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27. März 2009

Zitat des Tages: "Die verbale Gewalt an den Stammtischen und in den Talkshows wächst". Die Finanzkrise. Der dumpfe Bodensatz. Journalisten

In Deutschland müssen die Mitarbeiter der großen Bankkonzerne und der Landesbanken, der Hypo Real Estate und der Finanzinvestoren noch nicht mit Tätlichkeiten rechnen. Aber die verbale Gewalt an den Stammtischen und in den Talkshows wächst. (...)

Unfair, weil viele der in der Wirtschaft Tätigen ganz sicher keine Schuld an der Entwicklung haben. Nicht einmal alle Banker, und übrigens auch nicht alle Vorstände, sind mitverantwortlich für die Entgleisungen des Kreditgeschäfts, deren Folgen uns derzeit quälen.


Marc Beise heute in der "Süddeutschen Zeitung" in einem Kommentar mit der Überschrift "Die blindwütige Verdammnis aller Anzugträger".

Kommentar: Vermutlich noch nie habe ich als "Zitat des Tages" solche Trivialitäten ausgewählt wie diese Sätze Marc Beises. Jedenfalls sind das drei der vier zitierten Sätze.

Ja, selbstverständlich müssen Finanz- Manager in Deutschland nicht mit Tätlichkeiten rechnen. Wo leben wir denn? In Kolumbien? In Somalia?

Ja, selbstverständlich haben viele - nein, haben fast alle "in der Wirtschaft Tätigen" keine Schuld an der Krise; wenn man überhaupt eine solche Krise mit der Kategorie der Schuld fassen will. Und natürlich hatten nicht nur "nicht alle" Banker etwas mit den Ursachen dieser Krise zu tun, sondern die meisten exakt nichts.

Das sind Selbstverständlichkeiten. Sie sind dennoch zitierenswert. Denn bezeichnend, ja entlarvend ist es, daß ein Journalist - immerhin der stellvertretende Wirschaftschef der "Süddeutschen Zeitung" - es für richtig hält, sie zu Papier zu bringen.

Nicht der Inhalt dieser Sätze ist bemerkenswert, sondern der Umstand, daß sie geschrieben und publiziert werden. Womit wir bei dem nicht trivialen Satz sind: "Aber die verbale Gewalt an den Stammtischen und in den Talkshows wächst".

Die verbale Gewalt nämlich gegen die "gierigen Manager"; groß unterschieden wird da ja längst nicht mehr. Es ist alles dasselbe Pack, dasselbe Gesocks in den Augen Vieler. Auf sie mit Gebrüll!



Daß es im Volk einen Bodensatz von Dumpfen gibt, die so denken, weil sie nicht weiter denken können, ist nichts Besonderes. Daß dieser Haß auf "die da oben" - die "Anzugträger" - manchmal auch Leute erfaßt, die einen Hauptschul- Abschluß haben, mag durchgehen. Nicht jeder benutzt ständig seinen Verstand.

Daß dieses primitive Denken, daß diese verbale Gewalt aber inzwischen "in den Talkshows" angekommen ist, wie es Beise zu Recht konstatiert - das ist es, worüber man sich Gedanken machen sollte.

Viele der Journalisten, die diese Talkshows zu verantworten haben, halten sich gern zugute, daß ihre Sendungen aufklärend wirken. Zunehmend findet das Gegenteil statt:

Es wird nicht über die Mechanismen aufgeklärt, die zu der jetzigen Krise geführt haben, sondern es werden Themen mit der Finanzkrise verknüpft, die mit ihren Ursachen exakt nichts zu tun haben; von Bonuszahlungen an Manager bis zur Entlassung einer Kassiererin. So letzten Sonntag Anne Will in ihren Fragen an die Kanzlerin.

Die Krise wird, mit anderen Worten, personalisiert. In dunkleren Zeiten waren es einmal "die Finanzjuden", die Zielpersonen solcher Personalisierungen waren. Heute sind es die "gierigen Manager". Klassenkampf ist angesagt.

Angesicht dieser Neigung vieler unserer Medien freut man sich schon, wenn einer in der "Süddeutschen Zeitung" Trivialitäten schreibt, die - eben weil sie trivial sind - wenigstens zutreffen.

In der jetzigen Stimmung, wie sie in Deutschland geschürt wird, ist es nachgerade mutig, wenn jemand in einer großen Zeitung die Geschäftswelt, wenn er Manager, wenn er gar - horribile dictu - Banker in Schutz nimmt.



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16. September 2008

Marginalie: "The biggest player in the financial services industry"

Das klang bedrohlich, was da vor vielleicht einer Stunde die Wallstreet- Korrespondentin von CNN, Maggie Lake, berichtete: AIG droht der Konkurs. Den wird es anmelden müssen, wenn nicht bis zum Ende des heutigen Geschäftstags - in New York ist es jetzt halb zwei Uhr - Geld aufgebracht wird, das das Unternehmen unbedingt braucht.

Nicht ganz wenig: 75.000.000.000 Dollar. Bis zum Ende des heutigen Geschäftstags, 75 Milliarden. Geliehen von einem Banken- Konsortium, mit dem die Verhandlungen laufen, und/oder als Überbrückungs- Kredit von der US- Notenbank.

Dies und die weiteren Daten, von denen Maggie Lake einige mitgeteilt hat, findet man z.B. aktuell bei Forbes:

American International Group ist mehr als nur ein Versicherungs- Unternehmen (das zweitgrößte der Welt). 103.000 Beschäftigte. Mehr als eine Billion (1.000.000.000.000) Dollar Vermögen. Es ist auch laut Forbes "arguably the biggest player in the financial services industry", vielleicht der größte Marktbeteiligte bei den Finanz- Dienstleistern.

Eine Katastrophe wäre ein Zusammenbruch von AIG, schreibt Forbes. Die Aktien von AIG sind heute um 40 Prozent gefallen. Die Ursache der Krise sind - wieder einmal der Schwarze Schwan - Kreditgeschäfte eines Unternehmensbereichs, der AIG Financial Products Corp., deren Risiko falsch eingeschätzt worden war.

Am wahrscheinlichsten ist es laut Forbes, daß der Konzern zerschlagen wird. Der Unternehmensbereich Flugzeug- Leasing könnte verkauft werden; aus dem Erlös könnten die Verpflichtungen bezahlt werden. Der Versicherungsbereich könnte erhalten bleiben, auch wenn andere Unternehmensbereiche in Konkurs gehen.

Maggie Lake von CNN wirkte recht aufgeregt. Sie sagte auch, daß AIG weltweit so verflochten sei, daß ein Konkurs wohl Auswirkungen in vielen Ländern hätte.



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