9. Oktober 2010

Zitat des Tages: S 21 - Ein Verfassungsrichter warnt vor Unregierbarkeit. Weswegen eigentlich der mediale Zirkus um einen einzigen Bahnhof?

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Voßkuhle, hat angesichts der Proteste gegen den Bahnhofsumbau in Stuttgart vor Unregierbarkeit gewarnt. Es drohten keine guten Verhältnisse, wenn in jahrelangen rechtsstaatlichen Prozessen gefällte Entscheidungen plötzlich infrage gestellt würden, sagte Voßkuhle gestern Abend in Freiburg. Es könne im Einzelfall dafür zwar gute Gründe geben, aber das sollte die absolute Ausnahme bleiben, meinte Voßkuhle.

Aus einer Meldung des Deutschlandfunks vom heutigen Samstag.


Kommentar: Der Verfassungsrichter Voßkuhle sagt das Offensichtliche, das aber in der Berichterstattung über die Ereignisse in Stuttgart so gut wie nicht vorkommt: Druck der Straße mit dem Ziel, Entscheidungen auszuhebeln, die auf einem rechtsstaatlich einwandfreien Weg zustandegekommen sind, ist in unserer Verfassung nicht vorgesehen.

Erstens haben wir keine plebiszitäre Demokratie, sondern eine repräsentative. Zweitens kennen auch Verfassungen mit stark plebiszitären Elementen - etwa diejenigen der Schweiz und von Bundesstaaten der USA - selbstverständlich klare Regeln dafür, wie eine solche direkte Intervention des Souveräns abzulaufen hat. Der Schweizer Autor M.M. hat darauf vor einigen Tagen im deutschen Blog "antibueroratieteam.net" aufmerksam gemacht.

Was sich in Stuttgart abspielt, das ist nicht ein Mehr an Demokratie, sondern es ist die Mißachtung demokratischer Prozeduren durch Bürger, von denen man nicht weiß, wie viele es sind, wie repräsentativ sie mit ihrer Meinung sind und vor allem, welche politischen Ziele sie denn eigentlich verfolgen.

Oder vielmehr, welche Ziele denn eigentlich diejenigen verfolgen, die den "Protest" organisieren; sowie ihre medialen Helfer, die ihn Abend für Abend in unsere Wohnstuben tragen. Das Thema ist seit Tagen ganz vorn in den Abendnachrichten.

Man muß wohl daran erinnern, daß es um ein kommunales Problem in der Stadt Stuttgart geht, nämlich wie dort die Eisenbahn geführt werden soll. Verfolgt man aber die Sendungen vor allem im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, dann gewinnt man den Eindruck, daß es sich um eine Frage von höchster innenpolitischer Bedeutung handelt.

Dieses Land bleibt aber dasselbe, ob nun der Hauptbahnhof der schönen Landeshauptstadt Stuttgart weiter ein Sackbahnhof ist, oder ob er zum Durchgangsbahnhof umgebaut wird; ob er sich über oder zu Teilen unter der Erde befindet.

Wozu also die bundesweite Aufgeregtheit? Wozu der ganze mediale Zirkus?

Die revolutionären Kommunisten, die kräftig mitorganisieren und die aus dem ganzen Land zum Demonstrieren nach Stuttgart gekommen sind, wissen es: Um uns der Revolution ein wenn auch nur kleines Stücklein näherzubringen (siehe "Bei Abriss Aufstand"; ZR vom 4. 10. 2010). Aber wissen es eigentlich auch die anderen?



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