Auf dem Hamburger Parteitag der SPD sprach Gerhard Schröder, sieben Jahre lang Kanzler der Bundesrepublik Deutschland. Daß er unmittelbar nach Ende seiner Kanzlerschaft in den Dienst des Staatskonzerns einer auswärtigen Macht getreten war, eines Staats, den als halbdemokratisch zu bezeichnen ein Euphemismus ist, störte die SPD- Delegierten augenscheinlich nicht. Schröder wurde mit sehr freundlichem Beifall bedacht.
Man kann nur inständig hoffen, daß dieser Auftritt nicht das Vorspiel zu einem politischen Comeback Schröders ist. Aber nicht von dieser Gefahr soll hier die Rede sein, sondern von Schröders Vergangenheit. Genauer: Von der doppelten Schuld, die er gegenüber seiner Partei und die er gegenüber der deutschen Demokratie auf sich geladen hat.
Daß in den fortgeschrittenen Industriestaaten neoliberale Reformen unumgänglich sind, war offensichtlich, seit Länder wie Neuseeland, Finnland und Holland vorgemacht hatten, welche positiven Folgen solche Reformen der sozialen Sicherungssysteme, des Arbeitsmarkts, der Besteuerung der Unternehmen haben.
In den meisten Ländern, die diese Reformen inzwischen teils hinter sich haben, teils jetzt in Angriff nehmen, ging und geht ihnen eine lange, oft schwierige Diskussion voraus. In England fand diese Debatte vor allem in der Labour Party statt. Tony Blair gelang es, diese Partei in drei Jahren innerparteilicher Diskussion auf den Weg zu New Labour zu bringen, wofür ihn die Engländer 1997 mit einem Erdrutsch- Sieg belohnten. In der Französischen Sozialistischen Partei ist diese Diskussion jetzt, nach der Wahlniederlage von Ségolène Royal, in vollem Gang.
Und in Deutschland? Hier hatte Gerhard Schröder 1998 einen Wahlkampf unter dem Slogan "Neue Mitte" geführt und einen leibhaftigen neoliberalen Unternehmer, Jost Stollmann, als seinen Kandidaten für das Amt des Wirtschaftsministers präsentiert; sozusagen zum Unterpfand dafür, daß es ihm Ernst sei mit Reformen.
Als er die Wahl knapp gewonnen hatte, hat Schröder diesen Jost Stollmann davongejagt wie einen räudigen Hund. Sein Wirtschaftsminister wurde der blasse Werner Müller, aber die Wirtschaftspolitik bestimmte der mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete Finanzminister Oskar Lafontaine, heute dicker Freund der französischen und cubanischen Kommunisten. Statt der "Neuen Mitte" war es die alte Linke, die unter Schröder an die Schalthebel der Macht kam.
Aber nicht dieser erste Verrat an den Wählern macht Schröders Schuld aus.
Fünf Jahre lang wurde diese linke Nicht- Reformpolitik betrieben, bis Schröder das Wasser bis zum Hals stand. Von der Konjunktur- Lokomotive der EU war Deutschland zu einem von deren wirtschaftlichen Schlußlichtern geworden. Die Staatsfinanzen liefen aus dem Ruder, die Arbeitslosigkeit stieg - kurz, es war alles da, was sich immer einstellt, wenn Sozialisten regieren und mit ihren sozialistischen Vorstellungen Ernst machen.
Schröder hat das erkannt. Wie hat er reagiert? Hat er, wie Tony Blair, wie jetzt die französischen Sozialisten, eine Diskussion über die Politik der SPD angestoßen? Hat er diese Diskussion in der Öffentlichkeit geführt, hat er sie in seiner Partei geführt? Hat er versucht, die Deutschen, die Mitglieder seiner Partei von der Notwendigkeit von durchgreifenden Reformen à la New Labour zu überzeugen?
Nein, er hat geputscht. Anders kann man die Art, wie die "Agenda 2010" ohne vorausgehende Diskussion präsentiert wurde, nicht bezeichnen.
Schröder konnte diese Reformen durchsetzen, weil den Einsichtigen in seiner Koalition klargeworden war, daß nur so die Herrschaft der Rotgrünen vielleicht gerettet werden konnte. Und nicht, weil er die Deutschen, weil er insbesondere die Sozialdemokraten von ihrer Notwendigkeit überzeugt gehabt hätte. Er hatte das ja noch nicht einmal versucht, als er diese Reformen auf den Tisch knallte.
Von der Mehrheit der Deutschen, von der großen Mehrheit der Sozialdemokraten sind diese ihnen vom "Basta"- Kanzler okytroyierten Reformen nie akzeptiert worden. Verständlicherweise, denn sie hatten ja selbst keinen Anteil daran gehabt, diese Reformen zu beschließen. Sie beugten sich grummelnd, aber sie waren innerlich in Opposition.
Für die politische Stimmung in Deutschland bedeutete das, daß ausgerechnet unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung der Eindruck vieler Bürger, daß "die da oben doch machen, was sie wollen", sich erheblich verstärkte.
Das führte dazu, daß die Kommunisten ihre Partei in den Westen ausdehnen konnten, und daß sie jetzt in einer Position sind, die sie beim nächsten Regierungswechsel zurück an die Macht bringen wird. Das hat Gerhard Schröder zu verantworten, und es ist der eine Teil seiner Schuld.
Der andere Teil wurde am Wochenende auf dem Parteitag der SPD sichtbar. Die SPD schüttelte sich sozusagen, und weg war die Agenda 2010. Am Ende des Parteitags traten Delegierte vor die Kamera, die sagten, jetzt endlich mache es wieder Freude, Sozialdemokrat zu sein. Jetzt sei das wieder die Partei, in die man einmal eingetreten war.
Mit anderen Worten, indem er sie per ordre du mufti den Deutschen, indem er sie seiner Partei ohne Diskussion aufgezwungen hat, hat Gerhard Schröder diese Reformen gründlich diskreditiert. Die Deutschen wollen in ihrer Mehrheit weg davon. Die SPD will sie in ihrer sehr großen Mehrheit so schnell wie möglich in den Orkus befördern.
Es ist absurd, denn jeder, der nicht mit Blindheit geschlagen ist, kann ja sehen, wie erfolgreich diese Reformen waren, wie bitter nötig sie gewesen waren.
Aber das nutzt jetzt nichts mehr. Schröder, dieser opportunistische, dieser durch und durch unehrliche Mann, hat die doppelte Schuld auf sich geladen, den Deutschen die notwendigen Reformen vermiest und seine Partei ideologisch zurück in die siebziger Jahre getrieben zu haben.
Man kann nur inständig hoffen, daß dieser Auftritt nicht das Vorspiel zu einem politischen Comeback Schröders ist. Aber nicht von dieser Gefahr soll hier die Rede sein, sondern von Schröders Vergangenheit. Genauer: Von der doppelten Schuld, die er gegenüber seiner Partei und die er gegenüber der deutschen Demokratie auf sich geladen hat.
Daß in den fortgeschrittenen Industriestaaten neoliberale Reformen unumgänglich sind, war offensichtlich, seit Länder wie Neuseeland, Finnland und Holland vorgemacht hatten, welche positiven Folgen solche Reformen der sozialen Sicherungssysteme, des Arbeitsmarkts, der Besteuerung der Unternehmen haben.
In den meisten Ländern, die diese Reformen inzwischen teils hinter sich haben, teils jetzt in Angriff nehmen, ging und geht ihnen eine lange, oft schwierige Diskussion voraus. In England fand diese Debatte vor allem in der Labour Party statt. Tony Blair gelang es, diese Partei in drei Jahren innerparteilicher Diskussion auf den Weg zu New Labour zu bringen, wofür ihn die Engländer 1997 mit einem Erdrutsch- Sieg belohnten. In der Französischen Sozialistischen Partei ist diese Diskussion jetzt, nach der Wahlniederlage von Ségolène Royal, in vollem Gang.
Und in Deutschland? Hier hatte Gerhard Schröder 1998 einen Wahlkampf unter dem Slogan "Neue Mitte" geführt und einen leibhaftigen neoliberalen Unternehmer, Jost Stollmann, als seinen Kandidaten für das Amt des Wirtschaftsministers präsentiert; sozusagen zum Unterpfand dafür, daß es ihm Ernst sei mit Reformen.
Als er die Wahl knapp gewonnen hatte, hat Schröder diesen Jost Stollmann davongejagt wie einen räudigen Hund. Sein Wirtschaftsminister wurde der blasse Werner Müller, aber die Wirtschaftspolitik bestimmte der mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattete Finanzminister Oskar Lafontaine, heute dicker Freund der französischen und cubanischen Kommunisten. Statt der "Neuen Mitte" war es die alte Linke, die unter Schröder an die Schalthebel der Macht kam.
Aber nicht dieser erste Verrat an den Wählern macht Schröders Schuld aus.
Fünf Jahre lang wurde diese linke Nicht- Reformpolitik betrieben, bis Schröder das Wasser bis zum Hals stand. Von der Konjunktur- Lokomotive der EU war Deutschland zu einem von deren wirtschaftlichen Schlußlichtern geworden. Die Staatsfinanzen liefen aus dem Ruder, die Arbeitslosigkeit stieg - kurz, es war alles da, was sich immer einstellt, wenn Sozialisten regieren und mit ihren sozialistischen Vorstellungen Ernst machen.
Schröder hat das erkannt. Wie hat er reagiert? Hat er, wie Tony Blair, wie jetzt die französischen Sozialisten, eine Diskussion über die Politik der SPD angestoßen? Hat er diese Diskussion in der Öffentlichkeit geführt, hat er sie in seiner Partei geführt? Hat er versucht, die Deutschen, die Mitglieder seiner Partei von der Notwendigkeit von durchgreifenden Reformen à la New Labour zu überzeugen?
Nein, er hat geputscht. Anders kann man die Art, wie die "Agenda 2010" ohne vorausgehende Diskussion präsentiert wurde, nicht bezeichnen.
Schröder konnte diese Reformen durchsetzen, weil den Einsichtigen in seiner Koalition klargeworden war, daß nur so die Herrschaft der Rotgrünen vielleicht gerettet werden konnte. Und nicht, weil er die Deutschen, weil er insbesondere die Sozialdemokraten von ihrer Notwendigkeit überzeugt gehabt hätte. Er hatte das ja noch nicht einmal versucht, als er diese Reformen auf den Tisch knallte.
Von der Mehrheit der Deutschen, von der großen Mehrheit der Sozialdemokraten sind diese ihnen vom "Basta"- Kanzler okytroyierten Reformen nie akzeptiert worden. Verständlicherweise, denn sie hatten ja selbst keinen Anteil daran gehabt, diese Reformen zu beschließen. Sie beugten sich grummelnd, aber sie waren innerlich in Opposition.
Für die politische Stimmung in Deutschland bedeutete das, daß ausgerechnet unter einer sozialdemokratisch geführten Regierung der Eindruck vieler Bürger, daß "die da oben doch machen, was sie wollen", sich erheblich verstärkte.
Das führte dazu, daß die Kommunisten ihre Partei in den Westen ausdehnen konnten, und daß sie jetzt in einer Position sind, die sie beim nächsten Regierungswechsel zurück an die Macht bringen wird. Das hat Gerhard Schröder zu verantworten, und es ist der eine Teil seiner Schuld.
Der andere Teil wurde am Wochenende auf dem Parteitag der SPD sichtbar. Die SPD schüttelte sich sozusagen, und weg war die Agenda 2010. Am Ende des Parteitags traten Delegierte vor die Kamera, die sagten, jetzt endlich mache es wieder Freude, Sozialdemokrat zu sein. Jetzt sei das wieder die Partei, in die man einmal eingetreten war.
Mit anderen Worten, indem er sie per ordre du mufti den Deutschen, indem er sie seiner Partei ohne Diskussion aufgezwungen hat, hat Gerhard Schröder diese Reformen gründlich diskreditiert. Die Deutschen wollen in ihrer Mehrheit weg davon. Die SPD will sie in ihrer sehr großen Mehrheit so schnell wie möglich in den Orkus befördern.
Es ist absurd, denn jeder, der nicht mit Blindheit geschlagen ist, kann ja sehen, wie erfolgreich diese Reformen waren, wie bitter nötig sie gewesen waren.
Aber das nutzt jetzt nichts mehr. Schröder, dieser opportunistische, dieser durch und durch unehrliche Mann, hat die doppelte Schuld auf sich geladen, den Deutschen die notwendigen Reformen vermiest und seine Partei ideologisch zurück in die siebziger Jahre getrieben zu haben.
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