19. Januar 2007

Marginalie: Erhard Eppler und die Volksfront

Erhard Eppler wird achtzig, und er hat aus diesem Anlaß Spiegel- Online ein Interview gegeben. Es geht, wie so oft bei Eppler, um Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft; er sieht die großen Linien.

Zur Zukunft fragt ihn der Interviewer, Carsten Volkery vom Berliner Spiegel -Online- Büro: "Nach der Bundestagswahl war viel die Rede von einer strukturellen linken Mehrheit im Land. Wann kommt Rot- rot- grün?" Epplers Antwort ist lesenswert:
Irgendwann muss aus der strukturellen linken Mehrheit auch eine linke Regierung erwachsen. Die Differenzen zwischen SPD und Linkspartei sind nicht so tief wie früher die zwischen SPD und KPD. Leute wie Lothar Bisky und Gregor Gysi hätte man nach der Wende für die SPD gewinnen können, wenn man sich bemüht hätte. Das sozialliberale Modell, das gerade wieder durch die Medien geistert, sehe ich jedenfalls überhaupt nicht.
So deutlich hat es meines Wissens noch kein prominenter SPD- Politiker gesagt.



Eppler habe ich immer als einen klugen Mann bewundert, der eine Umdrehung weiter denkt als die meisten anderen Politiker. Ein Intellektueller, den es in die Politik verschlagen hat.

Er hat begriffen, daß es nach den Bundestagswahlen 2009 entweder eine schwarzgelbe Regierung oder eine Volksfront geben wird. Nach den gegenwärtigen Umfragen - die seit langem in diesem Punkt stabil sind - hätte die von Eppler ins Auge gefaßte Volksfront eine Mehrheit.



Bis zur heißen Phase des Wahlkampfs sind es noch ungefähr zweieinhalb Jahre. Es wird also langsam Zeit, die Weichen zu stellen. Die Äußerung Epplers dürfte in diesem Zusammenhang wohlüberlegt sein.

Wie auch der taktische Schwenk der PDS in Sachen Ehrenbürgerschaft für Biermann. Die PDS wird einen Schmusekurs mit der SPD fahren. Dort gibt es ja auch manche, die sich anders als Eppler nicht hätten vorstellen können, den letzten Vorsitzenden der SED stracks in die SPD aufzunehmen.

Diese den Kommunisten weniger wohlgesonnenen SPD- Leute gilt es, wenn die Operation Volksfront 2009 gelingen soll, zwar nicht zu überzeugen, aber zu neutralisieren. Also wird die PDS noch handzahmer sein als ohnehin; wie immer, wenn Kommunisten in eine Regierung drängten.

Schwerer dürften es die Volksfront- Strategen mit den Grünen haben. Oswald Metzger, Matthias Berninger und Christine Scheel kann ich mir nicht recht in einer Koalition mit Sarah Wagenknecht und Gregor Gysi vorstellen.

Nur, wird die "Basis" der Grünen denn solche Grünliberale als Kandidaten aufstellen? Metzger hat da ja so seine Erfahrungen. Und Berninger hat sich gerade aus der Politik verabschiedet.

Auch ein Mann, der eine Umdrehung weiter denkt als die meisten, scheint mir.