Oder eben in Berlin die Methoden der Stasi erläutert werden (die einige Zeit als gruselig wirkten, inzwischen aber im Vergleich zu dem, was über Abhören durch die USA und die Briten herauskam, wie romantischer Kinderkram mit Agentenausstattung aus dem Yps-Heft aussehen)
Auch wenn es vom Autor vielleicht nur als reiner Vergleich des technischen Vorgehens gemeint war, so halte ich das für einen irreführenden, am wesentlichen vorbeigehenden Vergleich und zwar aus drei Gründen:
Erstens ist es Aufgrund des enormen Fortschritts und damit Veränderung in der IT ein Vergleich von Äpfel mit Birnen. Die Stasi konnte halt technisch nicht mehr. Sie hat aber gemacht, was sie konnte und dafür auch Technik aus dem Westen aufgekauft, die sonst keinem in der DDR, auch keiner anderen Staats- oder Parteiorganisation (außer vielleicht dem Politbüro und ZK und ihrer Mitglieder höchst selbst), zur Verfügung stand.
Die Krankheit Zerstörungswut, 9.11.2014 von Hadmut Danisch
Auch wenn es vom Autor vielleicht nur als reiner Vergleich des technischen Vorgehens gemeint war, so halte ich das für einen irreführenden, am wesentlichen vorbeigehenden Vergleich und zwar aus drei Gründen:
Erstens ist es Aufgrund des enormen Fortschritts und damit Veränderung in der IT ein Vergleich von Äpfel mit Birnen. Die Stasi konnte halt technisch nicht mehr. Sie hat aber gemacht, was sie konnte und dafür auch Technik aus dem Westen aufgekauft, die sonst keinem in der DDR, auch keiner anderen Staats- oder Parteiorganisation (außer vielleicht dem Politbüro und ZK und ihrer Mitglieder höchst selbst), zur Verfügung stand.
Hinzu kommen die Einschränkungen durch die Mangelwirtschaft. Nicht bei der Ausstattung der Stasi selbst, die bekam schon das damals technisch mögliche und aus Sicht der Stasi notwendige und wenn dafür anderer Institutionen noch mehr unterversorgt wurden, aber auf Seiten der zu überwachenden Bürger: Wenn bis kurz vor der Wende nur 10% der Haushalte überhaupt einen Telefonanschluss hatten, dann ist klar, dass der Anteil der telefonisch überwachten Haushalte an der Gesamtbevölkerung nicht über 10% gehen konnte. Viel mehr erhält vor diesem Hintergrund die Tatsache, das annähernd 10% der DDR-Bevölkerung telefonisch überwacht wurden, erst ihre volle Bedeutung.
Zum Vergleich werden, basierend auf den von Edward Snwoden veröffentlichten Zahlen, wie viele Kommunikationsverbindungen pro Jahr in Deutschland von der NSA überwacht werden sollen, in Relation zur Gesamtzahl der in Deutschland stattfindenden Kommunikationsverbindungen pro Jahr, 1% der Kommunikationsverbindungen in Deutschland von der NSA überwacht. Hinzu kommt vermutlich noch einmal die gleiche Größenordnung durch die Briten und laut Eigenauskunft der deutschen Geheimdienst nochmal 5% Überwachung made in Germany. Dies ist vor dem Hintergrund einer nahezu 100% Versorgung mit Kommunikationsmöglichkeiten aller Art zu sehen. Nicht jeder hat einen 100 Mbit/s Anschluss zur Verfügung, aber keiner steht ohne Telefon und Internet da.
Zweitens war die Stasi mehr als nur Überwachung. Und sie war Überwachung (und mehr) zu einem ganz bestimmten Zweck: Unterdrückung jeglicher Opposition gegen die Einparteiendiktatur. Niemand landet wegen Kritik an Bush oder Obama oder für die Unterstützung irgend eines Herausforderers oder Kandidaten für die Präsidentschaftswahl oder den Kongress seitens irgend eines westlichen Landes in einem Lager oder Gefängnis.
Drittens steht es heute insbesondere auch jedem frei über technische Gegenmaßnahmen offen nachzudenken, sich mit anderen auszutauschen, die Ideen zu implementieren und hierzu auch offen Konferenzen zu veranstalten, die nicht gestört und durch Polizeigewalt aufgelöst werden, geschweige denn, dass die Teilnehmer (wegen der Teilnahme an solchen Konferenzen) inhaftiert würden. Auf diesen Konferenzen können sowohl die technischen Aspekte von Projekten besprochen werden, wie auch politische Agitation betrieben werden darf. Und dann stellt sich auf einer solchen Konferenz auch nochmal ein Ex-Mitarbeiter der NSA hin, um sich dann im Anschluss an seinen Vortrag beschimpfen zu lassen. Diejenigen, die das machen, empfinden sich dabei vermutlich aufrichtig so, als wären sie mit der Stasi konfrontiert und empfinden sich wie in der Endzeit des SED-Regimes. Bloß das selbst gegen Ende des SED-Regimes, als die Menschen bereits mutiger wurden, solche Konferenzen undenkbar gewesen wären. Da hätte der Staat ganz anders darauf reagiert. Man hatte sich natürlich irgendwo versammelt - und das hatte dann die entsprechenden Konsequenzen und auch Gängelungen schon im voraus zur Folge gehabt.
Die Gleichsetzung mit dem SED-Regime und dort auftretende Stimmung nach einer Art Ent-Amerikanifizierung oder ein ähnliches Pendant zur Entnazifizierung, nur halt bezogen auf den in westlicher Tradition stehenden Teil Deutschlands, soll vermutlich die Forderungen, es hätte nach dem Ende der DDR eine Ent-SEDifizierung geben sollen, spiegeln. Dass die SED ein reales Ein-Parteien-System aufgebaut hat, welches 40 Jahre lang mit absoluter Macht diktatorisch herrschte, wird dabei offenbar von vielen nicht als relevanter Unterschied zum damaligen und heutigen Westen angesehen.
Nicht, dass man mich missversteht: Herr Danisch sind die Punkte zwei und drei sicherlich bewusst und insbesondere auch die Aussagen des letzten Absatzes und ich möchte ihm nicht unterstellten, hier etwas anderes andeuten oder behaupten zu wollen. Sein Zitat war mehr ein Aufhänger, denn für einige Kreise (von denen sich Herr Danisch auf seinem Blog aber auch immer wieder distanziert) schwingen in seiner Formulierung (ohne weitere Ergänzung) eben noch die in Punkt zwei und drei thematisierten und widerlegten Gleichsetzungen mit.
Techniknörgler
© Techniknörgler. Für Kommentare bitte hier klicken.