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2. Juli 2009

Kurioses, kurz kommentiert: Warum werden auf französischen Speisekarten seit gestern Preise durchgestrichen?

Über das Essen in Frankreich war in diesem Blog immer einmal wieder zu lesen; zuletzt im März über eine statistische Erhebung der Preise in französischen Restaurants. Und siehe da - so teuer ist es gar nicht, in Frankreich Essen zu gehen.

Vergleicht man gleiche Leistungen, dann ist es sogar eher günstiger als in Deutschland. Nur daß man das, was in Frankreich selbstverständlich ist - ein Menü zum Festpreis - in Deutschland unterhalb der Spitzengastronomie ja nur selten angeboten bekommt.

Warum damals diese Erhebung? Weil die französische Regierung eine Senkung der Mehrwertsteuer für Restaurants erwog und dazu eine empirische Grundlage haben wollte. Und zwar keine geringe Herabsetzung der TVA: Von 19,6 Prozent auf 5,5 Prozent.

So weit, so gut, so vernünftig. Steuersenkungen sind im etatistischen Frankreich nicht eben häufig; umso erfreulicher, daß hier einmal kräftig gesenkt werden sollte. Noch dazu auf einem für die Franzosen so wichtigen Gebiet wie dem Restaurant- Besuch, qu'on s'offre - den man sich leistet, den man sich selbst schenkt, den man sich gönnt. Kurz, der ein Teil des guten Lebens ist; nein, des Lebens überhaupt.

Gestern nun, am 1. Juli, ist diese Steuersenkung in der Tat Wirklichkeit geworden. Die Restaurants, in heftigem Wettbewerb stehend, werden die Senkung ihrer Kosten um mehr als zehn Prozent doch gewiß an ihre Gäste weitergeben?

Weit gefehlt! Denkt man jedenfalls offenbar im Hôtel Matignon, dem Sitz der des französischen Regierungschefs. Also verlangte man von den Restaurants eine Selbstverpflichtung. Und die nun zeigt, welche bürokratische Schmarrn sich dieses Land leistet, von dem viele Deutsche denken, es sei das Land der Freiheit.

Die Selbstverpflchtung nämlich beinhaltet, daß die Preise von genau sieben Angeboten gesenkt werden müssen: Einer Vorspeise, einem Hauptgericht (Fleisch oder Fisch), einem Tagesgericht, einem Dessert, einem Menü aus Vorspeise und Hauptgericht, einem Kindermenü, einem nichtalkoholischen Getränk.

Und nicht genug damit: Diese Preissenkungen müssen auch noch auf der Karte für jedes dieser sieben Angebot vermerkt werden. ("Statt bisher ... nur noch"). Und sie müssen klar sichtbar in im Schaukasten des Restaurants angebracht werden. Mit - auch das ist im Wortlaut vorgeschrieben - dem Aushang "La TVA baisse, les prix aussi" (Die Mehrwertsteuer sinkt, die Preise auch).



Die Franzosen trauen halt nicht den Kräften des freien Markts. Es erfaßt sie ein Unbehagen, wenn irgend etwas nicht staatlich verordnet, kontrolliert, reguliert ist. Sie fühlen sich dann wohl so ähnlich wie ein Kind, dem im Gewühl seine Eltern abhanden gekommen sind.

Aber ein genormtes Schild, das verrät, was billiger geworden ist - da weiß man doch, was man hat. Oder genauer: Was man vom allmächtigen Staat geschenkt bekommen hat.



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25. März 2009

Gedanken zu Frankreich (30): Wie teuer sind französische Restaurants? Jetzt ist es amtlich ...

Zu den offenbar schwer ausrottbaren Vorurteilen über Frankreich gehört, daß man dort in den Restaurants teuer ißt. Ein wenig Überlegung zeigt, daß das eigentlich von vornherein eher unwahrscheinlich ist. Denn in Frankreich wird ungleich öfter in Restaurants gegessen als in Deutschland.

Das zeigt erstens, daß viele Franzosen sich das offenbar leisten können, obwohl der durchschnittliche Verdienst ja keineswegs höher ist als in Deutschland. Zweitens sind diese Restaurants überwiegend gut besucht, können also günstiger kalkulieren als viele deutsche Betriebe, die froh sind, wenn sie am Abend vielleicht zwanzig Essen verkaufen. Auch das läßt nicht erwarten, daß das Essengehen in Frankreich teurer ist als in Deutschland.

Vor der Einführung des Euro war der Preisvergleich mühsam. Heute kann jeder, der die Preise französischer Restaurants mit denen in Deutschland vergleicht, zwei Fakten konstatieren: Erstens, in Frankreich bezahlt man für etwas anderes als in Deutschland. Zweitens, wenn man gleiche Leistungen vergleicht, dann ißt man in Frankreich billiger.



Man bezahlt für etwas anderes, weil man in Frankreich ein Menü bestellt und in Deutschland in der Regel ein einziges Gericht.

Vielleicht haben Sie, lieber Leser, in Deutschland schon einmal die Erfahrung gemacht, die mir so geläufig ist, daß ich inzwischen auf sie verzichte: Wir gehen essen und wollen gern ein Menü haben. Das wird aber auf der Karte als solches nicht angeboten. Also bestellen wir eine Vorspeise, dann vielleicht ein Hauptgericht und dann Käse.

Und machen schon bei diesem wahrlich bescheidenen Menü die Erfahrung, daß das betreffende Angebot gar nicht für ein Menü vorgesehen ist.

Denn die "Vorspeise" entpuppt sich als so umfangreich, daß man sich allein von ihr den Bauch vollschlagen könnte. Und der Käse ist als eine kalte Mahlzeit gemeint, gern auf einem riesigen Holzteller serviert; nicht als der vorletzte Gang eines Menüs. Wer gar auf den Gedanken kommt, zwischen Vorspeise und Hauptgang noch das einzuschieben, was in Frankreich Entrée heißt, auf Englisch Starter und zu Deutsch "Zwischengericht", der wird feststellen, daß er ein weiteres Hauptgericht bekommt.

Das alles ist logischerweise so teuer, wie es umfangreich ist. Bestellt man also in Deutschland in der mittleren bis gehobenen Gastronomie (ich rede jetzt nicht von der Spitzengastronomie) ein Menü, wie es in Frankreich üblich ist (oder vielmehr war - siehe unten), also Vorspeise, Zwischengericht, Hauptgang, Käse, Dessert, dann wird man entweder nur Bruchteile des Gebotenen essen können, oder man kann sich anschließend den Magen auspumpen lassen.

Entsprechend teuer ist diese geballte Ladung an Eßbarem: Auch in einem alles andere als kulinarischen Restaurant wird man in Deutschland für ein solches Menü kaum weniger als fünfzig Euro pro Person zu berappen haben; vermutlich in der Regel mehr.



Und in Frankreich? Da wissen wir es jetzt ganz genau. Es gibt nämlich dort im Rahmen der Versuche, die Krise zu bekämpfen, die Idee, die Mehrwertsteuer für Restraurants zu senken. Und zwar drastisch, von 19,6 Prozent auf 5,5 Prozent. Dafür sollen sich die Restaurants verpflichten, kein Personal zu entlassen und die Steuersenkung an die Gäste weiterzugeben.

Gründlich, wie man in Frankreich ist, hat das Ministerium für Wirtschaft im Vorfeld der Gespräche über diese eventuelle Steuersenkung zunächst einmal die Preise in den Restaurants amtlich erhoben.

Und ist dabei - der Nouvel Observateur berichtete gestern darüber - zu einer entwaffnenden Erkenntnis gekommen: Daß es nämlich eine "grande disparité entre les établissements" gibt, einen großen Unterschied zwischen den Betrieben. Wer hätte das gedacht! An den Champs Elysées in Paris ißt man deutlich teurer als im Café- Restaurant de la Paix in Evolène!

Aber Spaß beiseite. Es wurden die Preise in knapp 2500 repräsentativ ausgewählten Restaurants erhoben; und zwar - in Frankreich ist es gesetzlich vorgeschrieben, das ganz genau mitzuteilen - vom 16. bis 18. März in 100 Départements bei 2470 Betrieben; davon 988 "traditionnellen" Restaurants, 741 "Pizzerien", 494 "Grills" und 247 "exotischen" Restaurants. Ergebnis: Das Tagesgericht kostete im Schnitt 9,67 Euro; die Spanne lag zwischen zwei Euro (in einer Pizzeria) und 39,90 Euro (in einem "exotischen" Restaurant). Das günstigste Menü kostete im Schnitt 12,95 Euro.

Wenn ich in Deutschland im Imbiß um die Ecke ein Schnitzel mit Pommes Frites und Salat esse und dazu ein Bier trinke, bezahle ich rund zehn Euro.



Also alles bestens in Frankreich? Leider nicht.

Über die Veränderungen, die in der französischen Gastronomie stattgefunden haben, seit die sozialistische Regierung Jospin die 35- Stunden- Woche gesetzlich vorschrieb, habe ich vor knapp zwei Jahren hier und später noch einmal in diesem Artikel berichtet: Man kann sich seit dieser "Reform" weniger Personal leisten. Ein umfangreiches Menü ist zwar vom Materialeinsatz her nur unwesentlich teurer als ein Menü aus zwei oder drei Gängen mit entsprechend größeren Portionen. Aber man braucht mehr Köche, die es zubereiten, und mehr Kellner, die es servieren.

Also sind in Frankreich die Menüs geschrumpft und die Portionen gewachsen. Man nähert sich, mit anderen Worten, Deutschland an. Heute hat das Standard- Menü nur noch drei Gänge, und man kann sogar eine Mini- Version mit zwei Gängen wählen (entweder Entrée und Hauptgericht oder Hauptgericht und Dessert). Manchenorts - zum Beispiel in Paris - ist das in den Restaurants der unteren und mittleren Preislage schon die Regel.

Auch Madame Cornut, die Wirtin meines Pariser Stammlokals Chez Clovis, mußte notgedrungen diesen Weg gehen, bevor sie vor zwei Jahren ganz aufgab.

Damit Sie sich ein Bild davon machen können, was man vor einigen Jahren mitten in Paris, im 1er Arrondissement, als Drei- Gänge- Menü für 25,50 Euro bekam, hier die vermutlich letzte Karte von Madame Cornut.



Für Kommentare bitte hier klicken. Links zu allen bisherigen Folgen dieser Serie findet man hier. Titelvignette: Ausschnitt aus dem Gemälde La Liberté guidant le peuple von Eugène Delacroix, Public Domain.