Achteinhalb Jahre Gefängnis. Das ist das Urteil für den Messermord von Kandel, in dem ein afghanischer Flüchtling seine Ex-Freundin brutal mit einem Brotmesser überfiel und mit etlichen Stichen zu Tode brachte. Achteinhalb Jahre.
Effektiv gute fünf, von denen auch acht Monate bereits durch die Untersuchungshaft abgesessen sind. Am Ende wird der Täter noch gute vier Jahre in einem deutschen Gefängnis sitzen und wird, zumindest wenn es nach unserer Regierung geht, auch dann kaum abgeschoben werden. Oder kurz: Es spricht einiges dafür, dass er Ende 2022 wieder auf deutschen Strassen unterwegs sein dürfte.
Es ist ein Urteil, das wütend macht: Dem Leben eines 15-jährigen Mädchens wird auf brutalste Art und Weise ein Ende gesetzt und als Sühne sitzt jemand dafür ganze fünf Jahre im Gefängnis. Und das Urteil ist vor allem deshalb so "milde", weil es dem Angeklagten bis zum Schluss gelungen ist sein Alter geheim zu halten. Seine eigene Behauptung 15 zu sein wurde vor Gericht widerlegt, laut Gutachten war er zum Tatzeitpunkt zwischen 17,5 und 21 Jahren alt, vermutlich 20. Da damit die unwahrscheinliche aber nicht auszuschließende Möglichkeit besteht, dass er zum Zeitpunkt des Mordes minderjährig war, blieb dem Gericht kaum etwas anderes übrig, als ein Urteil nach Jugendstrafrecht zu fällen. Seine Lüge hat keine Relevanz, Angeklagte dürfen lügen.
Auch sein Geständnis muss das Gericht strafmildernd berücksichtigen. Mal ab von der (recht skandalösen, aber juristisch wohl akzeptierten) Zschäpe-Ausnahme ist ein Geständnis auch dann als strafmildernd zu berücksichtigen, wenn die Tat vollkommen sicher einem Täter zugeordnet werden kann. Das man den Herrn mit dem Messer in der Hand festsetze, spielt an der Stelle keine Rolle. Er gestand das, was offensichtlich war, und das Gericht musste das als strafmildernd akzeptieren. Auch die vor Gericht eingebrachte Reue (man darf sich fragen wieviel Reue von einem jungen, als gewalttätig bekannten Erwachsenen ausgeht, der erst seine Ex-Freundin versuchte mit kompromittierenden Fotos einzuschüchtern und diese dann unter (laut Augenzeugen) großer persönlicher Befriedigung niederstach) muss das Gericht erst einmal hinnehmen.
Das einzige was das Gericht hätte tun können, um zu einem härteren Urteil zu kommen, wäre die besondere Schwere der Schuld gewesen. Womit man aber spätestens beim BGH gescheitert wäre. Woran hätte man die festmachen sollen? Messermorde sind leider derzeit nichts ungewöhnliches. Und auch früher hat es diese schon gegeben. Und nur ganz selten wird eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Wenn jemand ein Kind tagelang vergewaltigt und dann gezielt, womöglich noch quälend, umbringt, dann wird sich selbst der BGH schwer tun eine solche Feststellung zurückzuweisen. Aber bei einem "einfachen" Messermord?
Oder anders gesagt: Ich glaube nicht das die Richter viel anders hätten urteilen können (falls Sie, lieber Leser, hier Richterschelte erwartet haben, so muss ich Sie enttäuschen.).
Was aber nicht heisst, dass das Urteil in irgendeiner Form gerecht ist. Fünf Jahre für die brutale Ermordung eines Teenagers sind nicht gerecht. Und schon gar nicht sind sie gerecht, wenn sie im Wesentlichen nur deshalb zustande kommen, weil der Täter lügt, dass sich die Balken biegen. Solche Urteile, so wenig man den Richtern einen Vorwurf machen kann, sorgen für massiven Unfrieden im Rechtsstaat. Mal ehrlich: Wer könnte nicht nachvollziehen das der Vater des Mädchens in vier Jahren vor dem Gefängnistor wartete, um Gerechtigkeit herzustellen? Könnte man ihn dafür verurteilen? Gut, Marianne Bachmeier hat drei Jahre im Gefängnis gesessen, dafür das sie den Mörder ihrer Tochter erschoss, aber ihr wäre wenigstens vorzuwerfen, dass sie nicht abgewartet hat, ob und wie der Täter bestraft würde. Welche Strafe wäre hier angemessen?
Dazu kommt (auch hier keine Richterschelte), dass der Prozess nahezu im Geheimen stattfand, respektive stattfinden musste. Da es sich um eine Jugendstrafsache handelt, mit der oben beschriebenen Problematik, war die Verhandlung von vorneherein nicht öffentlich. Dazu gibt es auch keinen richterlichen Spielraum. Spielraum gegeben hätte es wohl bei der Urteilsbegründung, denn diese kann, muss aber nicht öffentlich sein. Das Gericht entschied sich in diesem Fall zur Nicht-Öffentlichkeit. Welche Gründe dabei ausschlaggebend waren, kann man nur raten. Und spekulativ auf Richter zu schimpfen wird sicher der Sache auch nicht helfen, also wird man es wohl hinnehmen müssen (Nichtöffentlichkeitsbeschlüsse können nicht angefochten werden. So lange niemand die Begründung durchsticht, wird es im Dunkeln bleiben.).
Aber auch das hinterlässt natürlich einen schalen Geschmack. Übrig bleibt das Bild eines brutalen Mörders, der schon zu Unrecht ins Land kam (sein Asylantrag war lange abgelehnt), und nur deshalb noch im Land war, weil er bezüglich seines Alters deutlich gelogen hatte. Der selbe Staat, der ihn schon zu Unrecht einreisen lies, ihn nicht abschob, sich einen Driss dafür interessierte wie alt er wirklich war, der ebenso wenig darauf gab, dass der Mann schon durch Gewalt- und Bedrohungsdelikte aufgefallen war, der selbe Staat verurteilt diesen Mann nun zu einer geradezu lächerlichen Haftstrafe und hält den Prozess auch noch geheim. All das ist in jeder einzelnen Entscheidung wohl erklärbar, aber als Gesamtbild ist es absolut verheerend.
Und gesellschaftszerstörend. Nicht nur weil die Leute das Urteil nicht verstehen, sondern auch wegen der Botschaft, die es aussendet. Der Mehrheitgesellschaft wird suggeriert das das Leben ihrer Kinder wenig wert ist. Den Gewalttätern wird suggeriert, dass sie wenig zu befürchten haben, sie können selbst minderjährige Mädchen ermorden, ohne wirklich Konsequenzen zu spüren. Und denen, die aus ihrer Kultur und Religion ein Überlegenheitsgefühl beziehen, fühlen sich ebenso bestätigt, wenn "die Ungläubigen" so dumm sind, dass sie nicht einmal ihre Kinder verteidigen können. Wer würde sich vom mitgebrachten Tribalismus lösen, wenn das die Alternative sein soll?
Es mag sein, dass das Urteil im Rahmen des deutschen Rechtsstaates nachvollziehbar ist, aber gesellschaftlich ist es verheerend. Oder anders gesagt: Der deutsche Rechtsstaat ist an diesem Vorgang kolossal gescheitert.
Effektiv gute fünf, von denen auch acht Monate bereits durch die Untersuchungshaft abgesessen sind. Am Ende wird der Täter noch gute vier Jahre in einem deutschen Gefängnis sitzen und wird, zumindest wenn es nach unserer Regierung geht, auch dann kaum abgeschoben werden. Oder kurz: Es spricht einiges dafür, dass er Ende 2022 wieder auf deutschen Strassen unterwegs sein dürfte.
Es ist ein Urteil, das wütend macht: Dem Leben eines 15-jährigen Mädchens wird auf brutalste Art und Weise ein Ende gesetzt und als Sühne sitzt jemand dafür ganze fünf Jahre im Gefängnis. Und das Urteil ist vor allem deshalb so "milde", weil es dem Angeklagten bis zum Schluss gelungen ist sein Alter geheim zu halten. Seine eigene Behauptung 15 zu sein wurde vor Gericht widerlegt, laut Gutachten war er zum Tatzeitpunkt zwischen 17,5 und 21 Jahren alt, vermutlich 20. Da damit die unwahrscheinliche aber nicht auszuschließende Möglichkeit besteht, dass er zum Zeitpunkt des Mordes minderjährig war, blieb dem Gericht kaum etwas anderes übrig, als ein Urteil nach Jugendstrafrecht zu fällen. Seine Lüge hat keine Relevanz, Angeklagte dürfen lügen.
Auch sein Geständnis muss das Gericht strafmildernd berücksichtigen. Mal ab von der (recht skandalösen, aber juristisch wohl akzeptierten) Zschäpe-Ausnahme ist ein Geständnis auch dann als strafmildernd zu berücksichtigen, wenn die Tat vollkommen sicher einem Täter zugeordnet werden kann. Das man den Herrn mit dem Messer in der Hand festsetze, spielt an der Stelle keine Rolle. Er gestand das, was offensichtlich war, und das Gericht musste das als strafmildernd akzeptieren. Auch die vor Gericht eingebrachte Reue (man darf sich fragen wieviel Reue von einem jungen, als gewalttätig bekannten Erwachsenen ausgeht, der erst seine Ex-Freundin versuchte mit kompromittierenden Fotos einzuschüchtern und diese dann unter (laut Augenzeugen) großer persönlicher Befriedigung niederstach) muss das Gericht erst einmal hinnehmen.
Das einzige was das Gericht hätte tun können, um zu einem härteren Urteil zu kommen, wäre die besondere Schwere der Schuld gewesen. Womit man aber spätestens beim BGH gescheitert wäre. Woran hätte man die festmachen sollen? Messermorde sind leider derzeit nichts ungewöhnliches. Und auch früher hat es diese schon gegeben. Und nur ganz selten wird eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Wenn jemand ein Kind tagelang vergewaltigt und dann gezielt, womöglich noch quälend, umbringt, dann wird sich selbst der BGH schwer tun eine solche Feststellung zurückzuweisen. Aber bei einem "einfachen" Messermord?
Oder anders gesagt: Ich glaube nicht das die Richter viel anders hätten urteilen können (falls Sie, lieber Leser, hier Richterschelte erwartet haben, so muss ich Sie enttäuschen.).
Was aber nicht heisst, dass das Urteil in irgendeiner Form gerecht ist. Fünf Jahre für die brutale Ermordung eines Teenagers sind nicht gerecht. Und schon gar nicht sind sie gerecht, wenn sie im Wesentlichen nur deshalb zustande kommen, weil der Täter lügt, dass sich die Balken biegen. Solche Urteile, so wenig man den Richtern einen Vorwurf machen kann, sorgen für massiven Unfrieden im Rechtsstaat. Mal ehrlich: Wer könnte nicht nachvollziehen das der Vater des Mädchens in vier Jahren vor dem Gefängnistor wartete, um Gerechtigkeit herzustellen? Könnte man ihn dafür verurteilen? Gut, Marianne Bachmeier hat drei Jahre im Gefängnis gesessen, dafür das sie den Mörder ihrer Tochter erschoss, aber ihr wäre wenigstens vorzuwerfen, dass sie nicht abgewartet hat, ob und wie der Täter bestraft würde. Welche Strafe wäre hier angemessen?
Dazu kommt (auch hier keine Richterschelte), dass der Prozess nahezu im Geheimen stattfand, respektive stattfinden musste. Da es sich um eine Jugendstrafsache handelt, mit der oben beschriebenen Problematik, war die Verhandlung von vorneherein nicht öffentlich. Dazu gibt es auch keinen richterlichen Spielraum. Spielraum gegeben hätte es wohl bei der Urteilsbegründung, denn diese kann, muss aber nicht öffentlich sein. Das Gericht entschied sich in diesem Fall zur Nicht-Öffentlichkeit. Welche Gründe dabei ausschlaggebend waren, kann man nur raten. Und spekulativ auf Richter zu schimpfen wird sicher der Sache auch nicht helfen, also wird man es wohl hinnehmen müssen (Nichtöffentlichkeitsbeschlüsse können nicht angefochten werden. So lange niemand die Begründung durchsticht, wird es im Dunkeln bleiben.).
Aber auch das hinterlässt natürlich einen schalen Geschmack. Übrig bleibt das Bild eines brutalen Mörders, der schon zu Unrecht ins Land kam (sein Asylantrag war lange abgelehnt), und nur deshalb noch im Land war, weil er bezüglich seines Alters deutlich gelogen hatte. Der selbe Staat, der ihn schon zu Unrecht einreisen lies, ihn nicht abschob, sich einen Driss dafür interessierte wie alt er wirklich war, der ebenso wenig darauf gab, dass der Mann schon durch Gewalt- und Bedrohungsdelikte aufgefallen war, der selbe Staat verurteilt diesen Mann nun zu einer geradezu lächerlichen Haftstrafe und hält den Prozess auch noch geheim. All das ist in jeder einzelnen Entscheidung wohl erklärbar, aber als Gesamtbild ist es absolut verheerend.
Und gesellschaftszerstörend. Nicht nur weil die Leute das Urteil nicht verstehen, sondern auch wegen der Botschaft, die es aussendet. Der Mehrheitgesellschaft wird suggeriert das das Leben ihrer Kinder wenig wert ist. Den Gewalttätern wird suggeriert, dass sie wenig zu befürchten haben, sie können selbst minderjährige Mädchen ermorden, ohne wirklich Konsequenzen zu spüren. Und denen, die aus ihrer Kultur und Religion ein Überlegenheitsgefühl beziehen, fühlen sich ebenso bestätigt, wenn "die Ungläubigen" so dumm sind, dass sie nicht einmal ihre Kinder verteidigen können. Wer würde sich vom mitgebrachten Tribalismus lösen, wenn das die Alternative sein soll?
Es mag sein, dass das Urteil im Rahmen des deutschen Rechtsstaates nachvollziehbar ist, aber gesellschaftlich ist es verheerend. Oder anders gesagt: Der deutsche Rechtsstaat ist an diesem Vorgang kolossal gescheitert.
Llarian
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