Kaffeefahrten
erfreuen sich trotz ihres schlechten Rufes großer Beliebtheit. Hört
man sich unter den Teilnehmern um, geht es ihnen vor allem um die
Gemeinsamkeit. Mal wieder einen Ausflug unternehmen, aber nicht
allein und vielleicht etwas davon mitnehmen. Neue Bekanntschaften,
neue Eindrücke von Land und Leuten oder eben eine neue Wärmedecke.
Wenn
diese funktioniert, d.h. hält was ihr Verkäufer verspricht, ist es
für beide unternehmungslustigen Seiten ein gutes Geschäft.
Wenn
nicht, tritt der Garantiefall oder die Reklamation ein.
Was die Teilnehmer aber in aller Regel nicht erwarten, ist die Bekanntschaft mit einer psychologischen Fessel.
Nehmen
wir mal an, dass bei einer solchen Kaffeefahrt Wärmedecken mit ganz
außergewöhnlichen Eigenschaften beworben werden. In ihrem Preis so
niedrig, dass sie sich insbesondere für Sparfüchse eignen.
Rentabel, flexibel und einfach im Gebrauch sowie ein
realer,
zukunftssicherer und rentabler Sachwert noch dazu.
Diese
Wärmedecken, so wird versprochen, halten ein Leben lang. Und nicht nur
das: Ihr Wert fällt nicht etwa mit der Zeit, sondern er steigt. Um
6-8% im Jahr.
Eine
echte Alternative zu einem Bankkonto oder einer Lebensversicherung.
Weil
sie zudem CO2-neutral und 100% ökologisch hergestellt wurde, kann
sie sogar als eine Art grünes Sparbuch angesehen werden.
Wer
kann da noch widerstehen?
Überflüssig
zu erwähnen, dass die Wärmedecken auf diversen Kaffeefahrten weggehen wie warme Semmeln.
Aber nach einiger Zeit gibt es die ersten unzufriedenen Kunden die ihr Geld zurückwollen, weil das Produkt nicht hält, was zuvor versprochen wurde. Der Verkäufer zahlt nun auch die ersten Kunden aus. Nur als immer mehr Wärmedecken reklamiert werden, richtet er sich mit einem Brief an alle Kunden.
Er beklagt sich bitterlich über die böse, missgünstige Konkurrenz, die sein im Grunde zukunftweisendes Produkt aus Neid und Rückwärtsgewandtheit schlecht redet und er die vielen Reklamationen auf einen Schlag nicht bedienen könne.
Wollten
die Adressaten nicht dass alle Kunden für immer auf jegliche
Reklamationsmöglichkeiten verzichten müssen, weil die Firma in die
Insolvenz gehen muss, dann sollten sie auf der Stelle keine
Wärmedecken mehr zurückgeben. Am besten wäre es, sie würden
weitere kaufen. Weil irgendwoher das Geld für die Reklamationen ja
kommen muss. Das wäre doch einleuchtend.
Alternativ
könnten sie sich auch mit Rückzahlungen in Raten begnügen,
allerdings erst in zehn Monaten. Soviel Zeit brauche er schließlich, um sich zu konsolidieren.
Den Kunden wird suggeriert, gingen sie auf dieses Angebot zur Güte nicht ein, versündigten sie
sich nicht nur an der Zerstörung des einmaligen Versuchs, in einem
raffgierigen und von Profitinteressen geleiteten System, eine Oase
des Idealismus zu schaffen, in dem nicht der schnöde Mammon im
Mittelpunkt steht. Sie machten sich auch schuldig an dem wirtschaftlichen
Niedergang des Wärmedeckenverkäufers und mit ihm an dem Verlust von tausenden Arbeitsplätzen. Natürlich sind sie in diesem Fall selbst schuld, wenn sie einen Verlust machen.
Da wundern sich die Kaffeefahrtenteilnehmer, was der Kauf einer Wärmedecke so alles implizieren kann und wie viel Entbehrungen von jemandem verlangt werden, der einfach nur die Welt ein bisschen besser machen und dabei etwas wohlhabender werden will. Sie wundern sich außerdem darüber, dass sie aufgefordert werden, schriftlich zu begründen wenn sie die Option wahrnehmen möchten, welche ihnen einst vom Verkäufer als Teil der besonderen Attraktivität des Produktes angeboten wurde. Mit einem Mal steht diese moralisch am Pranger.
Verwirrt
fragen sie sich, ob auch sie unbewusst zu einem dieser
profitgierigen Egoisten geworden sind, deren Geschäftspraktiken sie
und der von ihnen verehrte Verkäufer eine Alternative entgegensetzen
wollten.
Manche der einst stolzen Wärmedeckenbesitzer flüchten darob in Zweckoptimismus, behalten, in der Hoffnung
die Dinge mögen sich zum Guten wenden, ihre überteuerten Produkte und ziehen ihre Forderungen
zurück.
Die Firma des Verkäufers geht nur wenige Wochen danach in Insolvenz und wer nicht auf seinen Rechten bestanden hatte, geht leer aus.
Die Firma des Verkäufers geht nur wenige Wochen danach in Insolvenz und wer nicht auf seinen Rechten bestanden hatte, geht leer aus.
Ähnlichkeiten
dieser völlig frei erfundenen Geschichte mit tatsächlichen Begebenheiten
wie z.B. dieser hier, sind rein zufällig.
Erling Plaethe
© Erling Plaethe. Für Kommentare bitte hier klicken.