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21. April 2009

Kurioses, kurz kommentiert: Wie Heribert Prantl Symbole von Demokratie und Diktatur "zusammennähen" will. Bekenntnis eines Linksliberalen

Das Land könnte sich selbst beschenken - mit einer zweiten Strophe zur Deutschlandhymne. Bisher gibt es nur eine einzige: "Einigkeit und Recht und Freiheit". Daran könnte man eine zweite anhängen: "Auferstanden aus Ruinen, und der Zukunft zugewandt". Es ist dies die erste Strophe der alten DDR-Hymne

Heribert Prantl, Chef des Innenressorts der "Süddeutschen Zeitung", in deren heutiger Ausgabe über die deutsche Nationalhymne.

Kommentar: Um mit dem Positiven zu beginnen: Immerhin macht sich Prantl Gedanken darüber, wie die Bundesrepublik ihren sechzigsten Verfassungstag begehen soll.

In anderen demokratischen Staaten wäre das ein Thema seit Wochen; in unserem Land, das seiner Geschichte so gleichgültig gegenübersteht wie kaum eines auf der Welt, konnte gestern in Jauchs "Wer wird Millionär?" allen Ernstes gefragt werden, was sich denn wohl am 23. Mai zum sechzigsten Mal jähre.

Auch das wäre vielleicht ein "Kurioses, kurz kommentiert" wert gewesen. Aber Prantls grandiose Idee geht doch mit großem Vorsprung durchs Ziel.



Die Hymne, die Prantl gern in unsere Nationalhymne einbauen möchte, "Auferstanden aus Ruinen", schrieb Johannes R. Becher im Jahr 1949. Seit 1923 war Becher Mitglied der KPD (er war es zuvor schon einmal kurz gewesen, aber wieder ausgetreten). Seit 1946 gehörte er dem Parteivorstand und seit 1949 dem ZK der SED an. Er wurde von den Sowjets mit dem Stalinpreis geehrt und war in der Ulbricht- Ära Kultusminister der DDR.

Das alles ist kein Grund, dem Lyriker Becher die Anerkennung zu verweigern, die er verdienen mag. Denn (siehe meinen gestrigen Artikel) in einem freiheitlichen Rechtsstaat darf es für den Umgang mit Kunst keine Rolle spielen, welche politische Haltung der Künstler hatte oder hat.

Aber hier geht es ja nicht um irgend ein lyrisches Werk, sondern um die Nationalhymne der DDR. Also um eines der zentralen Symbole eines Unrechtsstaats.

Wie in aller Welt kann Heribert Prantl auch nur erwägen, es mit der deutschen Nationalhymne zu einem Konglomerat zu verbinden?

Vielleicht hätte ja auch zwanzig Jahre nach dem Ende des Naziregimes jemand auf die Idee verfallen können, ein paar Zeilen aus dem Horst- Wessel- Lied in die Nationalhymne einzubauen; zwecks Versöhnung der Altnazis.

Denn diese Begründung liefert Prantl für seinen Geistesblitz:
Dem griechischen Ursprung des Wortes Hymne macht die Kombination alle Ehre: Hymnos leitet sich ab vom Wort für "nähen". Wenn die West- und die Ost- Strophe zusammengenäht werden, kann diese Hymne Einheit stiften und zum Ausdruck bringen, was vor zwanzig Jahren viele gern als Staatsziel in die Präambel des Grundgesetzes geschrieben hätten: "Das Bestreben, die innere Einheit Deutschlands zu vollenden."
Die innere Einheit also glaubt Prantl dadurch vollenden zu können, daß man ein Symbol des kommunistischen Unrechtsstaats mit der Hymne unseres demokratischen Rechtststaats "zusammennäht".

Nicht die Einheit zwischen den Bürgern schwebt ihm offenbar vor, dem "Linksliberalen" Prantl - zwischen denen, die im Westen in Freiheit leben konnten und denjenigen, die von Becher und Genossen drangsaliert wurden -, sondern die Einheit von Demokratie und Kommunismus, von Recht und Unrecht.

Deutlicher kann Prantl es eigentlich nicht zum Ausdruck bringen, daß er in zwanzig Jahren nichts gelernt hat.

Die DDR war bis 1989 die heimliche Liebe von vielen sogenannten Linksliberalen gewesen, für die sie - "bei allen ihren Mängeln", das vergaß man nie zu hinzuzufügen - doch eben das "bessere Deutschland", den Fortschritt, den Frieden usw. verkörperte. Für Prantl tut sie das augenscheinlich noch immer.



Aber das ist noch nicht einmal das Kurioseste. Prantls seltsame Version von Liberalismus ist schließlich nichts Neues.

Wirklich kurios ist das, was der Internet- Version des Artikels beigesellt ist und was die SZ, da deren zuständiger Redakteur offenbar des Deutschen nicht so ganz mächtig ist, "User- Vote" nennt. Es wurden verschiedene Alternativen zur Nationalhymne zur Auswahl gestellt. Im Augenblick sieht, bei 2646 Abstimmenden, das Ergebnis so aus:
Was soll in Zukunft die deutsche Nationalhymne sein?

  • Wie bisher die dritte Strophe des Deutschlandliedes: 27 Prozent

  • Das Deutschlandlied und als zweite Strophe "Auferstanden aus Ruinen" aus der alten DDR-Hymne: 50 Prozent

  • Die "Kinderhymne" von Bertolt Brecht: 12 Prozent

  • Eine ganz neue Hymne: 4 Prozent

  • Ist mir egal: 6 Prozent.
  • Natürlich ist diese Abstimmung nicht repräsentativ für die Leser der SZ. Natürlich sind die Leser der SZ nicht repräsentativ für die Deutschen.

    Aber daß es überhaupt mehr als tausend Menschen in Deutschland gibt, die allen Ernstes die Hymne einer kommunistischen Diktatur in die deutsche Nationalhymne einbauen wollen; und daß gerade einmal 27 Prozent mit unserer Nationalhymne einverstanden sind - das erscheint mir schon sehr kurios. Ich stelle mir vor, wie eine solche Abstimmung in Frankreich, in Großbritannien oder in den USA ausgegangen wäre.



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    22. November 2008

    Zettels Meckerecke: "Machtgeil!" "Abschaffung der Demokratie!" "Anschlag auf den Rechtsstaat!" - Nein. Schäuble will das Vernünftige

    Der Bundestag faßt seine Beschlüsse in der Regel mit einfacher Mehrheit. Man kann das in Artikel 42, Absatz 2 des Grundgesetzes nachlesen:
    Zu einem Beschlusse des Bundestages ist die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt. Für die vom Bundestage vorzunehmenden Wahlen kann die Geschäftsordnung Ausnahmen zulassen.
    Stimmenthaltungen sind keine abgegebenen Stimmen. Wer sich enthält, der stimmt nicht ab. Darin besteht ja eben die Enthaltung, daß man sich der Abstimmung enthält, daß man auf das Abstimmen verzichtet. (Siehe zum Beispiel den Wikipedia- Artikel "Mehrheit").

    Die einfache Mehrheit ist folglich erreicht, wenn mehr "ja"- als "nein"- Stimmen abgegeben wurden. Enthaltungen werden ebensowenig berücksichtigt wie ungültige Stimmen.

    Sind diese Regelungen demokratisch? Wenn wir der Fraktionsvorsitzenden der "Grünen" im Bundestag, Renate Künast, glauben wollen, dann sind sie das nicht.



    Innenminister Schäuble hat, so berichtete es gestern Severin Weiland in "Spiegel- Online", einen Brief geschrieben. Verfaßt hat er ihn zusammen mit einem Parlamentarier der SPD, dem stellvertretenden Vorsitzenden der SPD- Fraktion im Bundestag Fritz Rudolf Körper.

    Adressaten des Briefs sind die beiden Vorsitzenden der Föderalismus- Kommission II, der SPD- Fraktionsvorsitzende Peter Struck und der Ministerpräsdident von Baden- Württemberg Günther Oettinger. "Bekannt" wurde der Brief, so Severin Weiland, gestern "am Rande der Innenministerkonferenz in Potsdam". Mit anderen Worten, jemand hat geplaudert. Mit perfektem Timing, bestens abgestimmt auf die aktuelle Diskussion um das BKA- Gesetz.

    In dem Brief schlagen die beiden Verfasser vor, bei Abstimmungen im Bundesrat künftig so zu verfahren wie im Bundestag. Weiland: "Enthaltungen im Bundesrat sollten künftig nicht mehr als Nein- Stimmen gewertet werden, für eine Mehrheit sollten nur die abgegebenen Ja- und Nein- Stimmen zählen. (...) 'Nicht- Entscheidungen' brächten die föderale Demokratie nicht voran, so Schäuble und Körper."



    Schäuble und Körper wollen also eine Sonderregelung in der Geschäftsordnung des Bundesrats aufheben.

    Sie mögen, lieber Leser, nicht glauben, daß Renate Künast diesen Vorschlag als undemokratisch bezeichnet hat? Lesen Sie, was sie laut dem Artikel in "Spiegel- Online" dazu gesagt hat:
    Die Grünen gingen am Freitag am weitesten und forderten indirekt Schäubles Rücktritt. "Dieser Minister hat entweder die Demokratie nicht verstanden, oder er will sie abschaffen", sagte die Fraktionschefin im Bundestag, Renate Künast. In beiden Fällen sei er als Innenminister untragbar.
    Ist da Renate Künast ein wenig durchgedreht? Vielleicht. Aber sie ist keineswegs allein. Der Bremer Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) gab zu Schäubles und Körpers Brief der "Neuen Osnabrücker Zeitung" ein Interview:
    "Das ist ein heftiger Anschlag auf parlamentarische, rechtsstaatliche Prinzipien, die sich seit knapp 60 Jahren bewährt haben." Der Vorstoß werde sich als Schuss in den Ofen erweisen.
    Den Vogel abgeschossen hat freilich nicht Künast und nicht Böhrnsen. Diese Ehre gebührt einmal mehr dem Meister der Feder und edlen Kämpfer gegen Tod und Schäuble Heribert Prantl. Dieser schreibt heute in der "Süddeutschen Zeitung" unter der Überschrift "Ein machtgeiler Plan":
    Dies ist ein machtgeiler Plan (...) Schon der zeitliche Zusammenhang mit dem mutmaßlichen Scheitern des BKA-Gesetzes disqualifiziert das machtlüsterne Vorhaben.



    Machtgeil? Machtlüstern? Ein Anschlag auf rechtsstaatliche Prinzipien? Der Versuch, die Demokratie abzuschaffen? Was ist in diese Politiker, was ist in Heribert Prantl gefahren?

    Es geht, wie Prantl richtig erkennt, um die "Parteien, die im Bundestag in der Opposition sitzen, aber in den Ländern mitregieren (also derzeit FDP, Grüne, Linkspartei)". Aber Schäuble und Körper wollen keineswegs, wie Prantl unterstellt, daß diese Parteien "bundespolitisch marginalisiert" werden, daß ihre "Chance, via Bundesrat mitzuregieren", verloren wäre ("perdu" schreibt der allseitig gebildete Prantl).

    Um Mitregieren geht es ja gerade nicht. Es geht um das Gegenteil - um Nichtregieren, um Blockieren.

    Schäuble und Körper sind sich klar darüber, daß - bedingt durch den Aufstieg der Kommunisten - in den kommenden Jahren Landesregierungen immer wahrscheinlicher werden, in denen entweder Kommunisten sitzen oder bei denen es sich um eine unnatürliche Koalition handelt. Damit meine ich Koaltionen, die beispielsweise - wie jetzt in Hamburg - von der Union und den Grünen gebildet werden. Oder eine "Ampel". Oder "Jamaika". Oder eine Große Koalition. Koalitionen zwischen Parteien also, die im politischen Spektrum weit voneinander entfernt sind.

    In solchen Fällen ist es wahrscheinlich, daß man sich innerhalb der Landesregierung nicht auf ein Abstimmungs- Verhalten im Bundesrat einigen kann. Die Koalitions- Vereinbarungen sehen dann regelmäßig die Enthaltung vor.

    Solange Enthaltungen wie "nein"- Stimmen behandelt werden, wird das dazu führen, daß im Bundesrat immer mehr Gesetze überhaupt nicht mehr verabschiedet werden können.

    Es droht die Gefahr einer Beeinträchtigung, ja einer Blockade der Gesetzgebungsarbeit, sofern der Bundesrat beteiligt ist. Denn die jeweilige Bundesregierung - wer immer sie stellt - hat dann nicht nur diejenigen Länder gegen sich, die von der bundespolitischen Opposition regiert werden, sondern zusätzlich alle, in denen die Kommunisten mitregieren oder in denen es eine unnatürliche Koalition gibt.

    Nicht um "Machtgeilheit" geht es also, wenn Schäuble und Körper einer solchen Entwicklung rechtzeitig vorbeugen möchten. Nicht um eine Abschaffung der Demokratie geht es, wie die unsägliche Frau Künast der Öffentlichkeit einreden will, sondern im Gegenteil darum, daß unser demokratischer Rechtsstaat auch in Zukunft funktioniert.



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    16. Oktober 2008

    Marginalie: Heribert Prantl und die Deutschen. Da staunste!

    So sieht er uns, der Heribert Prantl, in der heutigen "Süddeutschen Zeitung". Uns Bürger, um die herum die Finanzkrise tobt:
    Die Bürger sind bisher erstaunlich ruhig geblieben.

    Ihre innere Unruhe bricht sich nicht Bahn in Tollheit und Irrwitz

    Die Wähler gehen aber, wie sich zeigt, nicht zu denen, die schon immer erklärt haben, dass es zum Zusammenbruch kommen muss

    sondern sie wollen sich zunächst einmal auf die verlassen, die ihnen sagen, wie man da wieder herauskommt.

    Die Wähler sehen in den Parteien weniger die Verfechter von Ideologien als die Vertreter konkreter Positionen

    In der Finanzkrise ist die Bevölkerung daran interessiert, dass sich die Lage stabilisiert, nicht daran, dass sie sich dramatisiert.
    Das sind Zitate aus einem längeren Text. Von mir herausgerissen und montiert.

    Wenn ich ihn recht verstehe, dann will Heribert Prantl uns sagen, uns deutschen Bürgern: Ihr seid ja gar keine geistig minderbemittelten Nervenbündel.

    Tja, da staunste.



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