Wenn wir richtig schön lachen, dann entblößen wir unser Gebiß und stoßen laute, rhythmische Laute aus. In der Regel als Gruppe. Lachen ist ansteckend. Lachen ist sozial, und es spricht alles dafür, daß es eine biologische Grundlage hat. Eine Gesellschaft oder eine Kultur, in der nicht gelacht werden würde, ist nicht bekannt.
Warum wir lachen, das ist - wie könnte es anders sein - wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt. Freud vermutete, daß der Witz das Realitätsprinzip negiert und dadurch Verdrängtes freisetzt. Heutige Evolutionsbiologen wie Robert R. Provine sehen eher die soziale Funktion des Lachens. Vielleicht ist es zunächst aus dem Schnaufen beim heftigen Spiel entstanden, wird spekuliert. Richtig lachen konnten unsere Vorfahren erst, als sie sich aufgerichtet hatten, wodurch der Thorax von seiner Stützfunktion befreit und das Atmen kontrollierbar wurde. Damit konnte die spezielle motorische Koordination beim Lachen, eine Koordination der gesamten Atem- und Mund- Muskulatur wie beim Sprechen, einer sozialen Funktion verfügbar werden.
Welcher? Manche, wie Provine, heben hervor, daß man lacht, wenn man gekitzelt wird. Schon Säuglinge tun das. Wenn man sich selbst kitzelt, lacht man nicht. Das Lachen ist eine soziale Reaktion auf einen sozialen Reiz, auf eine bestimmte Art des - im Wortsinn - Angerührtwerdens durch andere. Ein kaum unterdrückbarer Automatismus. Angeblich hat man ja Menschen zu Tode zu foltern versucht, indem man von diesem Automatismus Gebrauch machte.
Aber die meisten Lacher erzeugt, jedenfalls beim erwachsenen westlichen Menschen, nicht das Gekitzeltwerden, sondern Humoristisches. Humor, das heißt eigentlich Saft, Flüssigkeit. Was da fließt und überfließt und aus uns herausfließt, wenn wir über etwas Lustiges lachen, das ist meist ein Gefühl der Überlegenheit.
Eine der evolutionären Theorien des Lachens, die vor einem Jahr von den beiden Biologen Thomas Gervais und David Sloan Wilson publiziert wurde, meint, daß das ursprünglichste Lachen das Lachen über ein Mißgeschick ist. Ungeschicktes, Unschickliches auch, wie Stolpern und Pupsen, das einem anderen widerfährt. Stolpern, so spekuliert diese Theorie, passierte häufig in der Zeit, in der unsere Ahnen den aufrechten Gang erwarben. Wenn ein Gruppenmitglied stolperte, dann wurde gelacht - es war ein Mißgeschick passiert, aber doch kein allzu großes. Wie beim Pupsen, so sagt diese hübsche (und im einzelnen sehr komplexe) Theorie. Und wie auch sonst, wenn eine "nicht ernsthafte soziale Inkongruenz" eintritt. Da macht man sich lustig, da löst sich alles in befreiendes und vereinendes Lachen auf. Auf Kosten desjenigen, den das Mißgeschick traf.
Damit verstehen wir, wieso solche TV-Sendungen wie "Upps - die Pannenshow" (Super-RTL) so erfolgreich sein können, in denen eigentlich nichts als eine Aneinanderreihung von Mißgeschicken gezeigt wird. Pferd und Reiter purzeln über eine Hürde, ein Go-Cart überschlägt sich, dergleichen. Was ist daran lustig? Es ist lustig, und kaum jemand kann sich dem Impuls zum Lachen entziehen, wenn jemand auf einer Bananenschale ausrutscht. "Wo ist da der Witz?", das mag eine akademische Frage sein. Für unser Homo- Sapiens- Gehirn ist es keine Frage. So wenig wie bei der Sahnetorte im Gesicht.
Wenn der - oder sagen wir vorsichtiger: ein - Kern des Humors diese evolutionär alte, automatisch ausgelöste Reaktion ist, über Mißgeschick - sofern es nicht wirklich schlimm ist - zu lachen, dann gibt es offensichtlich für den Humoristen zwei Wege, auf denen er uns zum Lachen bringen kann: Er kann entweder selbst als Opfer von Mißgeschicken auftreten, oder er kann andere dieser Art von Lächerlichkeit preisgeben.
Das erste ist die Methode des Dummen August im Zirkus und des klassischen Slapstick im Kino - von Charlie Chaplin, von Buster Keaton, von Laurel und Hardy zum Beispiel. Sie tappen von einem Ungemach ins nächste, sie stolpern sozusagen durchs Leben, und wir lachen darüber. Gewiß, unser Lachen ist nicht hämisch; Mitgefühl haben wir schon mit diesen armen Kerlen. Aber es ist doch eben ihr Mißgeschick, und im Grunde nichts anderes als dieses ihr Leiden, was uns zum Lachen reizt.
Ein running gag in Buster Keatons wunderbarem The Cameraman besteht darin, daß Buster mit seinem unhandlichen Kameragestell auf der Schulter durch eine Glastür will und diese dabei zerdeppert. Das tut er wieder und wieder, durch den ganzen Film. Und wieder und wieder können wir nicht anders, als lauthals lachen über dieses sich wiederholende Mißgeschick unseres doch eigentlich sympathischen Helden.
Das Mißgeschick war im Slapstick meist körperlicher Natur; später verschob es sich oft mehr in Richtung aufs Peinliche, wie bei Peter Sellers (für mich am Schönsten in The Party) und - sozusagen obersuperpeinlich - bei Rowan Atkinson als Mr. Bean. Oder es war sprachliches Mißgeschick, wie bei Karl Valentin und Heinz Erhardt.
Jacques Tati hat den von klassischen Slapstick- Mißgeschicken (wenngleich von der sanfteren Art) verfolgten Helden noch einmal mit Meisterschaft dargestellt. Doch da war (wie auch in Chaplins Modern Times) das Mißgeschick schon nicht mehr nur zum Lachen. Es trug eine Botschaft, bei Chaplin leise, bei Tati eindringlicher, um nicht zu sagen penetrant: Es ist die moderne Welt, es sind die Auswüchse der modernen Technik, die den ihr ausgelieferten Menschen von Mißgeschick zu Mißgeschick treiben. Da wurde nicht mehr nur gestolpert, sondern doch schon ziemlich der Zeigefinger erhoben. Ein veredeltes Kunststolpern, sozusagen.
Damit nähern wir uns der zweiten Art, wie der Humorist unsere angeborene Neigung, auf Mißgeschick Anderer mit Lachen zu reagieren, ansprechen kann: Nicht, indem er das Opfer solchen Mißgeschicks gibt, sondern indem er sich gewissermaßen auf unsere, der sich darüber durch ihr Lachen Erhebenden, Seite stellt.
Das ist die Rolle des klassischen politischen Kabarettisten. Er stolpert nicht, weder körperlich, noch verbal. Er führt den Stolpernden nicht in dem Sinn vor, daß er ihn spielt, den Stolpernden. Sondern er "führt" ihn in einem anderen Wortsinn "vor", indem er ihn bloßstellt.
Er will uns ja aufklären. Uns zum Lachen bringen, ja schon. Aber nicht um des Lachens willen. Sondern indem er uns darauf aufmerksam macht, wie andere stolpern und wie schlimm das ist. Die Politiker zumal sind Stolpernde. Die Reichen. Die Mächtigen. Kurz alle, die - so sieht es unser politischer Kabarettist - es verdient haben, daß wir uns an ihrem Stolpern, an ihrem Ausrutschen ergötzen.
In der alten Bundesrepublik wurde diese Art von Lächerlichmachen mit hohem moralischem Anspruch hingebungsvoll gepflegt - von politischen (oder, wie sich manchmal auch nannten) literarischen Kabaretts, oft und zunehmend dann auch von Einzelkünstlern. Wir kennen sie alle: Die "Insulaner" und die "Stachelschweine" in Berlin. Das "Kom(m)ödchen" in Düsseldorf. Die "Schmiere" in Frankfurt. Hanns Dieter Hüsch, Franz Josef Degenhardt, Dietrich Kittner.
Wir sollten lachen bei ihren Auftritten, ja. Aber das Lachen sollte uns doch auch im Halse steckenbleiben. Denn das Gestolpere, das sie uns vorführten, war ja die Anarchie des Kapitalismus, die Gemeinheit der Mächtigen, gar die Schlechtigkeit der Welt überhaupt.
Davon ist heute wenig geblieben. Wenn im Nachtprogramm eines öffentlich-rechtlichen Senders Dieter Hildebrandt seinen "Scheibenwischer" zelebrierte, dann wirkte das in letzter Zeit nostalgisch, fast schon rührend.
Stattdessen haben wir Harald Schmidt. Er ist das Muster eines Vertreters derjeniger Humoristen, die um keinen Preis selbst stolpern wollen. Zu stottern wie Heinz Erhardt, sich in der Sprache zu verheddern wie Karl Valentin - das käme ihm nicht in den Sinn. Jeder seiner Auftritte signalisiert uns im Gegenteil, wie intelligent der Mann ist, wie er alles durchschaut und unter Kontrolle hat.
Dabei hält er auf eine beeindruckende Weise die Balance zwischen Ernsthaftigkeit, Zynismus und Verarschung. Er redet über seine religiöse Überzeugung so, wie er über Politiker witzelt. Er ist imstande, die Verleihung des Bambi zu moderieren und dabei den Ton, der dort bei der Moderation üblich ist, halb zu perfektionieren und halb zu parodieren. Die Dummen hören nur die Perfektion, die Intelligenten hören die Parodie heraus.
Und Borat? Tja, der ist noch besser als Harald Schmidt. Wie dieser beherrscht er perfekt diese Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Parodie, wie dieser - nein, ungleich heftiger - setzt er sie ein, um seine Opfer zu verarschen.
Aber Cohen hat mit dieser Figur Borat noch etwas anders gemacht: Dieser Borat ist ja zugleich auch ein Tölpel, ein ständig Stolpernder. Die beiden Grundfiguren des szenischen Humors, der Humorist als Stolpernder und als das Stolpern anderer uns Vorführender - das hat Cohen in dieser Figur des Borat perfekt miteinander verbunden.
Wir können - wie bei Harald Schmidt - mit ihm über andere lachen. Und wir können zugleich - wie bei Charlie Chaplin - über ihn selbst lachen. Genial.
Warum wir lachen, das ist - wie könnte es anders sein - wissenschaftlich noch nicht ganz geklärt. Freud vermutete, daß der Witz das Realitätsprinzip negiert und dadurch Verdrängtes freisetzt. Heutige Evolutionsbiologen wie Robert R. Provine sehen eher die soziale Funktion des Lachens. Vielleicht ist es zunächst aus dem Schnaufen beim heftigen Spiel entstanden, wird spekuliert. Richtig lachen konnten unsere Vorfahren erst, als sie sich aufgerichtet hatten, wodurch der Thorax von seiner Stützfunktion befreit und das Atmen kontrollierbar wurde. Damit konnte die spezielle motorische Koordination beim Lachen, eine Koordination der gesamten Atem- und Mund- Muskulatur wie beim Sprechen, einer sozialen Funktion verfügbar werden.
Welcher? Manche, wie Provine, heben hervor, daß man lacht, wenn man gekitzelt wird. Schon Säuglinge tun das. Wenn man sich selbst kitzelt, lacht man nicht. Das Lachen ist eine soziale Reaktion auf einen sozialen Reiz, auf eine bestimmte Art des - im Wortsinn - Angerührtwerdens durch andere. Ein kaum unterdrückbarer Automatismus. Angeblich hat man ja Menschen zu Tode zu foltern versucht, indem man von diesem Automatismus Gebrauch machte.
Aber die meisten Lacher erzeugt, jedenfalls beim erwachsenen westlichen Menschen, nicht das Gekitzeltwerden, sondern Humoristisches. Humor, das heißt eigentlich Saft, Flüssigkeit. Was da fließt und überfließt und aus uns herausfließt, wenn wir über etwas Lustiges lachen, das ist meist ein Gefühl der Überlegenheit.
Eine der evolutionären Theorien des Lachens, die vor einem Jahr von den beiden Biologen Thomas Gervais und David Sloan Wilson publiziert wurde, meint, daß das ursprünglichste Lachen das Lachen über ein Mißgeschick ist. Ungeschicktes, Unschickliches auch, wie Stolpern und Pupsen, das einem anderen widerfährt. Stolpern, so spekuliert diese Theorie, passierte häufig in der Zeit, in der unsere Ahnen den aufrechten Gang erwarben. Wenn ein Gruppenmitglied stolperte, dann wurde gelacht - es war ein Mißgeschick passiert, aber doch kein allzu großes. Wie beim Pupsen, so sagt diese hübsche (und im einzelnen sehr komplexe) Theorie. Und wie auch sonst, wenn eine "nicht ernsthafte soziale Inkongruenz" eintritt. Da macht man sich lustig, da löst sich alles in befreiendes und vereinendes Lachen auf. Auf Kosten desjenigen, den das Mißgeschick traf.
Damit verstehen wir, wieso solche TV-Sendungen wie "Upps - die Pannenshow" (Super-RTL) so erfolgreich sein können, in denen eigentlich nichts als eine Aneinanderreihung von Mißgeschicken gezeigt wird. Pferd und Reiter purzeln über eine Hürde, ein Go-Cart überschlägt sich, dergleichen. Was ist daran lustig? Es ist lustig, und kaum jemand kann sich dem Impuls zum Lachen entziehen, wenn jemand auf einer Bananenschale ausrutscht. "Wo ist da der Witz?", das mag eine akademische Frage sein. Für unser Homo- Sapiens- Gehirn ist es keine Frage. So wenig wie bei der Sahnetorte im Gesicht.
Wenn der - oder sagen wir vorsichtiger: ein - Kern des Humors diese evolutionär alte, automatisch ausgelöste Reaktion ist, über Mißgeschick - sofern es nicht wirklich schlimm ist - zu lachen, dann gibt es offensichtlich für den Humoristen zwei Wege, auf denen er uns zum Lachen bringen kann: Er kann entweder selbst als Opfer von Mißgeschicken auftreten, oder er kann andere dieser Art von Lächerlichkeit preisgeben.
Das erste ist die Methode des Dummen August im Zirkus und des klassischen Slapstick im Kino - von Charlie Chaplin, von Buster Keaton, von Laurel und Hardy zum Beispiel. Sie tappen von einem Ungemach ins nächste, sie stolpern sozusagen durchs Leben, und wir lachen darüber. Gewiß, unser Lachen ist nicht hämisch; Mitgefühl haben wir schon mit diesen armen Kerlen. Aber es ist doch eben ihr Mißgeschick, und im Grunde nichts anderes als dieses ihr Leiden, was uns zum Lachen reizt.
Ein running gag in Buster Keatons wunderbarem The Cameraman besteht darin, daß Buster mit seinem unhandlichen Kameragestell auf der Schulter durch eine Glastür will und diese dabei zerdeppert. Das tut er wieder und wieder, durch den ganzen Film. Und wieder und wieder können wir nicht anders, als lauthals lachen über dieses sich wiederholende Mißgeschick unseres doch eigentlich sympathischen Helden.
Das Mißgeschick war im Slapstick meist körperlicher Natur; später verschob es sich oft mehr in Richtung aufs Peinliche, wie bei Peter Sellers (für mich am Schönsten in The Party) und - sozusagen obersuperpeinlich - bei Rowan Atkinson als Mr. Bean. Oder es war sprachliches Mißgeschick, wie bei Karl Valentin und Heinz Erhardt.
Jacques Tati hat den von klassischen Slapstick- Mißgeschicken (wenngleich von der sanfteren Art) verfolgten Helden noch einmal mit Meisterschaft dargestellt. Doch da war (wie auch in Chaplins Modern Times) das Mißgeschick schon nicht mehr nur zum Lachen. Es trug eine Botschaft, bei Chaplin leise, bei Tati eindringlicher, um nicht zu sagen penetrant: Es ist die moderne Welt, es sind die Auswüchse der modernen Technik, die den ihr ausgelieferten Menschen von Mißgeschick zu Mißgeschick treiben. Da wurde nicht mehr nur gestolpert, sondern doch schon ziemlich der Zeigefinger erhoben. Ein veredeltes Kunststolpern, sozusagen.
Damit nähern wir uns der zweiten Art, wie der Humorist unsere angeborene Neigung, auf Mißgeschick Anderer mit Lachen zu reagieren, ansprechen kann: Nicht, indem er das Opfer solchen Mißgeschicks gibt, sondern indem er sich gewissermaßen auf unsere, der sich darüber durch ihr Lachen Erhebenden, Seite stellt.
Das ist die Rolle des klassischen politischen Kabarettisten. Er stolpert nicht, weder körperlich, noch verbal. Er führt den Stolpernden nicht in dem Sinn vor, daß er ihn spielt, den Stolpernden. Sondern er "führt" ihn in einem anderen Wortsinn "vor", indem er ihn bloßstellt.
Er will uns ja aufklären. Uns zum Lachen bringen, ja schon. Aber nicht um des Lachens willen. Sondern indem er uns darauf aufmerksam macht, wie andere stolpern und wie schlimm das ist. Die Politiker zumal sind Stolpernde. Die Reichen. Die Mächtigen. Kurz alle, die - so sieht es unser politischer Kabarettist - es verdient haben, daß wir uns an ihrem Stolpern, an ihrem Ausrutschen ergötzen.
In der alten Bundesrepublik wurde diese Art von Lächerlichmachen mit hohem moralischem Anspruch hingebungsvoll gepflegt - von politischen (oder, wie sich manchmal auch nannten) literarischen Kabaretts, oft und zunehmend dann auch von Einzelkünstlern. Wir kennen sie alle: Die "Insulaner" und die "Stachelschweine" in Berlin. Das "Kom(m)ödchen" in Düsseldorf. Die "Schmiere" in Frankfurt. Hanns Dieter Hüsch, Franz Josef Degenhardt, Dietrich Kittner.
Wir sollten lachen bei ihren Auftritten, ja. Aber das Lachen sollte uns doch auch im Halse steckenbleiben. Denn das Gestolpere, das sie uns vorführten, war ja die Anarchie des Kapitalismus, die Gemeinheit der Mächtigen, gar die Schlechtigkeit der Welt überhaupt.
Davon ist heute wenig geblieben. Wenn im Nachtprogramm eines öffentlich-rechtlichen Senders Dieter Hildebrandt seinen "Scheibenwischer" zelebrierte, dann wirkte das in letzter Zeit nostalgisch, fast schon rührend.
Stattdessen haben wir Harald Schmidt. Er ist das Muster eines Vertreters derjeniger Humoristen, die um keinen Preis selbst stolpern wollen. Zu stottern wie Heinz Erhardt, sich in der Sprache zu verheddern wie Karl Valentin - das käme ihm nicht in den Sinn. Jeder seiner Auftritte signalisiert uns im Gegenteil, wie intelligent der Mann ist, wie er alles durchschaut und unter Kontrolle hat.
Dabei hält er auf eine beeindruckende Weise die Balance zwischen Ernsthaftigkeit, Zynismus und Verarschung. Er redet über seine religiöse Überzeugung so, wie er über Politiker witzelt. Er ist imstande, die Verleihung des Bambi zu moderieren und dabei den Ton, der dort bei der Moderation üblich ist, halb zu perfektionieren und halb zu parodieren. Die Dummen hören nur die Perfektion, die Intelligenten hören die Parodie heraus.
Und Borat? Tja, der ist noch besser als Harald Schmidt. Wie dieser beherrscht er perfekt diese Balance zwischen Ernsthaftigkeit und Parodie, wie dieser - nein, ungleich heftiger - setzt er sie ein, um seine Opfer zu verarschen.
Aber Cohen hat mit dieser Figur Borat noch etwas anders gemacht: Dieser Borat ist ja zugleich auch ein Tölpel, ein ständig Stolpernder. Die beiden Grundfiguren des szenischen Humors, der Humorist als Stolpernder und als das Stolpern anderer uns Vorführender - das hat Cohen in dieser Figur des Borat perfekt miteinander verbunden.
Wir können - wie bei Harald Schmidt - mit ihm über andere lachen. Und wir können zugleich - wie bei Charlie Chaplin - über ihn selbst lachen. Genial.
Titelvignette: Der Ha Ha Guy; eine Werbefingur, die in den USA für Forbes Dry Plates warb, in der Frühzeit der Fotografie.