28. Oktober 2007

Zettels Meckerecke: Was die Rauchverbote in Gaststätten anrichten

Seit diesem Jahr gelten in Deutschland Rauchverbote in Gaststätten. Rauchverbote, kein Rauchverbot. Denn die Lage in den einzelnen Bundesländern ist im Augenblick noch unterschiedlich. Nicht nur, was Gaststätten angeht; auch anderswo - in öffentlichen Gebäuden und Schulen, in Gefängnissen und Kliniken, in Museen, in Kinos und auf Flughäfen, in Sporthallen und Hallenbädern - ist ja das Rauchen mitunter verboten oder soll es verboten werden; nur hat sich da eben jedes Bundesland sein eigenes Verbotsmuster ausgedacht.

Wie die Tabelle im einschlägigen Artikel in der "Wikipedia" zeigt, ist Hamburg das in dieser Hinsicht am wenigsten liberale Bundesland. Am liberalsten sind die Neuen Länder (mit Ausnahme von Mecklenburg- Vorpommern), Berlin und das Saarland. Hamburg ist so gründlich im Verbieten, daß sogar in Lebensmittel- Läden das Rauchen verboten ist. (Warum nicht auch in Schuhläden? Brauchen Schuhkäufer und -verkäufer weniger Schutz vor Rauchern als die Käufer und Verkäufer von Margarine und Corn Flakes?).

Was das Rauchen in Gaststätten angeht, gibt es aber sozusagen eine Gleichheit der Lebensverhältnisse von Flensburg bis Berchtesgaden, von Aachen bis Görlitz. In einigen Bundesländern gilt bereits ein Rauchverbot in Gaststätten. Die anderen planen es für das kommende Jahr, mit der rühmlichen Ausnahme von Sachsen-Anhalt.



Wenn man wissen will, wie sich das fast bundesweite Rauchverbot auswirken wird, kann man sich also ansehen, wie es sich in den Ländern auswirkt, die es schon haben. Das sind das Musterländle Baden- Württemberg, das einstige Rote Musterländle Hessen sowie Niedersachsen und Hamburg.

In Niedersachsen und Baden-Württemberg führt, so berichtet der Gastro- Blog "Gastgewerbe Gedankensplitter", das auf Gastronomie spezalisierte Institut "CHD Expert" gerade eine Umfrage unter Gastronomen durch; die Ergebnisse liegen aber noch nicht vor.

Was wir schon wissen, das ist die Beurteilung der Gastronomen, bevor das Verbot in Kraft trat. Das hat CHD Expert im Mai untersucht. Danach erwarteten gut die Hälfte der befragten Gastronomen Umsatz- Einbußen; besonders die Betreiber von Bars, Lounges und Bistros, weniger die von Cafés. Aber auch unter den Cafébesitzern erwartete noch ein Drittel Umsatzeinbußen und den Verlust von Arbeitsplätzen.



Wie inzwischen die Stimmung unter den schon betroffenen Gastronomen ist, geht aus zwei aktuellen Meldungen hervor, eine aus Baden-Württemberg und eine aus Hessen.

Gestern berichtete die Fuldaer Zeitung unter der Überschrift "Zwölf Fuldaer Kneipen missachten Rauchverbot" über eine Aktion von Gastronomen, die fast schon den Charakter zivilen Ungehorsams hat:
In einigen Kneipen in der Fuldaer Altstadt wird das Rauchverbot seit gestern Abend offiziell ignoriert. "Wir fordern unsere Gäste nicht zum Rauchen auf, aber wir schicken Raucher nicht mehr vor die Tür", sagt Uwe Zierfuß, Pächter des "Krokodils" und Gründer der Initiative "Pro Raucherkneipen Fulda". Seiner Initiative angeschlossen habe sich ein Dutzend Kneipen (...) Wegen stark sinkender Gästezahlen und Umsätze seien die Gastronomen gezwungen, gegen das in Hessen seit Anfang Oktober geltende Rauchverbot zu verstoßen, so Zierfuß.
Und heute ist in der Internet- Ausgabe der "Heilbronner Stimme" zu lesen, Überschrift "Wirte trotzen dem Rauchverbot":
Die Räucherstäbchen auf dem rotbraunen Holztresen sind nicht die Einzigen, die im Hartman’s am Montagabend qualmen. Silberne Aschenbecher stehen bereit, einige Gäste ziehen kräftig an ihrem Glimmstängel. Über zwei Monate hat Betreiberin Jasmin Stein das Rauchverbot im Inneren befolgt. Von 40 bis 50 Prozent Umsatzrückgang berichtet sie, von vielen rauchenden Stammgästen, die gar nicht mehr kamen oder nach der Sperrstunde für die Freisitze sofort nach Hause gingen. „Drastisch“ nennt sie die Umsatzeinbußen.
Auch in anderen Heilbronner Kneipen, so erfährt man weiter aus dem Artikel, wird das Rauchverbot zunehmend unterlaufen.



Ja, wie auch anders? Bisher trafen sich in solchen Kneipen Menschen, die entweder selbst rauchten oder die - wie ich zum Beispiel, seit mehr als dreißig Jahren Nichtraucher - nichts dagegen haben, mal ein bißchen Tabakrauch zu schnuppern.

Niemand wurde ja gezwungen, in ein solches Restaurant oder eine solche Eckkneipe zu gehen. Jetzt nimmt sich - vorerst in einigen Bundesländern - der Staat das Recht heraus, den Gästen das Nichtrauchen zu oktroyieren, ob sie wollen oder nicht. Es sei denn, die baulichen Verhältnisse und die flüssigen Mittel des Wirts erlauben es, ein abschlossenes Raucherzimmer zu bauen.

Mit anderen Worten, was der Staat sich da leistet, ist eine Schikane. Und gegen Schikanen gehen Menschen, wenn sie können, in den Widerstand. Die Gäste, weil sie in ihrer Stammkneipe nicht auf das Rauchen verzichten wollen. Die Gastronomen, weil sie nicht die Zahl der Hartz- IV- Empfänger vermehren wollen.

Nein, ich befürworte das nicht. Ich bin der Überzeugung, daß Gesetze eingehalten werden müssen, ob man sie nun für sinnvoll oder für unsinnig hält. Nur - wenn die Betroffenen so offensichtlich gegen eine gesetzliche Regelung Front machen, dann sollte sich der Gesetzgeber vielleicht Gedanken über die Weisheit der betreffenden Regelung machen.

Das wird er aber nicht, der Gesetzgeber. So, wie heute die Öffentliche Meinung in Deutschland beschaffen ist, würde man wahrscheinlich eher den bewaffneten Straßenraub legalisieren können, als das Rauchverbot in Gaststätten wieder aufzuheben.

Für Kommentare und Diskussionen zu diesem Beitrag ist in "Zettels kleinem Zimmer" ein Thread eingerichtet. Wie man sich dort registriert, ist hier zu lesen. Registrierte Teilnehmer können Beiträge schreiben, die sofort automatisch freigeschaltet werden.