3. Februar 2007

Klimawandel, Unheilspropheten, Wissenschaft

Das Klima hat sich immer geändert. Einen Klimawandel vorherzusagen ist also eine sichere Wette. Das Weltklima wird sich so gewißlich ändern, wie morgen wieder die Sonne aufgehen wird.

Als die Diskussion über den Klimawandel begann, in den achtziger Jahren, war das den meisten wohl nicht bewußt. Viele Nicht- Klimatologen schienen die Vorstellung zu haben, daß der Normalfall ein konstantes Klima ist, und daß jeder Wandel nur eine Normabweichung sein kann, also etwas Schlechtes. Etwas, das man zu fürchten hat.



Etwas, das man nicht nur einfach zu fürchten hat, sondern das man fürchten muß wie die Sünde. Denn den Klimawandel sah man kommen - ihn sahen jedenfalls die von der grün- ökologischen Weltsicht Erfaßten kommen - als eine Apokalypse.

Der Mensch, er versündigt sich an der Natur, indem er ihre Ressourcen plündert und seinen Dreck in sie hineinbläst. Und dafür wird die Strafe kommen, in Gestalt eines Treibhauseffekts, einer Globalen Erwärmung. Einer Sintflut.

Ja, einer Sintflut. Der "Spiegel" hatte damals, als das begann, eine Titelgeschichte, die diese religiöse Unterfütterung trefflich visualisierte: Eine Flut, aus der die Türme des Kölner Doms gerade eben noch herausragten, archengleich.



Sie wird kommen, die Sintflut, die Klimakatastrophe - es sei denn, wir kehren um. Das predigten sie, die Nachfahren der biblischen Propheten, wie diese zottelbärtig, zelotisch, dabei irdische Macht keineswegs verachtend.

Wie die biblischen Propheten forderten und fordern sie, wir sollten von unserer Gier ablassen - der Gier nach stromfressender Bequemlichkeit, nach Sprit fressenden Urlaubsflügen, nach weltlichem Tand ohne Rücksicht auf unser aller Mutter Gäa. (Da dringt dann ein wenig Heidnisches ins alttestamentarische Predigen ein, wie auch beim Verweis auf den "Häuptling Seattle" und sonst Erdverwurzeltes).




Wie die meisten Liberalen habe ich in diesen beiden Jahrzehnten der "Klima- Diskussion" immer einen skeptischen Standpunkt vertreten.

Eine Skepsis, die mir begründet erschien: Gewiß wird sich auch in Zukunft das Klima ändern, wie es sich immer geändert hat. Vor wenigen Jahrhunderten hatten wir ja beispielsweise noch eine Kleine Eiszeit. Vielleicht kommt als nächstes eine Erwärmung. Auch an sie werden wir uns anpassen. Für die Annahme einer Entwicklung, die sich als unbeherrschbar erweisen würde, schienen mir keine Anhaltspunkte vorzuliegen.

Anfangs waren die Daten, auf die sich die düsteren Prophezeihungen stützten, geradezu erbärmlich unvöllständig und oft widersprüchlich (zum Beispiel zeigten die Satellitenmessungen keine Erwärmung, sondern eher eine Abkühlung). Es gab und gibt jede Menge Fehlerquellen (zum Beispiel die Ausdehnung der städtischen Siedlungen, die zu einer Änderung des Mikroklimas in der Umgebung vieler Meßstationen führen).

Zudem ist das Wetter derart komplex - ja bekanntlich das Paradigma eines chaotischen Systems -, daß Extrapolationen außerordentlich riskant sind. Sie das jedenfalls damals waren, gegeben die seinerzeitigen simplen Modelle, auf Rechnern mit bescheidener Kapazität laufend.

Immer wieder haben Klimatologen auf diese Sachlage hingewiesen und es abgelehnt, voreilige Schlüsse zu ziehen. "Jumping to conclusions", das ist nicht die Art guter Wissenschaftler.

Dem stand und steht die unkritische, quasi- religiöse Gewißheit der Unheilspropheten gegenüber, zunehmend auch die Interessen einer wuchernden internationalen Klima- Bürokratie.

Wer rational denkt, wer Politik nicht als Religionsersatz versteht; wer politisches Handeln als vernünftigen Interessenausgleich sieht und nicht als ein Unternehmen mit dem Ziel, das Böse aus der Welt zu verbannen, - der konnte und kann solchem quasireligiösen Raunen und Prophezeien, Drohen und Verheißen nichts abgewinnen. Er wird zu der Position neigen: Wir wissen viel zu wenig, um jetzt schon eine katastrophenähnliche Klimaänderung prognostizieren zu können.



Nun ist aber ein caveat zu beachten. Die Negation von "Ich glaube, daß X der Fall ist" lautet: "Ich glaube nicht, daß X der Fall ist". Sie lautet nicht "Ich glaube, daß X nicht der Fall ist".

Das Eine kann aber leicht ins Andere umschlagen. Die rationale, den Tatsachen angemessene Skepsis kann ihrerseits Glaubenscharakter bekommen. Ich habe dem zu widerstehen versucht, mich aber doch gelegentlich dabei ertappt, der Hypothese eines Nicht- Klimawandels größere Wahrscheinlichkeit einzuräumen als der Hypothese eines Klimawandels.

Dennoch schien mir die Hypothese eines bevorstehenden Wandels allmählich wahrscheinlicher zu werden. Maßgeblich war, daß sich die Ergebnisse der Satellitenmessungen mit denen der Erdstationen vereinbaren ließen, ohne noch der Hypothese einer Erwärmung zu widersprechen. Maßgeblich war auch eine gewisse Konvergenz der Modelle. Am meisten überzeugt haben mich Beobachtungen wie der Rückgang der Gletscher, die Veränderungen in Flora und Fauna.



Haben wir Skeptiker uns also geirrt? Nein. Wir haben uns zu Recht denen entgegengestellt, die damals, vor zwanzig Jahren, aus unzureichenden Daten viel zu weitreichende Behauptungen abgeleitet haben.

Nun - nachdem wir um Größenordnungen mehr und bessere Daten haben, nachdem die Messungen und Beobachtungen von zwanzig Jahren hinzugetreten sind - sieht es so aus, als hätten sie mit ihren Befürchtungen richtig gelegen. Sicher ist das noch immer bei weitem nicht; aber es spricht wohl mehr dafür als dagegen, daß wir einer globalen Erwärmung relativ starken Ausmaßes entgegengehen, an der auch Emissionen ihren Anteil haben.

Das ist halt immer auch eine Möglichkeit bei Propheten. Auch Kassandra behielt Recht.

Nur haben viele Kassandras immer viele Ahnungen geäußert, die sich nicht bestätigten. Propheten ist nicht zu trauen. Ein blindes Huhn wird nicht dadurch zum erfolgreichen Futterpicker, daß es ein Korn findet.