9. Januar 2007

Ketzereien zum Irak (5): Zwei Diplomaten und eine Provokation

Erinnern Sie sich? Da waren diese iranischen Diplomaten, die an Weihnachten vorübergehend von US- Truppen im Irak festgesetzt wurden. Der irakische Präsident Talabani zeigte sich empört, natürlich zeigten sich auch in Europa die üblichen Empörten empört. In der taz schrieb Bahman Nirumand (jaja, eben jener) von einer "Provokation ... gegen die gewählte Regierung des Irak".

Wie kommen US-Truppen dazu, mir nichts, dir nichts Diplomaten festzusetzen? Nun, so ganz allein in diplomatischer Mission waren die Herren wohl nicht im Irak unterwegs gewesen. Die New York Sun berichtet etwas über die Hintergründe; in diesem Artikel von Eli Lake.

Danach hatten die festgesetzten Iraner Dokumente bei sich, die etwas sehr Interessantes ergaben: Der Irak unterstützt nicht nur schiitische, sondern auch sunnitische Extremisten im Irak.

Nicht die Baathisten - schließlich hatte Saddam seinen Angriffskrieg gegen den Iran geführt, mit Hunderttausenden von Opfern. Mit den Baathisten kann vermutlich kein iranisches Regime kooperieren.

Aber mit militanten sunnitischen Gruppen kooperiert der Iran, wie diese Dokumente zeigen, sehr wohl - mit der El Kaida, mit der Ansar al-Sunna.



Gefunden wurden bei den "Diplomaten" laut New York Sun zum Beispiel Angriffspläne und die Telefonnummern sunnitischer Extremisten. Eines der Dokumente sei eine Gesamtbeurteilung der Lage im Irak, vergleichbar dem Bericht der Baker- Kommission auf US-Seite. Darin heiße es, daß Saudi-Arabien gegenwärtig seine Anstrengungen verstärkt, die sunnitischen Aufständischen zu kontrollieren, und daß der Iran seinerseits seine Anstrengungen verdoppeln müsse, sie zu beeinflussen.

In der Konkurrenz zwischen dem Iran und Saudi- Arabien um die Hegemonie in der Region sieht der amerikanische Moslem Ali Eteraz überhaupt den Schlüssel zum Verständis der heutigen Situation im Irak. Offenbar geht der Iran in dieser Auseinandersetzung so weit, nicht nur die militanten Schiiten im Irak zu unterstützen, sondern zugleich auch ihre sunnitischen Feinde.

Die New York Sun zitiert einen früheren Leitenden Analytiker des State Department, Wayne Wight: "One example of a mindset that may hinder analysis of Iranian involvement is the belief that Iran would never have any dealings with militant Sunni Arabs. But they allowed hundreds of Al Qaeda operatives to escape from Afghanistan across their territory in 2002". Ein Beispiel für die Geisteshaltung, die eine Analyse der Einmischung des Iran behindern könnte, sei der Glaube, daß der Iran sich niemals mit gewalttätigen sunnitischen Arabern einlassen würde. "Aber", gibt Whight zu bedenken, " sie erlaubten es Hunderten von Aktivisten der El Kaida, im Jahr 2002 über ihr Territorium aus Afghanistan zu entkommen".



Es ist offensichtlich ein Machtspiel, ein Spiel der Allianzen. Wer wen militärisch unterstützt, das hängt nicht vom Glauben und von Ideologien ab, sondern von taktischen Überlegungen. Auch Stalin und Hitler haben ja paktiert, als jeder sich davon Vorteile versprach.