19. April 2018

Die Quote und die FDP

­Die Quote ist heute ein gesellschaftlich weithin akzeptiertes Instrument, um definierten Gruppen Zugang zu gesellschaftlicher Teilhabe im weitesten Sinne zu gewähren. Als Begründung für das Instrument der Quote dient gerne, dass die jeweilige Gruppe ohne die Quote benachteiligt würde. Die Benachteiligung wird dabei an der Asymmetrie im Hinblick auf die Teilhabe der jeweiligen Gruppe im Vergleich zu ihrem Reziprok festgemacht.

Ob diese Begründung stimmt, soll nicht das Thema dieses Beitrags sein. Einen Einwand zu ihr möchte ich jedoch formulieren: Asymmetrie entsteht nicht notwendig durch äußeren Druck, sondern auch durch freie Entscheidung. Das erscheint mir zumindest kein unerheblicher Einwand zu sein, in einer Gesellschaft mit liberal verfassten Rechtsstaat, inklusive dezidiertem Minderheitenschutz.

Ich möchte hier zunächst meine grundsätzlichen Einwände gegen das Instrument der Quote aus einer liberalen Warte heraus formulieren:

1) Die Quote ist kollektivistisch und antiindividualistisch
Eine Quote findet ihren Zugang zum Menschen nicht über das Individuum, sondern über ein Kollektiv, das nach Ansicht der Quotierenden den Menschen in einem solchen Maße ausmacht, dass er vorrangig danach beurteilt werden muß. Damit ist die Quote kollektivistisch und antiindividualistisch

2) Die Quote entbindet von Eigenverantwortung und ist daher antifreiheitlich
Die Quote ersetzt für ein Urteil intersubjektiv überprüfbare Kriterien durch die subjektive Sicht des Urteilenden. Damit entbindet sie das Individuum von Eigenverantwortung, da nicht das Verhalten, sondern die Sicht des Urteilenden den Ausschlag für ein Urteil gibt. Verantwortung, insbesondere die individuelle Verantwortung, ist jedoch eine notwendige Voraussetzung für Freiheit und moralisches Handeln. In diesem Sinne ist die Quote antifreiheitlich.

3) Die Quote ist diskriminierend
Wenn man eine definierte Gruppe gegenüber dem Reziprok dieser Gruppe bevorteilt, diskriminiert man damit das Reziprok. Da eine Quote inhaltliche Maßstäbe, welche eine faires, intersubjektiv überprüfbares Urteil ermöglichen, zum Vorteil einer bestimmten Gruppe ersetzt, ist sie damit auch automatisch diskriminierend.

4) Die Quote ist Planwirtschaft
Eine marktliberale Sicht ist die grundsätzliche Überzeugung, dass in einem freien, rechtssicheren Umfeld Angebot und Nachfrage den Austausch von Waren und Dienstleistungen am effizientesten regeln. Der Antipode hierzu ist die Planwirtschaft, die davon ausgeht, dass dies durch höhere Einsicht Einzelner über Quotierungen besser geregelt werden kann. In diesem Sinne ist die Quotierung des Interessenausgleichs, im Hinblick auf gesellschaftliche Teilhabe einzelner Gruppen, eine Form der Planwirtschaft.

5)  Die Quote impliziert eine chauvinistische Weltsicht
Dass in Deutschland durch das Gesetz alle Individuen formal und rechtlich gleichgestellt sind, läßt sich nur schwer anzweifeln. Die Forderung nach einer Quote für eine Gruppe enthält damit inhärent ein wertendes Urteil über diese Gruppe als unterlegen, weil ihr die Quote implizit die Fähigkeit abspricht, - unter gleichen Bedingungen für alle – aus eigener Kraft ihr Recht durchsetzen zu können.


Einmal davon abgesehen, dass mich die Dialektik interessieren würde, mit der eine liberale Partei für sich planwirtschaftliche, antifreiheitliche und diskriminierende Instrumente begründet, wundert mich etwas anderes im Zusammenhang mit der Frauenquote, unabhängig von liberal grundierten Einwänden, noch viel mehr: Man tut oftmals so, als sei die Mitgliedschaft einer Frau ein Wert an sich. Welcher Wert soll das sein, der über den Wert des Individuums hinausgeht? – Vor allem auch für einen liberal denkenden Menschen. Der gleiche Wert, welcher mit umgekehrtem Vorzeichen dem Mann zugeschrieben wird und den es mit einer Quote zu überwinden oder zu ersetzen gilt?

Der Kollektivismus schleicht auf leisen Sohlen, so leise, dass ihn eine Partei, welche individuelle Freiheit propagiert und das Wort "liberal" im Namen trägt, nicht zu hören scheint.

Zettel hat einmal vor anderem Hintergrund geschrieben: "Wann hat eine Religion, wann hat eine Ideologie vollständig gesiegt? Wenn selbst Kritiker sich in ihrem Rahmen bewegen."

Dieses Zitat scheint mir möglicherweise etwas zu kulturpessimistisch zu sein. Ich würde es dennoch unterschreiben aber die Ausgangsfrage eher so formulieren: "Wann hat eine Religion, wann hat eine Ideologie den Höhepunkt ihrer Macht erreicht?"

Ob daher der Versuch der Anbiederung der FDP an den "Quoten Zeitgeist" Erfolg hat, scheint mir zweifelhaft. Die üblichen Verdächtigen, denen selbst schon die Felle davon zu schwimmen scheinen, stellen zumindest fest, dass sogar die CSU schon weiter sei als die FDP.

So möchte ich schließen, mit einem leicht abgewandelten Lindner Zitat:

Es ist besser dem Wähler eine liberale Wahl zu lassen, als ihn in die "Nicht Wahl" zu treiben.

– Das der FDP ins Stammbuch.

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