28. Juni 2011

Marginalie: Die Falschmeldung des Tages, diesmal von "Welt-Online"

Warum soll es auch immer "Spiegel-Online" sein, wo die Zeitungsenten watscheln.

In "Welt-Online" kann man seit 8.05 Uhr die Schlagzeile lesen "US-Präsidentschaftswahl - Republikanerin vergleicht sich mit Serienkiller". Offenbar sind sie völlig ausgerastet, diese Konservativen in den USA. Denkt man jedenfalls als Leser; soll man ja wohl denken.

In der Meldung heißt es:
Die republikanische Präsidentschaftskandidatin Michele Bachmann verwechselte im TV-Interview Westernheld John Wayne mit einem gleichnamigen Serienkiller. (...) Nachdem sie in ihrem Heimatort Waterloo (US-Staat Iowa) am Montag ihre Ambitionen auf das Weiße Haus kundgetan hatte, sagte sie dem Sender FoxNews, dass Westernlegende John Wayne ebenfalls aus der Stadt stamme. "Dieser Geist steckt auch in mir", sagte sie der Fernsehstation.

Die Zeitung "Los Angeles Times" ermittelte jedoch: Der berühmteste John Wayne aus Waterloo ist John Wayne Gacy, der in den 70er Jahren mehr als 30 junge Männer tötete und die Leichen in einem Verschlag in seinem Haus versteckte.
Ja, den gab es auch, diesen John Wayne Gacy. Aber hat die Kandidatin Bachmann ihn wirklich mit dem bekannten Westernhelden verwechselt? Keine Spur. Eine glatte Falschmeldung. Dazu das Internetmagazin Slate, das die Falschmeldung zunächst auch brachte, sie dann aber korrigierte, nachdem ihr Redakteur David Weigel eigene Recherchen angestellt hatte:
...while John Wayne may not be from Waterloo, his parents did meet there, giving the town at least a small claim to the movie star's legacy.

"Bachmann's problem, if we even want to call it that, is that she's been hopelessly defined as a gaffe-machine who flubs silly things," writes Weigel. "But she didn't pull this out of thin air! Waterloo has more of a claim on John Wayne than most other towns in America, excepting Winterset, Iowa and Los Angeles."

... wenn John Wayne auch nicht aus Waterloo sein mag, haben sich seine Eltern doch dort kennengelernt, was der Stadt zumindest ein gewisses Anrecht auf das Erbe des Filmstars gibt.

"Bachmanns Problem, wenn wir es überhaupt so nennen wollen, ist, daß sie hoffnungslos als eine Patzer-Maschine definiert wird, die Dummheiten hinpfuscht", schreibt Weigel. "Aber sie hat das nicht aus der Luft gegriffen! Waterloo hat ein größeres Anrecht auf John Wayne als die meisten Städte in Amerika, sieht man von Winterset im Bundesstaat Iowa und von Los Angeles ab".
Winterset, weil Wayne dort geboren wurde; Los Angeles natürlich wegen Hollywood. Und Waterloo im Bundesstaat Iowa eben, weil seine Eltern dort ihre Wurzeln hatten.

Warum wohl hat sie diesen Ruf einer "Patzer-Maschine" angeheftet bekommen, die Kandidatin Michele Bachmann, die beim ersten gemeinsamen Auftritt der republikanischen Bewerber um die Präsidentschafts-Kandidatur übrigens die beste Figur von allen gemacht hat?

Sie werden die Antwort ahnen: Michele Bachmann ist eine Erzkonservative; die Kandidatin der Tea Party-Bewegung.

Also wird sie von den linken Medien als ein Trampel hingestellt. Solange Sarah Palin nicht hat erkennen lassen, ob sie kandidieren wird, ist Michele Bachmann gewissermaßen ihre Platzhalterin, was dieses von den Medien aufgebaute und gepflegte Negativ-Image angeht. Auch "Welt-Online" stellt diesen Bezug her, wenn es in dem Artikel heißt:
In den vergangene Jahren hatte die frühere republikanische Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin mehrfach durch erhebliche Wissenslücken und andere peinliche Patzer für Aufsehen gesorgt.
Michele Bachmann ist aber so wenig wie Sarah Palin ein Dummköpfchen. Sie wußte über John Wayne - den Schauspieler - augenscheinlich besser Bescheid als ihre Kritiker, welche in den USA die Ente vom "Verwechseln" in die Welt setzten.

Und das deutsche "Welt-Online" setzte noch einen drauf. Denn die Behauptung in der Überschrift: "Republikanerin vergleicht sich mit Serienkiller" ist nun wirklich eine krasse Unwahrheit; oder sagen wir: eine hämische Verdrehung.

Denn verglichen hat sich Bachmann unstrittig mit dem Schauspieler John Wayne, und nicht mit einem Serienmörder. Ihr Patzer wäre allenfalls gewesen, daß der Schauspieler gar keine Wurzeln in Waterloo, Iowa, hatte; wo es hingegen den Serienmörder gegeben hatte. Auch dann hätte sich Bachmann offenkundig nicht mit einem Serienmörder verglichen; sondern sie hätte allenfalls mangelndes historisches Wissen offenbart.

Aber das hatte sie in diesem Fall, das historische Wissen. Anders als ihre Kritiker.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.