16. Mai 2014

Einer trage des anderen Vorzugslast


Der unter anderem vom Verfasser dieser Zeilen vertretenen Ansicht, beim sogenannten Rundfunkbeitrag handle es sich in Wirklichkeit um eine Steuer, haben schon vor einiger Zeit der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg und in den vergangenen Tagen auch der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz sowie der Bayerische Verfassungsgerichtshof eine Absage erteilt. Während die Stuttgarter Richter die betreffende Beschwerdeführerin auf den fachgerichtlichen Rechtsweg verwiesen haben, entschieden die Verfassungshüter in Koblenz (Volltext) und München (Volltext) in der Sache und erkannten auf Konstitutionalität der neuen Regelung.
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Die Entscheidungen sollen hier nicht in ihrer gesamten Verdrießlichkeit besprochen werden. Nur eine Anmerkung sei gestattet: Die Landeshöchstrichter argumentieren, die Demokratieabgabe sei keine Steuer, weil sie nicht voraussetzungslos, sondern für die Möglichkeit der Nutzung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geschuldet werde, somit auch von Zeitgenossen, die dieses Angebot gar nicht in Anspruch nehmen möchten und nicht einmal die dazu erforderlichen Empfangsgeräte bereithalten.

Gemäß dieser Logik könnte man Studienbeiträge nicht nur von eingeschriebenen Hochschülern, sondern von all denjenigen Bürgern verlangen, die über eine Universitätszugangsberechtigung verfügen. Sie müssten sich ja nur immatrikulieren, um von den Offerten des tertiären Bildungswesens Gebrauch zu machen. Wer nicht inskribiert, ist ebenso selbst schuld wie derjenige, der keinen Fernseher, Radio und internetfähigen Computer sein Eigen nennt.

Studienbeiträge werden aber nur von eingeschriebenen Studenten verlangt. Und da sich die Bundesländer, welche diese Vorzugslast eingeführt hatten, von ihr nach und nach wieder verabschiedet haben, werden in Deutschland ab Herbst dieses Jahres gar keine Erststudiengebühren (wohl aber sogenannte Semesterbeiträge) erhoben. Doch die Demokratieabgabe steht und steht und steht.

Man kann sich indessen fragen, wie lange noch. Die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk sehr stark zugeneigte Rechtsprechung auch des Bundesverfassungsgerichts (Stichwort: „Bestands- und Entwicklungsgarantie“) mag nicht zuletzt damit zu tun haben, dass die derzeit amtierenden Verfassungsrichter die Radio-, TV- und Internet-Welt noch durch die Brille des ausschließlich mit den öffentlich-rechtlichen Programmen sozialisierten Medienkonsumenten betrachten. Wie Karlsruhe entscheiden wird (Analoges gilt für die Landesverfassungsgerichte), wenn dereinst die Generation der Youtube-Aficionados und iTunes-Herunterlader in die scharlachroten Roben schlüpft, wird die Zukunft weisen.

Noricus


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