2. August 2021

Impfung oder auch nicht. Ein Blick von der anderen Seite des Zauns.





Als zweiter verbliebener Hausautor dieses Netztagebuchs möchte ich den Beitrag des sehr geschätzten Kollegen Llarian von vorgestern zum Für und Wider der Entscheidung, sich prophylaktisch gegen den Erreger des Schweren Akuten Respiratorischen Syndroms (kurz SARS-CoV-2 genannt), zum Anlaß nehmen, um meine eigene Sicht auf dieses Dilemma kurz zu umreißen.

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Wie aus dem Titel zu sehen ist, stellt sich für mich diese Abwägung nicht mehr: ich bin seit nun sieben Wochen „durchgeimpft,“ mit beiden Dosen, mit Cominarty (kurz „Biontech“ genannt), weil ich mit Anfang April aufgrund einer höheren Prioritisierung und der wohl auch besseren Versorgung im Bundesland Nordrhein-Westfalen Anfang April einen Termin beim [Discounter] Impfzentrum meines Vertrauens reservieren konnte, nachdem es vorher sechs Wochen geheißen hatte: rien ne va plus. Bislang ohne Nebenwirkungen, jedenfalls soweit sie mir aufgefallen wären. Ich habe es sogar geschafft, die entsprechenden elektronischen Zertifikate auf mein Telefon zu laden, als EDV-Laie mit zwei notorischen linken Händen. ABER – und an diesem Punkt setzt bereits das erste Zweifeln ein – zu irgendeinem Vorteil, noch nicht einmal das: zu irgendeinem Unterschied zwischen Vorher/Nachher hat dies nicht geführt. Noch immer sind Einkäufe nur mit Maske zu erledigen; beim Toilettengang auf den Fluren unseres Fachbereichs ist die Mund-Nasenbedeckung vorgeschrieben – auch wenn ich mich als einziger Mensch im Gebäude aufhalte; die Anmeldeprozedur in der Universitätsbibliothek hat sich nicht geändert, auch der ÖPNV, auf den ich mangels Führerschein angewiesen bin, befördert mich beim Verzicht auf die Maske nicht. Mich stört das nicht; bislang nicht – aber es weist auf einen inneren Widerspruch, der bald akut werden dürfte.

Ich habe die Chance im April nicht aus reinem Egoismus genutzt (oder jedenfalls nicht nur), sondern weil ich in der Erreichung der Herdenimmunität mittels Impfung den Weg zu einem einigermaßen tragfähigen Normalzustand gesehen habe und weiterhin sehe. Als Single ohne Familienanschluß und einem höchst überschaubaren Bekanntenkreis und, einem BMI von unter 18 und einem Lebenswandel als „Hieronymus im Gehäus“ habe ich das Risiko, mich mit SARS-CoV-2 zu infizieren und einen schweren Verlauf durchzumachen, auch in den letzten 18 Monaten für minimal eingeschätzt. Aber es ist eben nicht Null, und in diesem Bekanntenkreis gibt es einige, für die - hinsichtlich Alter und Immunschwäche - dies nicht gilt, und für die ich mich gerne als Risikofaktor aus dem Spiel nehme. Ich besuche keine Konzerte; ich verreise nicht, ich frequentiere keine Restaurants; mein letzter Kinobesuch liegt nun auch schon 5 Jahre zurück: der Verzicht auf all dies ich für mich eben genau dies nicht: ein Verzicht. Aber das ist meine persönliche Entscheidung, meine Lebensführung. Für nichts wenige liegt darin ein Aspekt eines lebenswerten Lebens; für die Dienstleister ist dies eine Frage der Existenz.

Die Aporie, der oben angesprochene Widerspruch, hat zwei Facetten. Zum einen wird sich, für die nächste Zukunft, eine gewisse Zweiteilung der Gesellschaft nicht vermeiden lassen: die Scheidung in „immunologisch Naive,“ deren Immunsystem noch nicht auf den Erreger „geprimed“ ist, und solche, bei denen dies durch die Impfung oder eine überstandene Infektion der Fall ist. Genau dies war von Anfang an der Gedanke hinter der raschen Entwicklung und dem massenweisen Einsatz der verschiedenen Vakzinen – nicht so sehr die Vermeidung schwerer Verläufe an sich. Hinter Lockdown und Kontaktminimierung, hinter Unterricht per Zoom stand der Gedanke, die Überlastung der Intensivkapazitäten durch die Einschränkung der Gesamtfälle auf niedrigem Niveau zu halten. Weiter war das Kalkül, daß Geimpfte, da sie füreinander kein (oder nur ein sehr geringes) Risiko mehr bedeuten, von diesen Einschränkungen ausgenommen würden. Mittlerweile scheint für unsere Politik dieses Kalkül völlig vergessen worden zu sein. Sie scheint nur noch die Option zu kennen, den Druck auf die bislang „widerspenstige“ Teile der Bevölkerung zu erhöhen, um endlich, endlich eine wie auch immer justierte „Sättigung“ erreichen zu können.

Wie es sich (dies ist die zweite Facette) an Ländern mit einem hohen Anteil an „Durchgeimpften“ jetzt freilich zeigt, könnte diese Strategie vergeblich sein; ab einer Zahl von 60 bis 70 Prozent aller „Durchgeimpften“ setzt ein Sättigungseffekt ein, eine Nachlassen der Bereitschaft, der die Regierungen bislang nur durch die Erhöhung des Drucks zu begegnen scheinen: durch Geldgeschenke (in den USA werden seit der vergangenen Woche in manchen Bundesstaaten 100 Dollar als Prämie für eine Impfung ausgezahlt) oder, wie jetzt in Thüringen passiert, indem Widerporste dadurch „angefixt“ werden sollen, daß man ihnen eine Bratwurst in Aussicht stellt. Da es ja mein Dauerthema ist, daß unsere Politik zu nichts mehr imstande ist, als ihre Unfähigkeit durch passende Symbolpolitik zu illustrieren: ist eigentlich keinem dieser Zonen-Genies aufgefallen, daß sie damit eines der perfidesten Klischees bedienen, die nach dem Mauerfall in linken Kreisen über die „Ossis“ kursierten? Die hätten das „beste-Deutschland-das-es-je-gab,“ nicht deswegen einstürzen lassen, weil es ihnen um Freiheit, Menschenrechte und Demokratie ging, sondern weil sie gierig auf Bananen gewesen seien. So sind sie halt, die Thüringer: in Sachen Gesundheit und Verantwortung kann man ihnen mit Vernunft nicht beikommen, aber für eine Bratwurst lassen sie alles mit sich machen.

Jedenfalls zeichnet sich ab, daß die geforderten Durchimpfungsraten von 80 oder 85%, wie sie im Zuge der Verbreitung der Delta-Variante genannt werden, illusorisch sind – zumindest für Länder mit einer großen Bevölkerung. Ein gangbarer Weg aus der Endlosspirale von immer höherem Druck und immer geringerer Impfbereitschaft wäre der englische Weg, wie er seit dem „Mask-Off-Day“ am 19. Juli beschritten wird. Die Abkehr von der bisherigen Blockadepolitik verdankt sich natürlich auch der Erkenntnis, daß die Bevölkerung eine weitere Verschiebung der seit Mitte Juni versprochenen Aufhebung der Einschränkung nicht mittragen würde. Die Hoffnung dahinter ist, daß die „vulnerablen“ Bevölkerungsgruppen, die Alten, Kranken, mittlerweile hinreichend immunisiert sind und die Jüngeren, Gesunden zwar das Virus verbreiten können, aber das Risiko eines schweren Verlaufs bei ihnen um ganze Größenklassen geringer ist. Im Endeffekt läuft dies auf die im Frühjahr 2020 avisierte „Herdenimmunität durch Durchseuchung“ hinaus, wenn auch jetzt unter völlig veränderten Rahmenbedingungen. Bislang deuten die Zahlen darauf hin, daß diese Strategie aufgeht. Zwar steigen die täglichen registrierten Fallzahlen im Vereinigten Königreich rasant, aber sie liegen erheblich unter den Fallzahlen der „zweiten Welle“ vom Januar und Dezember, wo täglich zwischen 50.000 und 60.000 registriert wurden. Noch deutlicher wird dies am Beispiel der Gestorbenen (ob nun „an oder mit“ COVID-19): während es auf dem Höhepunkt der Zweiten Welle am 20. Januar 1.824 waren, waren es für die letzten drei Tage jeweils 91, 85 und 71. Für die Medien, zumal die deutschen, mag sich hier ein „Rätsel“ zeigen, das „alle Experten ratlos macht.“ Für andere Betrachter zeigt sich hier eher, daß die Rahmenbedingungen jetzt endlich für diese Strategie gegeben waren – anders als etwa nach dem fatalen Aufheben des ersten Lockdowns auf der japanischen Hauptinsel Hokkaido im Juni 2020 oder dem Ausbruch Mitte Mai auf Taiwan, als ein Hotel auf die Quarantäne einer Flugzeugcrew verzichtete (dieser Fehler hatte zur Folge, daß die Gesamtzahl der an COVID Gestorbenen, die sich dank der rigorosen Selbstisolation der Insel vom Januar 2020 bis zum 14. Mai 2021 auf 14 (14!) belief, bis zum 27. Juli auf 787 anstieg). Dabei sollte man aber nicht übersehen, daß die Fallzahlen für Japan und Taiwan um diverse Größenordnungen unter denen in Europa und Nordamerika geblieben ist. Überraschend sind die Folgen einer solchen Öffnungspolitik nicht. Auch in Israel und im US-Bundesstaat Florida, wo die Einschränkungen schon im März aufgehoben wurden, sprechen die Zahlen dieselbe Sprache.

Unsere Politik wird dies wenig beeindrucken. Genauer: überhaupt nicht. Anders ist es nicht zu erklären, warum von immer mehr Politikern auf eine Impfpflicht gedrängt wird (alle Erfahrungen zeigen, daß ein signifikanter Dämpfungseffekt einsetzt, sobald mehr als 50% der Bevölkerung immunisiert worden sind; bei uns ist dieser Stand am 27. Juli erreicht worden); warum mittlerweile unverhohlen auf eine Durchimpfung von 12-Jährigen gedrängt wird; warum ganz offen ein vierter Lockdown für den kommenden Winter oder schon Herbst in Aussicht gestellt wird. Nur um daran zu erinnern: trotz der Lockerungen befinden wir uns aktuell noch in dem Lockdown, der am 16. November für vier Wochen verhängt wurde, damit „wir Weihnachten in aller Ruhe feiern können.“ Corona hat dazu geführt, daß wir 2021 die „EM 2020“ und „Olympia 2020“ sehen; zurzeit sieht es nicht danach aus, daß wir in diesem Jahr auch „Xmas 2020“ nachholen werden.

Was die von Llarian angesprochene Widersprüchlichkeit angeht, so muß ich sie auch feststellen. Nicht, was mögliche Nebenwirkungen der Impfung angeht: ich habe da mein Blatt ausgespielt; zudem halte ich die Risiken für immer noch bedeutend geringer als die Gefährdung durch das Virus selbst. ABER: in diesem Zusammenhang bin ich auch erheblich skeptischer geworden, ob ich durch die Medien, die immer wieder gleichen Experten, die anordnenden Politiker wirklich ausreichend ins Bild gesetzt worden bin. Ob nun mit Absicht oder aus wirklich mangelnder Erkenntnis: würde es jemanden wundern, wenn im Lauf der nächsten 12 oder 24 Monate Langzeitwirkungen der mRNA-Impfungen auftreten würden, die zu einem erheblich höheren Risiko von Herzinfarkten und Organschädigungen durch Thrombosenbildung führen würden. Daß Überreaktionen des Immunsystems bei einer erneuten Infektion durch SARS-CoV-2 oder andere Coronaviren auftreten, scheint nach dem, was an Zahlen bislang vorliegt, nicht der Fall zu sein. Aber würde jemand auch nur einen roten Heller drauf verwetten, daß es so bleibt? Der beunruhigende Verdacht, daß wir gerade Teilnehmer des historisch größten medizinischen Feldversuchs mit ungewissem Ausgang sind, hat nicht gerade abgenommen.

Vor allem aber beunruhigt mich ein Verdacht, den ich vor einem halben Jahr oder im vorigen Sommer, noch unter „VT,“ vulgo Verschwörungstheorie, beiseite gelegt hätte: Daß „die Wissenschaft,“ die Expertengremien, und die Politik, die nach ihrer Pfeife tanzt, hier mit gezinkten Karten spielen, nicht ehrlich und offen sind. Daß das CDC, die oberste Gesundheitsbehörde, die Nachrichten über die Wirksamkeit der entwickelten Impfstoffe zurückhielt, um nicht für Präsident Trump Wahlkampfhilfe zu bieten, auf dessen Konto die „Operation Warp Speed“ zurückgeht, war der erste Auslöser dafür. Daß die zahllosen Fehler, die im ersten Jahr der Pandemie von der Politik begangen wurden, nicht nur, aber vor allem auch von Gesundheitsminister Spahn und Europens Kaiserin von der Leyen (daß etwa der Bürgermeister von New York, Andrew Cuomo, zu Beginn der Epidemie Corona-Kranke in Altenheime verlegen ließ und über die Anzahl der Fälle den Kongress belogen hat) – daß das ohne jegliche Konsequenzen für diese Personen geblieben ist. Daß jetzt von jährlichen Auffrischungs-Impfungen die Rede ist, daß gestern in den Medien allerorten auf eine neue Studie verwiesen wurde, die angeblich aufzeigt, daß im Fall der „Delta-Variante“ die Viruslast in Mund- und Rachenraum für Geimpfte wie Ungeimpfte gleichhoch sei und sie somit für ihre Umgebung dieselbe Gefahr darstellen: all das trägt nicht zur Beruhigung bei. Auch die Tageschau gab die „Headline“ der New York Times und der Washington Post ungefiltert weiter: „Hohe Viruslast bei infizierten Geimpften.“ Schon gar nicht, wenn man sich klarmacht, daß solche Meldungen Waser auf die Mühlen der Politik sind, ihren Kurs des sturen Verstärkens fortzusetzen.

Unterschlagen wurde dabei, daß diese Überschrift in hohem Maß in die Irre führt, weil sie impliziert, daß Geimpfte ebenso infektiös sind wie Ungeimpfte. Stattdessen verhindern die Impfstoffe den größten Teil der Übertragungen und fast alle Intensiv- und Todesfälle. Das Risiko, einen schweren Verlauf zu erleiden, sinkt um das 25-fache; ebenso das Risiko eines tödlichen Ausgangs; das Risiko, überhaupt zu erkranken, reduziert sich um das 8-fache.

Noch unverantwortlicher ist der Umgang der Medien im Fall des Planspiels der SAGE, die vor zwei Tagen durch alle Kanäle rauschte. Die Scientific Advisory Group for Emergencies, ein Beratergremium von Experten, das die britische Regierung berät, hatte in einem Aufsatz über eine mögliche Corona-Mutante spekuliert, bei dem ein Drittel der Infizierten sterben könnte. Angesichts der in den letzten Monaten immer wieder vermeldeten „brasilianischen“ und „indischen“ Varianten (die nicht mit griechischen Buchstaben genannt zu einem sofortigen Aufschrei aller Politisch Selbstgerechten führt) entsteht beim Zuschauer leicht der Eindruck, eine solche Variante sei nun nachgewiesen und die gesamte bisherige Strategie hinfällig. Das ist kompletter Unsinn: Bei dem Paper handelt es sich um reine Spekulation, nichts ein Sandkastenspiel. Hier ist einfach um des Jonglierens mit Zahlen willen die Sterblichkeitsrate von MERS-CoV zugrunde gelegt worden, an der seit 2021 bis 2020 von insgesamt 2574 gemeldeten Fällen 882 tödlich verliefen. Keine der bislang nachgewiesenen Mutanten von SARS-CoV-2 hat jemals solche Folgen gezeigt. (Das ist kein Zufall: epidemiologisch gesprochen führt ein schneller Infektionsverlauf mit solcher exorbitanter Letalität dazu, daß sich der Erreger erst gar nicht weit verbreiten kann, weil die Kreis der Betroffenen schnell stirbt und zudem isoliert werden kann; Ebola ist ein weiters Beispiel dafür.)

Zuletzt – und hier komme ich auf mein Stichwort „Verschwörungstheorie“ zurück: es gibt beunruhigend viele Aspekte dieser Pandemie, die mehr als merkwürdig anmuten, und die nahelegen, daß uns hier Sand in die Augen gestreut werden soll. Wohlgemerkt: dies ist keine Sicherheit; jeder dieser Punkte mag anderweitig erklärbar sein. Auch hier gilt der praktische Anwendungsfall des Ockham’schen Rasiermessers: nichts mit Perfidie oder Verschwörungen zu erklären, wenn die übliche Dummheit und Saumseligkeit ausreicht. Dennoch: ich erinnere mich an die Bilder der sogenannten „Drop cases“ aus Wuhan in der allersten Phase des dortigen Ausbruchs: Leute, die augenscheinlich auf offener Straße zusammenbrachen. Solche Bilder sind dann im weiteren weltweiten Verlauf der Epidemie nie wieder aufgetaucht. Zufall? Täuschung? Im Herbst 2020 gab es Meldungen über französische Sportler, die im Oktober 2019 an einer internationalen Sportveranstaltung in Wuhan teilgenommen hatten (Die „Military World Games,“ ausgetragen vom 19 bis zum 27. Oktober 2019) und die reihenweise berichteten, sie seien an COVID-ähnlichen Symptomen erkrankt. Hat es je Untersuchungen auf Antikörper gegeben, oder Analysen von Blutproben aus dem Herbst 2019? Ein gleiches gilt für Meldungen über den Nachweis aus Madrid, ebenfalls im Herbst 2019. Man sollte meinen, eine solche Klärung würde angesichts der Anfangsphase der Pandemie, die seit jetzt 18 Monaten das gesamte Weltgeschehen beschäftigt und lähmt, eine gewisse Priorität haben. Stattdessen herrscht Schweigen im medialen Weltall; man könnte es analog zum „Fermi-Paradox“ um das „Schwiegen der unendlichen Räume,“ das Blaise Pascal schreckte, das „Fauci-Paradox“ nennen.

Ebenso merkwürdig (und ebenso wieder verschwunden) war der Anwurf des US-Kongresses vor einigen Wochen, China habe nicht nur die Gensequenz des Erregers falsch an die Weltgesundheitsbehörde gemeldet, um seine eigene Rolle bei dessen Erzeugung zu vertuschen, sondern auch danach noch weitere Falschsequenzierungen nachgereicht, um diese Verfälschung zu vertuschen. Hier wird es nun völlig absurd: das Virus ist seit dem Auftreten außerhalb Chinas ab Februar 2020 hunderttausende von Malen sequenziert worden; und auf diese Resultate hatte China – selbst einmal solche Absichten unterstellt – keinen Einfluß. Dasselbe gilt auch für die Verbreitung der Erregers außerhalb Chinas: Nach den erschreckenden Bildern auf Wuhan und nach der Verhängung des landeswieten Lockdowns zum chinesischen Neujahrsfest am 25. Januar 2020 mußte jedem ausländischen Staatsmann und Gesundheitsexperten klar sein, womit man es hier zu tun hatte. Die Saumseligkeiten, die Blauäugigkeit hat sich der Rest der Welt, besonders der Westen ganz allein anzurechnen. Genauso absurd sind die Forderungen (ebenfalls von Kongreßabgeordneten erhoben), China zu Regreßforderungen für die weltweiten Kosten der Pandemie zu zwingen. Es gab bekanntlich einen Pandemieplan der deutschen Bundesregierung aus dem Jahr 2012 für das Auftreten einer weltweiten Epidemie, die COVID-19 verdächtig ähnlich sah; damals auf dem Lehren aus dem Auftreten von SARS (2002/03) und MERS (2012) fußend. Man kann der chinesischen Regierung allerlei vorhalten: aber für die Dummheit und Unfähigkeit von Politikern wie Spahn, von der Leyen oder Cuomo zeichnet sie nicht verantwortlich.

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Stichwort „Dr. Fauci“: Vor zwölf Tagen, am 21. Juli 2021, ist es bei einer Anhörung im US-Senat zu einem heftigen verbalen Schlagabtausch zwischen Dr. Fauci und dem republikanischen Senator für den Bundesstaat Kentucky, Rand Paul („Präsident Trump nahestehend,“ wie jedes unserer Medien-Outlets betonte), gekommen, in dessen Verlauf sich beide der Lüge bezichtigten. Das ist kleine triviale Sache. Bei solchen Anhörung erfolgt die Aussage unter Eid; eine Falschaussage kommt der Irreführung des Parlaments gleich. So gründete sich das Impeachment, das Amtsenthebungsverfahren, gegen Präsident Clinton 1997 nicht auf sein Techtelmechtel mit Mr. Lewinski im „Oral Office,“ sondern auf der Tatsache, daß er in der Anhörung erklärt hatte, er habe „keine Beziehung mit dieser Frau“ gehabt. Im Fall von Dr. Anthony Fauci ist oberster Berater des US-Präsidenten im Fall Corona; und zuvor in dieser Tätigkeit von Präsident Trump tätig, kann als US-amerikanisches Pendant zum Leiter des Robert-Koch-Instituts gesehen werden; im Gegensatz zu Dr. Lothar Wieler handelt es sich bei ihm freilich nicht um einen Veterinär, sondern einen tatsächlichen Human-Mediziner. Im Lauf der ersten Corona-Jahrs erlangte er mit seinen beständig wechselnden und sich widersprechenden Empfehlungen eine gewisse Berüchtigheit. Der Vorwurf, mit dem ihn Senator Paul konfrontierte, bezog sich auf eine Aussage Dr. Faucis im Mai 2021, ebenfalls im Rahmen einer solchen Anhörung. Die von Paul präsentierten Aktenbelege beziehen sich nun auf einen Verdacht, der in der Tat das Zeug dazu hat, sich als Zeitbombe zu erweisen – wenn es sich denn bewahrheiten sollte.

Es geht darum, daß die US-Regierung an das Institut für Virologie in Wuhan (中国科学院武汉病毒研究所), das auch schon im vorigen Jahr im Verdacht stand, Ursprung des neuen Corona-Virus zu sein, von der US-Regierung – in Gestalt des Nationalen Gesundheitsdienstes – NHS (des National Health Service, also dem Gesundheitsministerium) mit 600.000 Dollar zur Erforschung künstlicher sogenannter „Gain of function“-Veränderungen unterstützt zu haben. Bei solchen Manipulationen im Erbgut geht es darum, die Eigenschaften eines Erregers zu verändern, insbesondere zu verstärken, um herauszufinden, warum manche Varianten etwa infektiöser wirken als andere und welche Mechanismen dem zugrunde liegen. Insgesamt soll die US-Regierung die NGO, die Nichtregierungsorganisation EcoHealth Alliance mit Sitz in New York, die unter anderem sich der Erforschung und dem Auftauchen „neu auftretender Viren“ widmet, seit dem Jahr 2014 mit insgesamt 3,7 Millionen US-Dollar unterstützt haben. Präsident Trump hat diesen Geldfluß im Mai 2020 durch eine Executive Order gekappt, nachdem zumindest der Verdacht im Raum stand, daß EcoHealth Alliance für solche Forschungen das Wuhaner Labor beauftragt hatte, da diese Art von Forschungen in den USA aufgrund des großen Risikos nicht zulässig ist. Von den fünf möglichen Sicherheitsstufen ist das chinesische Labor auf Stufe 4 eingeordnet, nicht auf die dafür vorgesehene höchste Stufe 5. Auch steht der Verdacht im Raum, daß diese Gain-of-Function-Forschung an Coronaviren durchgeführt worden sein könnte, weil die beiden letzten bedrohlichen „neuen Virenausbrüche“ – SARS und MERS – ebenfalls durch solche Viren verursacht wurden.

Anders als von manchen „rechten“ Medien in den USA berichtet, lautet der Vorwurf Rand Pauls an Dr. Fauci nicht, er sei „der Verursacher“ der Epidemie, sondern daß er in seiner Funktion als Berater und Experte für diese Materie mit diesem Sachverhalt vertraut gewesen sein muß und deshalb seine Aussage im Mai, es sei bei diesen Forschungen gar nicht um „Gain of function“ gegangen, eine Lüge darstelle. Auch vor 10 Tage blieb Fauci nur bei der Aussage, es handele sich nicht um „Gain of function,“ und wenn Senator Paul dies behaupte, habe er keine Ahnung von der Materie und sei seinerseits ein Lügner.

Ich habe keinerlei Ahnung, was die präsentierten Akten und Belege hier nachweisen; immerhin dürfte feststehen, daß ein bedenklicher Teil der Verflechtungen der Wahrheit entspricht. Der Verdacht, daß des sich bei SARS-CoV-2 um das Resultat menschlicher Manipulationen handeln könnte, steht jedenfalls wieder im Raum. Was nicht im Raum steht, ist der Verdacht, daß es sich um eine gezielt erzeugte – und freigesetzte – Biowaffe handelt. Eine fahrlässige Freisetzung, eine Nachlässigkeit bei den rigorosen Kontrollen, würde völlig ausreichen. Sollte sich aber herausstellen, daß die USA in diesem Fall – direkt oder indirekt – dazu beigetragen haben, dann würden die oben erwähnten Vorwürfe und Entschädigungsforderungen an China ein einem ganz anderen Licht erscheinen. Auch hier bleibt abzuwarten, ob das Thema dasselben Schicksal erleiden wird wie alle, die in Lewis Carolls "Die Jagd nach dem Schnark" dem titelgebenden Monstrum begegnen: "You will softly and silently vanish away / and never be heard from again."



U.E.

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