11. Dezember 2016

Marginalie: Ronaldos Millionen und die Umwegrentabilität des Leistungssports

Cristiano Ronaldo hat nach Angaben seines Managements im vergangenen Jahr circa 227 Millionen Euro verdient. Das ist eine Menge Geld, welche jedoch - frei nach Maas - von dem portugiesischen Fußballstar erwirtschaftet und niemandem weggenommen wurde. Es gibt eben Vertragspartner, die bereit sind, dem 31-Jährigen für seine Leistungen derart ansehnliche Summen zu bezahlen.
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Interessanter als die schiere Höhe des Betrages ist dessen Zusammensetzung: Von seinem Arbeitgeber Real Madrid empfing Ronaldo nämlich "nur" 23,5 Millionen Euro an Gehalt; die übrigen 203,8 Millionen Euro, mithin rund 90 Prozent seines Jahreseinkommens, stammen aus anderen Quellen. Im Klartext bedeutet dies, dass der Star des spanischen Edelclubs durch Werbekontrakte und die sonstige Vermarktung seiner Person ein Vielfaches dessen einnimmt, was er mit seinem Kerngeschäft Fußball ins Verdienen bringt.

Auf das vergleichsweise unrentable Betätigungsfeld Lederkugeltreten kann der Kapitän des amtierenden Europameisterteams freilich nicht verzichten. Denn es sind ja gerade seine sportlichen Erfolge, die ihn als Reklameträger empfehlen. Eine große Karriere hallt auch nur begrenzt nach, und nicht vielen Athleten ist es vergönnt, nach dem Ende ihrer aktiven Laufbahn noch von der Werbewirtschaft begehrt zu werden: In Fußballdeutschland fällt einem außer Franz Beckenbauer kaum einer ein, dessen Strahlkraft die Jahrzehnte überdauert hat (auch wenn des Kaisers Nimbus in letzter Zeit einige Kratzer erfuhr). Auch sonst sind es lediglich die charismatischen Publikumslieblinge, wie zum Beispiel die in ihrer Biathletinnenzeit schon fast kultisch verehrte Magdalena Neuner, die nach ihrem Rücktritt von der Bühne des Kräftemessens noch als Testimonials gefragt sind.

Für Athleten in beliebten Disziplinen, in denen keine astronomischen Gehälter oder Preisgelder bezahlt werden, ist die Schere zwischen der Prämierung der sportlichen Leistung und dem  Werbewert der Personenmarke freilich besonders groß, was Versuche, sich aus dem Verbandsmanagement zu lösen und ein eigenes Marketing auf die Beine zu stellen, nachvollziehbar macht.

Die Spitzensportler sind sich der Türöffnerqualität ihrer athletischen Errungenschaften natürlich vollauf bewusst, was sich in ihrem Auftreten niederschlägt: Einsilbigkeit, Kamerascheu und nachlässiges Aussehen - Attribute, die sich die Heroen früherer Tage erlauben konnten - sind längst tabu. Die internationale Athletenriege versteht sich als Teil des Showbusiness und ist um ihren optischen und kommunikativen Eindruck ständig besorgt. Dies mag dafür verantwortlich sein, dass die Originale in den Reihen der Leistungsträger immer weniger werden. Darin unterscheidet sich das Phänomen Spitzensport gar nicht so sehr von den gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen.

Nachtrag 23.12.2016:

Das Manager-Magazin meldet nun, nicht Ronaldos Einkommen, sondern sein Vermögen habe sich anno 2015 auf 227 Milliarden belaufen. Mit Dank ins Kleine Zimmer an UEH.

Noricus

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