7. Januar 2014

Lotte in Weimar

"Wo bleibt das Positive?" fragt man sich beim Bloggen zuweilen. Die klassische Antwort wäre: "Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt."
Aber manchmal findet sich das Positive an den unerwartetsten Stellen, sogar im deutschen Fernsehen. Noch krasser: Sogar im deutschen Zwangsgebührenfernsehen.

Und es findet sich dort, wo man es nun gar nicht vermutet - beim Tatort.
Der war vor Jahrzehnten ja Pflichtprogramm, ist dann heruntergekommen zu einer Charles-Dickens-Karikatur mit viel zeitgeistigen Sozialproblemen und wenig Krimi.

Wobei es ja den klassischen Krimi ohnehin nicht mehr gibt. Die Regeln des Detection Club gelten als obsolet, es ist nicht mehr erwünscht, den Leser mitraten zu lassen und die moderne Kriminaltechnik hat die Interpretation von Spuren hinfällig gemacht.

Wenn man also nicht in Sozialdrama oder inszenierter Nahaufnahmen-Gewalt versinken will, kann Krimi nur noch als Satire funktionieren. Und deswegen ist seit Jahren der einzige Tatort, der einzige Fernsehkrimi überhaupt den man ohne Schmerzen anschauen kann, der aus Münster mit dem herrlichen Duo Thiele und Börne.
Verzeihung: Thiele und Prof. Börne. So viel Zeit muß sein.

Und jetzt Weimar.
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Was ich natürlich gar nicht mitbekommen hätte, gäbe es nicht die Flüsterpropaganda bzw. hier sogar einen guten Freund, der mir "Die fette Hoppe" als Aufnahme zukommen ließ. Und plötzlich war der Abend gerettet.

Nicht nur daß Kommissar Lessing und Kollegin Dorn ein reizvoll streitendes Paar abgeben (mit einer überraschenden Wendung kurz vor Ende), die Handlung ist Krimisatire pur. Nicht direkt das Erbe des verblichenen Fleischermeisters steht im Mittelpunkt, sondern sein Erfolgsrezept für die beste Thüringer Rostbratwurst.
Der Weimarer Fremdenführer nennt seine Tochter selbstverständlich Lotte. Goethe und Schiller sehen als Denkmal ratlos zu wie die Kommissare im Dunkeln tappen, um dann eine tiefgefrorene Leiche auf der Hollywoodschaukel zu finden.
Schließlich ereilt noch den Automarder das gerechte Schicksal - er verendet neben dem angebissenen Batteriekabel ("Der Marder hat einen Autoschaden" - "Also ein Selbstmarder").

Kein rasanter Krimi, nicht alle Witze und Wortspiele sind olympiareif. Aber insgesamt eine vergnügliche Abendunterhaltung, die man der alten Tante ARD nicht mehr zugetraut hätte.
Man sollte eben doch endlich die Gebühren streichen und die Sender privatisieren, damit diese mehr Anreiz bekommen ihren Kunden Qualität dieser Art zu bieten.

R.A.

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