Es knackt
in diesen Tagen wieder recht deutlich in den chinesisch-amerikanischen
Beziehungen, Amerika hat in einer bisher eher seltenen Deutlichkeit die
Chinesen öffentlich der Spionage bezichtigt und ist auch derart deutlich
geworden, dass man ein paar Haftbefehle ausgestellt hat
von denen eher fraglich ist, ob sie je zu irgendetwas führen können, aber doch
eine deutlich politische Botschaft von sich geben. Umgekehrt hat die
chinesische Führung auch für ihre Art relativ offen die amerikanischen Vorwürfe
zurückgewiesen und den Botschafter einbestellt. Wie auch immer das ganze
ausgeht, man kann davon ausgehen, dass es die Beziehungen der beiden Länder
nicht verbessern wird, da wird derzeit viel Porzellan zerschlagen das man erst
langsam wieder wird kitten müssen.
Der Grund
für diesen Artikel ist aber weniger die chinesische Sicht auf Amerika sondern
die europäische, speziell die deutsche. Und dort drängt sich mir zunehmend der
Eindruck eines Elefanten auf, der im Porzellanladen einen Schuhplattler tanzt und
nicht einmal mehr merkt, dass links und rechts von ihm das Glas nur so kracht.
Kaum ein
Tag vergeht an dem nicht eine neue Snowden-Veröffentlichung durchs Netz tanzt
und bis jetzt ist das Ende nicht abzusehen. Selbst die NSA scheint nicht so
recht zu wissen wieviel Leichen da noch aus dem Keller kommen werden. Und
ausgerechnet in dieser Atmosphäre versuchen die Amerikaner den Moralapostel
über Spionage zu spielen. Das hat weniger Chuzpe als das es doch ein wenig
lächerlich erscheint wenn ausgerechnet derjenige „Haltet den Dieb“ ruft, dessen
Hand noch immer fest in der Keksdose steckt. Und es kostet Glaubwürdigkeit in
ganz großem Stile. Dieser Autor hat schon vor Monaten nicht verstanden wie ein
Präsident Obama so dumm oder falsch informiert sein konnte, dass er nicht
verstanden hat, dass die Affäre mit Aussitzen nicht so einfach aus der Welt zu
schaffen ist, zu extrem war das, was die NSA getrieben hat, zu schwach die
Reaktion aus Washington. Statt sich zu entschuldigen und sich demütig in die
Sünderecke zu stellen, wie es wohl angemessen wäre, hat es Obama vorgezogen
sich zu rechtfertigen und noch gleichzeitig mit anzukündigen, dass man
keinesfalls daran denke sein Verhalten in Zukunft zu ändern. Die großen
amerikanischen IT Firmen, von Microschuft über Google, Apfel, Cisco bis zum
Gesichtsbuch haben mit Schrecken ansehen müssen, wie ihr Geschäftsmodell massiv
in Gefahr geriet, damit sich ein Präsident als starker Amerikaner geben konnte.
Und in dieser Branche versucht man seitdem, mehr schlecht als recht, wenigstens einen
Teil des Vertrauens zurückzugewinnen, das von Washington zertrampelt wurde.
Aber Obama
wäre nicht Obama, wenn er Dummheit nicht noch mit Inkompetenz zu übertreffen
suchen würde. Und da kommen wir zu den Haftbefehlen gegen chinesische Hacker.
Das China mit seiner Geschichte des geistigen Eigentums nicht gerade großen
Respekt vor der Privatsphäre oder dem geistigen Eigentum anderer Nationen hat,
ist nicht unbedingt eine Überraschung. Insofern ist die Nachricht, dass es
Industriespionage aus China gibt, nicht unbedingt viel mehr wert, als die
Nachricht, dass nebenan der berühmte Sack Reis geplatzt ist. Was also treibt
Obama an, gerade in dieser Situation die Eskalation zu suchen?
Die Antwort
ist simpel: Innenpolitik. Denn außenpolitisch ist diese Eskalation, gerade zu
diesem Zeitpunkt, einfach nur dumm. Gerade jetzt wo Russland aufgrund der
Sanktionen verzweifelt nach China greifen muss, liefert Obama der chinesischen
Staatsführung eine Motivation frei Haus. Ohne irgendetwas dabei zu gewinnen.
Und ob die Vorwürfe in Europa überhaupt gehört werden, ist fraglich. So lange
jeden Tag neue Snowden-Papiere kommen sind solche Vorwürfe wohl eher
kontraproduktiv, denn sie riechen nicht nur ein bisschen streng nach doppelten
Standards. Für sich selbst das Recht in Anspruch zu nehmen, selbst Verbündete
auszuspionieren, während man gleichzeitig mokiert von einem Konkurrenten
ausspioniert zu werden, versetzt einen nicht gerade in eine Opferrolle.
Die Frage
ist, ob die Gewinne in der Innenpolitik, die Obama jetzt davon zieht, dass er
sich als großer Amerikaner gibt, am Ende den hohen Preis wert sind, den man
dafür bezahlt.
Speziell
auf Deutschland gemünzt denke ich, der größte Schaden an den
deutsch-amerikanischen Beziehungen war ganz klar Goslar und dafür konnten die
Amis nix. Aber direkt danach würde ich schon die NSA Affäre sehen. Und wenn die
Amerikaner nicht langsam begreifen, was sie da fortwährend weiter tun, dann
wird die ganze Geschichte Goslar irgendwann überrundet haben.
Ich
betrachte mich als überzeugten Transatlantiker, ich denke die positivsten
Aspekte des 20. Jahrhunderts, und davon gibt es eine ganze Menge, sind sehr
stark von den USA geprägt, im technologischen wie im politischen als auch im
kulturellen. Ich denke die USA sind der natürlichste Verbündete für die
Deutschen und es ist eine Schande, dass diese Beziehung, die vor 30 Jahren noch
eine ganz andere war, so sehr gelitten hat. Es wäre an der Zeit diese Beziehung
auf eine bessere Basis zu stellen. Mit umso mehr Sorge sehe ich die heutige
Haltung der Amerikaner gegenüber ihren europäischen, nicht englischen,
Alliierten. Und ich glaube nicht, dass die Welt eine bessere wird, wenn sich
die USA von Europa abspalten. Ich habe Goslar sehr bedauert, aber ich meine
auch Goslar konnte nur deshalb passieren, weil es die Amerikaner ihren Gegner
zu einfach machen. Und wir werden ein zweites Goslar erleben und ein drittes,
wenn die Amerikaner so weiter machen. Wir können uns die Spionage noch so sehr
schönreden, relativieren und abstreiten, der Tropfen höhlt den Stein jeden Tag
weiter. Wenn nicht irgendwann jemand das Wasser abstellt, wird der Stein
irgendwann kaputt sein.
Llarian
© Llarian. Für Kommentare bitte hier klicken.