22. Januar 2022

Klabauterbach und die Mathematik

Im Rahmen dessen dass unser ... geschätzter Gesundheitsminister bekannt dafür ist in Talkshows schon einmal den einen oder anderen Bären aufzubinden, sollte seine letzte Story bei Markus Lanz nicht einmal etwas besonderes sein. Sollte. Ist sie dann aber doch.

Denn es sollen, so hat Lauterbach behauptet, die Schnelltests, die derzeit landauf-landab durchgeführt werden, selbstverständlich Teil der Inzidenz Zahlen des RKI sein sollen. Was das RKI bei späterer Nachfrage bestritten hat. Nun ist es zum einen bezeichnend, dass ein Fernsehmoderator wie Lanz offenkundig besser über die Vorgänge informiert ist, als ein Gesundheitsminister. Etwas anderes ist aber noch viel bezeichnender: Einem Epidemiologen, als der Lauterbach sich gerne verkauft, wäre so ein Fehler niemals unterlaufen, hätte ihm nicht unterlaufen dürfen. 

Dazu ein bischen minimale Mathematik. Viele werden es kennen, aber ich trage es trotzdem vor. Nehmen wir an, es gäbe eine seltene Krankheit. Und wir hätten einen tollen Test, der diese Krankheit zu 99% erkennt und falsch positive Werte nur mit 1% ausgibt (also einem Test, der eine Sensitivität von 99% und eine Spezifität von ebenso 99% aufweist). Die Krankheit hat von 1000 Einwohnern einer. Und jetzt testen wir die ganze Bevölkerung, die in diesem Beispiel 80 Millionen sein sollen (die zwei mehr in Deutschland lassen wir mal unter den Tisch fallen, trennen wir halb Berlin ab, tut nicht weh).  Dann sind von 80 Millionen Deutschen, 80.000 krank (was ja gar nicht so wenig ist). Aber was ergibt unser Test? Nun, von den 80.000 werden zuverlässig 79.200 richtig erfasst, 800 bleiben unerkannt. Aber was ist mit den negativen? Nun, von den 79,92 Millionen gesunden Deutschen werden 79.120.800 Menschen richtig als gesund klassifiziert. Dummerweise aber auch 799.200 falsch positiv. Oder anders ausgedrückt, von 11 als krank klassifizierten Deutschen sind 10 gesund. Die gemessene Inzidenz (so sich die Zahlen auf einen bestimmten Zeitraum beziehen) liegt bei 1098. Richtig wäre aber 100 gewesen. Wir haben also eine Pandemie herbeigetestet. 

Warum passiert das? Nun, dazu muss man verstehen was eine geringe ad hoc Wahrscheinlichkeit bedeutet. Die Wahrscheinlichkeit die Krankheit zu haben ist von vorneherein in diesem Beispiel sehr gering. Die Test-Spezifität ist aber vergleichsweise niedrig, denn sie liegt nur bei 99%. Sprich: Der Test hört sich sehr gut an, ist aber nicht sehr gut. Oder zumindest nicht gut genug, wenn eine Krankheit nur selten genug ist. Wer das ohne Corona-Mummenschanz ganz real erleben will, kann beispielsweise einen HIV-Test machen. Und ist dieser positiv, so ist die Wahrscheinlichkeit wirklich HIV zu haben immer noch deutlich niedriger als die Wahrscheinlichkeit es zu haben. Diese kleine Rechenaufgabe ist eigentlich jedem vertraut, der sich auch nur im Entferntesten mit Labortests auseinandergesetzt hat. 

Ich habe übrigens die Daten weiter oben nicht frei halluziniert. Bei dem Antigen-Test, den ich regelmäßig in der Apotheke ablegen muss, ist die Spezifität mit 99,3% angegeben, also nicht bedeutend besser als oben gerechnet. Das RKI verlangt allerdings für die Qualität eines Schnelltests gerade einmal 97%, was noch einmal deutlich schlechter wäre. 

Wie löst das RKI dann das Problem oder sind das alles so lächerliche Schätzwerte? Die Antwort ist ja bereits gegeben: Spezifität. Das RKI verwendet andere Tests, es verlässt sich auf den PCR Test. Dieser wird zwar verschieden, aber in der Regel irgendwo bei 99,99% angegeben, zumindest wenn man nach allen drei Gensequenzen sucht. So lange nicht Corona selten ist wie beispielsweise die Masern, kann man damit schon eher ein paar Schädel brechen. Im Rahmen dessen dass die Inzidenz irgendwo bei ein paar hundert rumdümpelt, kann man davon ausgehen, dass zumindest die PCR Testungen, so diese nicht täglich ausgeführt werden (Frequenz wäre ein weiteres Problem), irgendwo in die richtige Richtung gehen und zumindest das Problem nicht massiv überschätzen (unterschätzen können sie immer noch, da nicht alle ständig getestet werden).  

Aber wie eben schon gezeigt ist der Spezfitätsunterschied zwischen PCR und Antigen-Test locker ein Faktor von 100. Und damit wäre eine Inzidenz, basierend auf Antigen-Tests, die dazu auch noch täglich durchgeführt werden, einfach nur absurd überschätzt. Absurd, wohlgemerkt, nicht einfach nur überschätzt sondern absurd überschätzt. Ich war nicht in der Lage Gesamtzahlen für Antigentests zu finden (nur für PCR Tests pro Tag), aber wenn sich 60 Millionen Deutsche, die nicht irgendwo in einem Pflegeheim oder einem Babybett liegen und noch aktiv sind, pro Woche auch nur einmal testen lassen (Schüler werden weit häufiger getestet und aktive Personen wie meine Wenigkeit noch deutlich öfter), dann sind das pro Woche bis zu 600.000 falsch positive Tests (bei einer Spezifität von 99%), mithin eine Inzidenzerhöhung nur durch diese von mehr als 700! Die derzeit publizierter Corona-Zahlen wären einfach nur kompletter Fake, weil der Fehler größer wäre als das reale Geschehen. 

Zur Ehrenrettung des RKI (ob man da noch viel retten kann, sei dahin gestellt, hier aber nicht das Thema) muss man sagen, dass die so nicht arbeiten. Die sind zwar inzwischen deutlich unter politischer Fuchtel, aber so blöde dann auch nicht. Mit der PCR-Spezifität von 99,99% kommt man unter der derzeitigen Menge von etwa zwei Millionen PCR Tests pro Woche auf gerade einmal 200 falsch Positive und damit auf eine mögliche falsche Inzidenzerhöhung von 0,24, was bei Zahlen in den Hundertern schlicht irrelevant ist.

Jetzt ist das alles eine schöne Rechnerei, aber was will der denn damit? Nun, er will aufzeigen was für ein Hochstapler Karl Lauterbach eigentlich ist. Zunächst mal wäre es sein Job als Gesundheitsminister solche Dinge schlicht zu wissen, insbesondere wenn er sich vorgeblich seit zwei Jahren mit dem Thema auseinander setzt. Die Inzidenz ist die Basis in Deutschland den Rechtsstaat außer Kraft zu setzen, da sollte man vom zentrale Verantwortlichen doch wenigstens erwarten, dass er die Basis davon kennt.

Aber selbst unter der Annahme von Welpenschutz in seinem Ministeramt und der weiteren Annahme, dass er bis jetzt wirklich nur in Talkshows dumm geschwätzt hat, weil er keine Ahnung hat und auch keine Lust hatte, das zu ändern, so gibt der Mann vor Experte und vor allem Epidemiologe zu sein. Keinem(!) Epidemiologen wäre ein solcher Fehler unterlaufen. Jeder, wirklich absolut jeder Epidemiologe kennt die oben gezeigte Rechnung in der einen oder anderen Form. Wer sich mit seltenen Krankheiten befasst, Ausbreitung und Tests, der muss das kennen. Lauterbach hat keine Ahnung. Weil er schlicht eine Mogelpackung ist. Seine Ex-Frau, die tatsächlich Epidemiologin ist, spricht ihm deshalb auch folgerichtig jedwede Sachkompetenz in diesem Thema ab. Er hat wohl mal eine Vorlesung dazu besucht und das war es dann auch, real ist der Mann Gesundheitsökonom. Ist ja auch schön, Gesundheitswesen hat etwas mit Ökonomie zu tun oder sollte es zumindest. Aber Fachwissen vorzutäuschen und dann an den Basics zu scheitern ist schlicht Betrug. Der Mann ist ein Tartuffe, wie sich der Gründer dieses Forums wohl ausgedrückt hätte. Ein Hochstapler und Dummschwätzer.
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Llarian

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