24. April 2016

Über die Modellierung des Klimas zwischen Wissenschaft und Moral

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Vor kurzem befasste ich mich mit einem Vorhaben der US Amerikanischen Justizministerin, die Leugnung des durch den Menschen verursachten Klimawandels justiziabel zu machen. Das brachte mich auf die Idee, die zugrunde liegende, wissenschaftliche Streitfrage etwas näher zu beleuchten, welche mittlerweile sogar Gefahr läuft juristisch entschieden zu werden.

Da ich sehr oft mit unzutreffenden Unterstellungen im Hinblick auf meine Meinung konfrontiert werde, wenn ich Zweifel an dem äußere, was man unter dem durch den Menschen verursachten Klimawandel versteht, würde ich gerne zu Beginn des Beitrags drei Dinge klarstellen. Erstens: Ich bin davon überzeugt, daß es einen Treibhauseffekt gibt. Die Erde selbst ist der beste Beweis dafür. Ohne einen Treibhauseffekt hätte sich auf der Erde höchstwahrscheinlich niemals intelligentes Leben entwickeln können. Zweitens: Ich bin davon überzeugt, daß der Mensch die klimatischen Bedingungen auf der Erde beeinflußt. Alles andere anzunehmen wäre in meinen Augen unsinnig. Drittens: In den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts hat sich die Durchschnittstemperatur auf unserer Erde erhöht. Dies voraus geschickt nun meine Gedanken zu dieser wissenschaftlichen Frage, welche die Gemüter so erhitzt.

Hin und wieder gerate ich in ein Gespräch über die Klimaveränderung. Solche Gespräche drehen sich in der Regel um das Sakrileg, das der Mensch an der Natur verübt. Ich habe noch niemals erlebt, daß irgendjemand über die Grundlagen der Klimaveränderung bzw. die Annahmen, die den bekannten Katastrophenszenarien zugrunde liegen, diskutieren möchte. Im Gegenteil: Den durch den Menschen verursachten Klimawandel als solches überhaupt diskutieren zu wollen, trägt mir mindestens Kopfschütteln, wenn nicht gar Feindseligkeit oder Ablehnung ein.

Daraus schließe ich, daß für die meisten Menschen die Wahrheit diesbezüglich fest steht und nicht nur das: Diese Wahrheit ist zugleich ein moralisches Gebot und das Anzweifeln eben dieser Wahrheit hat nach Auffassung vieler zu zwischenmenschlichen Sanktionen zu führen. Dies erscheint für eine wissenschaftliche Fragestellung höchst ungewöhnlich, kennt man solche "zwischenmenschlichen Sanktionen" doch ansonsten eher bei Fragen des Glaubens oder ideologischer Präferenzen.

Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie behaupten demnächst im Kollegenkreis, Sie hätten in einem äußerst interessanten Buch gelesen, daß Einsteins Relativitätstheorie womöglich falsch sei. Es gäbe sogar schon Experimente, welche die zugrunde liegende alternative Theorie belegen. So weit hergeholt ist diese Überlegung nicht einmal. Glauben Sie einer ihrer Freunde würde darauf emotional reagieren? Im Gegenteil: Es ist eine eher verhalten neugierige Reaktion zu erwarten. Wäre das nicht spannend, wenn dem so wäre? Nun stellen Sie sich vor, Sie berichten im gleichen Kollegenkreis, das mit der durch den Menschen verursachten Klimaerwärmung sei womöglich falsch und es gäbe erste Hinweise, die dies bestätigen. Glauben Sie eher an neugierige Nachfragen oder an indigniertes Kopfschütteln als  Reaktion?

Die Art und Weise, wie in diesem Zusammenhang auf sachbezogene Äußerungen zu einem wissenschaftlichen Thema reagiert wird, ist in meinen Augen ein Indikator dafür, daß bei diesem Thema längst nicht mehr das wissenschaftliche, sondern ein anderes, möglicher Weise moralisches Interesse im Fokus steht. Man denke nur an die Entlassung eines Moderators beim französischen Fernsehen, weil er sich in einem Buch kritisch mit den gängigen Thesen zum Klimawandel auseinander setzte. Man denke an Lennart Bengtsson, einen angesehenen Klimawissenschaftler, welcher aufgrund neuer Erkenntnisse seine Ansichten änderte und einer Gesellschaft beitrat, die sich nach eigenen Angaben dafür einsetzt, "Überreaktionen gegen die globale Erwärmung zu verhindern". Er wurde darauf hin von ehemaligen Kollegen unter so großen sozialen Druckgesetzt, daß er aus der Gesellschaft wieder austrat. An solchen Beispielen kann man die gebräuchlichen Mechanismen im Zusammenhang mit dem wissenschaftlichen Diskurs zum Klimawandel gut beobachten. Es geht um keine Diskussion zum wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn. Es wird keine inhaltliche Debatte gesucht, sondern moralisch Position bezogen und das Amoralische ausgegrenzt. Genau dieser Punkt ist es, der mich Handlungsmechanismen erkennen läßt, welche ich eher mit Religion in Verbindung bringe als mit dem wissenschaftlichen Streben nach Erkenntnis. Das was ich dabei als so etwas wie eine zugrunde liegende "Religion" wahr nehme, erscheint mir ein statisches Naturbild zu sein, welches auch an vielen anderen Stellen unserer Gesellschaft als Handlungsmaxime dient, die den "moralischen Nullpunkt" setzt. Möglicherweise ist dies eine gesellschaftliche Reaktion unserer Zeit, in der die Kirchen im Bewußtsein der Menschen immer mehr in den Hintergrund gedrängt werden und so ein wichtiges Rückzugsgebiet für Spiritualität verloren geht.

Vor diesem Hintergrund möchte ich daran erinnern, daß die Frage nach den Ursachen des Klimawandels eine wissenschaftliche Fragestellung ist. Sie ist weder durch politisches Kalkül zu entscheiden, noch durch Dogmen. Um ein besseres Verständnis der Problematik dieser wissenschaftlichen Fragestellung zu ermöglichen, versuche ich im Folgenden verschiedene ihrer Teilaspekte zu beleuchten. Hierzu ist es zunächst notwendig zu verstehen, wie die Modellierung des Klimas überhaupt funktioniert.

Die Modellierung erfolgt über ein gekoppeltes System von nicht linearen, partiellen Differentialgleichungen, welches durch numerische Verfahren gelöst wird. Zum Aufstellen dieser Gleichungssysteme ist es notwendig die Faktoren zu kennen, die das Klima beeinflussen, sowie die Sensitivität des Klimas gegen eine Veränderung dieser Faktoren. Ein Faktor über den jeder spricht ist dabei die CO2 Konzentration in der Atmosphäre. Es gibt allerdings auch viele andere, wie zum  Beispiel Wasserdampf, kosmische Strahlung, Ozean Strömungen oder die Kontinentaldrift, die auch untereinander Wechselwirkungen unterliegen. Ohne in die Mathematik einzusteigen, möchte ich auf ein wesentliches Detail der Klimamodelle hinweisen: Sie besitzen ein sogenanntes chaotisches Verhalten. Dies bedeutet, daß kleine Veränderungen in den Startbedingungen zu komplett anderen Lösungen führen können. Zettel hat dieses Phänomen einmal in einem seiner Beiträge im „kleinen Zimmer“ anhand eines Zellautomaten erläutert. Um klar zu machen was dieser Sachverhalt bedeutet, möchte ich aus einem Klimabericht des IPCC zitieren. Dort steht auf Seite 774, letzter Absatz Kapitel14.2.2.2:

"In climate research and modelling, we should recognise that we are dealing with a coupled non-linear chaotic system, and therefore that the long-term prediction of future climate states is not possible. The most we can expect to achieve is the prediction of the probability distribution of the system’s future possible states"

"Im Hinblick auf Klimawissenschaft und Modellierung sollte man daran denken, daß es sich um ein nicht-lineares, gekoppeltes, chaotisches System handelt. Dieser Umstand macht eine langfristige Vorhersage über die Zustände des zukünftigen Klimas unmöglich. Im besten Falle kann man erwarten, eine Wahrscheinlichkeitsverteilung für mögliche zukünftige Klimazustände der Erde zu erhalten."

Diese Bemerkung ist übrigens für jeden Mathematiker eine Selbstverständlichkeit und ich offenbare hier mitnichten ein streng gehütetes Geheimnis. Trotzdem scheint diese Bemerkung nicht mit der Gewissheit zu korrelieren, mit der "berechnete Klimaszenarien" oft als Begründung für weitreichende Entscheidungen herangezogen werden sollen. Man denke zum Beispiel an den letzten Klimagipfel in Paris, welcher die Begrenzung der Erderwärmung auf maximal zwei Grad sicherstellen soll. Man möchte etwas auf einen Wert begrenzen, den man, in der Art und Weise wie es oft suggeriert wird, überhaupt nicht berechnen kann. Selbst wenn man das richtige Differentialgleichungssystem zur Modellierung des Klimas exakt kennt, kann man daraus keine bestimmte Vorhersage für das zukünftige Klima treffen. Man kann im besten Falle Wahrscheinlichkeiten bestimmen, mit denen bestimmte Szenarien für das Erdklima eintreffen.

Diese grundsätzliche Anmerkung zur angewandten wissenschaftlichen Methode vorangestellt, möchte ich das was oft unter der Bezeichnung "durch den Menschen verursachter Klimawandel" diskutiert wird, in unterschiedliche Fragestellungen zerlegen.

1) Kennt man alle Faktoren, die das Klima beeinflussen?
2) Kennt man die Auswirkungen von CO2 auf das Klima?
3) Ist eine Erwärmung des Klimas gut oder schlecht für den Menschen?

Ich kann diese Fragen nicht abschließend beantworten. Ich möchte an dieser Stelle nur Hinweise darauf geben, daß die Antworten auf diese Fragen alles andere als klar und einfach sind. Wenn dabei gleichzeitig die Modelle, welche die klimatischen Zustände der Zukunft berechnen, hochempfindlich auf jede Änderung der Startbedingungen reagieren, wie will man dann aber eine zuverlässige Aussage über die Zukunft des Klimas treffen, wenn man diese Startbedingungen gar nicht genau kennt? Das ist eine Frage, deren Implikationen sich in der öffentlichen Diskussion niemand bewußt zu machen scheint, gleichwohl diese Implikationen ungeheuer wichtig sind. Ich versuche daher mit meinen Gedanken zu den drei formulierten Fragen im Folgenden so etwas wie ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie zuverlässig, wie exakt der aktuelle Wissenstand zu der Entwicklung des zukünftigen Klimas auf der Erde sein kann.

Zu Frage 1) ist zu sagen, daß man per definitionem niemals ausschließen kann, einen Einflußfaktor übersehen zu haben. Dazu ist das Ökosystem, sind die Wechselwirkungen innerhalb der Atmosphäre viel zu komplex. Es wurde und wird zum Beispiel in den letzten Jahren ein heftiger und teilweise auch sehr emotionaler Streit darüber geführt, ob die These von Fritz Varenholt und Sebastian Lüning, daß kosmische Strahlung über Einwirkung auf die Wolkenbildung das Erdklima maßgeblich beeinflußt, richtig ist oder nicht. So sehr nun auch beide Lager überzeugt davon sein mögen mit ihrer Theorie richtig zu liegen, ist die Sachlage alles andere als klar. Die Zukunft wird diesbezüglich möglicher Weise eine Entscheidung bringen, nur kann man heute keinesfalls sagen welche. Analog zur kosmischen Strahlung kann es natürlich auch noch andere Effekte geben, welche man bisher gar nicht auf der Agenda hat. Bei einem solch komplexen Phänomen wie dem Klima, ist das in meinen Augen nicht einmal besonders unwahrscheinlich.

Auch die Frage, ob ein verstärkter CO2 Ausstoß tatsächlich dauerhaft zu einem Anstieg der CO2 Konzentration in der Atmosphäre führt, unterliegt schon einer gewissen Unsicherheit. Es gibt Überlegungen dahingehend, daß durch eine höhere CO2 Konzentration in der Luft das Pflanzenwachstum angeregt wird, welches dann netto CO2 aus der Atmosphäre bindet. Selbst einer der bekanntesten Vertreter der These, die Klimaerwärmung sei maßgeblich durch den Menschen verursacht, Mojib Latif, stellt fest: "Noch nehmen die Pflanzen tatsächlich mehr CO2 auf. Diese Senke wird sich möglicherweise gegen Ende des Jahrhunderts zu einer Quelle wandeln." Möglicherweise ist aber nur eine Umschreibung für "nicht wissen".

Was also die Annahmen darüber betrifft, welche Effekte welche Wirkung auf unser Klima haben könnten und welche Rolle CO2 spielt, scheinen Zweifel durchaus angebracht. Betrachtet man dabei die erdgeschichtliche Entwicklung der CO2 Konzentration im Vergleich zur Temperaturentwicklung fällt auf, daß es zwar in vielen Phasen eine gewisse Korrelation zwischen den beiden Größen zu geben scheint, andererseits aber auch Phasen zu beobachten sind, in denen die Entwicklung der CO2 Konzentration in der Atmosphäre und die Entwicklung der Erdtemperatur auseinander laufen. So lange man nun aber keine ausreichende Sicherheit über die maßgeblichen Einflußfaktoren auf das Klima hat, kann man auch keine zuverlässigen Aussagen über das zukünftige Klima treffen. Insbesondere gilt dies, da es sich beim Klima, wie beschrieben, um ein chaotisches System im mathematischen Sinne handelt.

Zu Frage 2) ist zu sagen, daß man CO2 betreffend einige Dinge gesichert weiß, andere aber nicht. Was man genau kennt, ist der grundsätzliche physikalische Wirkmechanismus von CO2 innerhalb der Atmosphäre. Er beruht auf seinem wellenlängenabhängigen, asymmetrischen Absorptionsverhalten. CO2 absorbiert die Wärmestrahlung von der Erde, welche es symmetrisch wieder in alle Richtungen abstrahlt. Dadurch wird ein Teil der von der Erdoberfläche ausgehenden Wärmestrahlung in der Erdatmosphäre gehalten. Dies nennt man auch den Strahlungs Treibhaus Effekt. Auf der anderen Seite läßt CO2 aber kosmische Strahlung fast ungehindert auf die Erdoberfläche, da diese kaum absobiert wird. Eine höhere Konzentration von CO2 in der Atmosphäre verschiebt damit das zugehörige Gleichgewicht hin zu mehr absorbierter Wärmestrahlung aus Richtung der Erdoberfläche und erhöht so die Atmosphärentemperatur. Der Strahlungs Treibhaus Effekt unterliegt dabei einer Sättigung. Er nimmt also bei steigender CO2 Konzentration nicht beliebig (linear) zu, sondern wird mit steigender CO2 Konzentration in der Atmosphäre tendenziell schwächer. Diese ganzen Überlegungen gelten natürlich nicht nur für CO2, sondern in ähnlicher Art und Weise für alle Treibhausgase, wie zum Beispiel Wasserdampf oder Methan. Daß der Strahlungs Treibhaus Effekt grundsätzlich erwärmend wirkt, kann man durchaus als gesichert annehmen. Eine ganz andere Frage ist, wie stark erwärmend er ist. Diese Frage ist denn auch strittig. Von moderat erwärmend, bis hin zu stark erwärmend könnte alles möglich sein.

Es gibt neben dem asymmetrischen Absorptionsverhalten auch noch weitere Wirkmechanismen des CO2. Als zweites ist seine Wechselwirkung mit anderen Treibhausgasen zu nennen. So unterstellen die derzeitigen Klimamodelle, daß aufgrund einer moderaten Erderwärmung durch das asymmetrische Absorptionsverhalten von CO2 durch Verdunstung von Wasser mehr Wasserdampf in die Atmosphäre gelangt. Dieser besitzt ein noch stärkeres asymmetrisches Absorptionsverhalten als das CO2 und heizt daher, so die Annahme, die Atmosphäre sehr stark auf. Die vorhergesagten hohen Temperaturanstiege beruhen also nicht auf dem CO2 selbst, sondern basieren auf einer angenommenen, durch das CO2 induzierten Erhöhung der Wasserdampfkonzentration in der Atmosphäre. Der genaue quantitative Zusammenhang zwischen CO2 und Wasserdampfkonzentration ist dabei nicht bekannt und beruht auf Annahmen. Ebenso wird eine erhöhte Wasserdampfkonzentration in der Atmosphäre natürlich auch die Wolkenbildung beeinflussen, welche tendenziell kühlend wirken sollte und bei der es ebenfalls schwer bis unmöglich ist, das Phänomen quantitativ, wie auch qualitativ exakt zu erfassen.

Bisher ging es um den Strahlungsstransport der Wärmeenergie innerhalb der Atmosphäre. Es gibt aber noch einen weiteren Wärmetransport, den ich betrachten möchte, nämlich die ganz gewöhnliche Wärmeleitungseigenschaft von Stoffen, wie auch den Wärmetransport über die Strömung von Gasen (Konvektion). Wäre die Atmosphäre ein Vakuum, gäbe es nur den Strahlungstransport. Dadurch, daß es Treibhausgase in der Atmosphäre gibt, werden aber auch durch Wärmeleitung und Konvektion die äußeren Schichten der Atmosphäre in gewissem Maße aufgeheizt. Diese Schichten strahlen dann diese Wärmeenergie wieder in alle Richtungen ab, teils zurück zur Erde, teils in den Weltraum. Obwohl nun ein Teil dieser Wärmestrahlung auch zurück in die Atmosphäre gelangt, ist es wichtig zu verstehen, daß es die aus diesem Effekt resultierende Abstrahlung in den Weltraum ohne CO2 (oder andere Gase) gar nicht gäbe. Beim Strahlungs Treibhaus Effekt verhält es sich ja so, daß ohne das CO2 die Wärmestrahlung der Erde ungehindert in den Weltraum entweichen würde und aufgrund des CO2 ein Teil der Wärme in der Atmosphäre zurückgehalten wird. Bei der Wärmeabstrahlung, welche über Wärmeleitung und Konvektion induziert wird, handelt es sich dagegen um eine Abgabe von Wärme in den Weltraum, welche ohne CO2 (oder andere Gase) überhaupt nicht zustande käme. Während also im ersten Fall CO2 die Abgabe von Wärme in den Weltraum gegenüber einem Zustand ohne CO2 reduziert, erhöht in zweitem Fall CO2 die Abgabe von Wärme in den Weltraum gegenüber einem Zustand ohne CO2. Mit anderen Worten, CO2 könnte mit diesem Mechanismus tendenziell kühlend auf die Erdatmosphäre wirken. Dieser Effekt dürfte wohl keiner Sättigung unterliegen, und eine höhere CO2 Konzentration könnte daher eine immer stärkere Kühlwirkung bedeuten. Mit dieser prinzipiellen Überlegung zu Effekten der Konvektion ist natürlich überhaupt keine Aussage darüber getroffen, wie groß die tatsächlichen Auswirkungen sind. Es dürfte auch schwer sein, sie zu quantifizieren. Von "komplett vernachlässigbar" bis hin zu "unter bestimmten Bedingungen spürbar" ist sicherlich alles möglich.

Was bedeuten diese ganzen prinzipiellen Überlegungen nun aber? Genauere quantitative Auswertungen gibt es meines Wissens zu keinem der Phänomene. Es besteht also mindestens eine "gewisse Restunsicherheit" bezüglich dieser Effekte, wenn nicht mehr als das. Welche Vorhersagen dabei für ein chaotisches System möglich sind, wenn man Anfangs- und Rahmenbedingungen nicht genau kennt, habe ich weiter oben beschrieben. Selbst bei exakter Kenntnis aller Informationen kann man im besten Falle Wahrscheinlichkeitsverteilungen für das zukünftige Klima erwarten. Was aber kann man erwarten, wenn die Informationen, welche man hat, sowohl qualitativ wie auch quantitativ, noch recht vielen Unsicherheiten unterliegen? Es ist in vielerlei Hinsicht ein "hoch komplexes Stochern im Nebel".

Mir persönlich erscheint es dabei recht plausibel, daß die Temperatur der Erdatmosphäre keine lineare Funktion der CO2 Konzentration sein kann, da gegenläufige Effekte in ihrer Stärke, mit steigender CO2 Konzentration, zu- bzw. abzunehmen scheinen. Mit anderen Worten: "Beliebige Aufwärmung" der Atmosphäre, durch "beliebiges Steigern der CO2 Konzentration", erscheint mir recht unwahrscheinlich. Dafür könnten in meinen Augen zwei empirische Beobachtungen sprechen. Zum einen die Tatsache, daß die globale Temperatur seit etwa 15 Jahren nicht mehr gestiegen ist, sondern seitwärts tendiert. Zum anderen die Tatsache, daß die Vorhersagen der gängigen Klimamodelle, welche eine hohe erwärmende Wirkung durch CO2 vorher sagen, von der empirischen Beobachtung recht stark nach oben abweichen. Ein Beweis gegen den vom Menschen verursachten Klimawandel ist das natürlich nicht, aber ein Grund für berechtigte Zweifel und genau darum geht es mir. Ich weiß die "Wahrheit über das zukünftige Klima" genauso wenig wie diejenigen, die eine "Klima Apokalypse" auf uns zusteuern sehen. Ich bin genauso auf Vermutungen angewiesen, wie jeder andere auch. Wo man aber vermuten muß, kann man nicht "wissen", sondern höchsten "glauben" und der Glauben droht dabei in der Klimafrage zu einem Dogma zu werden. Genau bei diesem Übergang von einer Vermutung zum einem Dogma verläuft für mich die Grenze zwischen Wissenschaft und Religion.

Kommen wir abschließend zu meiner dritten eingangs gestellten Frage: Ist eine Erwärmung des Klimas gut oder schlecht für den Menschen? Mich verwundert immer wieder, wie selbstverständlich fast jeder davon ausgeht, daß diese Frage eindeutig mit "schlecht" beantwortet werden muss, obwohl das alles andere als selbstverständlich ist. Beim Thema Erderwärmung denkt jeder sofort an eine Vernichtung des Lebensraums der Eisbären, verdorrende Landstriche, Extremwetterereignisse oder abtauende Polkappen, welche Küstenregionen im Meer versinken lassen.

Eisbären sind aber lediglich die Anpassung der Natur vor etwa 150000 Jahren an sich veränderte Lebensbedingungen für Braunbären. Was spricht deshalb gegen eine Anpassung zurück in die andere Richtung? Neben möglicherweise verdorrenden Landstrichen scheint es durch eine Erderwärmung ebenfalls das Phänomen zu geben, daß bisher öde Landschaften wieder erblühen könnten. Auch ob Extremwetter Ereignisse durch eine Erwärmung der Erdatmosphäre zunehmen, scheint zumindest fraglich. Ebenfalls die Bedeutung eines möglichen (bei weitem nicht gesicherten) Abtauens der Polkappen erscheint mir nicht ausgemacht. Ganz sicher eine Veränderung, aber ob zum Guten oder zum Schlechten, woher will man das wissen? Einem Anstieg des Meeresspiegels und von Dürren betroffenen Landstrichen stehen möglicherweise ein eisfreies, besiedelbares Grönland und eine grüne Sahara gegenüber. Selbst wenn man sich nicht darauf einigen kann, ob die Veränderungen unserer Welt positiv oder negativ sein werden, kann man doch zumindest feststellen, daß der Mensch in seiner Entwicklung mehrfach gezeigt hat, wie groß seine Anpassungsfähigkeit an sich veränderte Lebensbedingungen ist. Auch seine gestalterische Kraft, wenn es darum geht seine Umwelt an die gewünschten Lebensbedingungen anzupassen, könnte Hoffnung für jedwede Zukunft geben.

Unser Land leistet sich nun eine Energiewende zur Reduzierung des CO2 Ausstoßes, welche laut Bundesumweltministerium 1000 Milliarden EUR kostet. Wie hoch die Kosten tatsächlich sein werden, wenn die Schätzung eines Ministeriums schon so hoch liegt, kann man möglicher Weise aus anderen Fällen Öffentlicher Planung hoch rechnen. Dort können Planung und Realität mitunter um einen "Faktor sechs" auseinander liegen. Wie von mir erläutert, weiß man aus verschiedenen Gründen nicht, ob diese CO2 Emissionen, welche man verhindert, überhaupt ein Problem wären. Man gibt diese riesige Summe demnach aufgrund eines Verdachts aus. Aber selbst wenn man gesichert davon ausgeht, daß weiter steigender CO2 Ausstoß unausweichlich in eine Katastrophe führt, gibt es dennoch große Zweifel daran, daß diese 1000 Milliarden EUR zur Behebung des Problems gut investiert sind.

Was mich in diesem Zusammenhang überrascht, ist das völlige Fehlen einer öffentlichen Diskussion darüber, daß diese 1000 Milliarden EUR der Energiewende nicht zur Behebung anderer Probleme in unserer Republik investiert werden können. Solche "anderen Probleme" erscheinen mir mitunter weitaus evidenter als das mögliche Problem des durch den Menschen verursachten Klimawandels. Ist die innere und äußere Sicherheit unserer Republik, Flüchtlingshilfe und Integration, Bildung oder auch Erhalt der Infrastruktur nicht möglicher Weise dringlicher? Was könnte man hier mit einem Betrag von 1000 Milliarden EUR alles erreichen.

Die realen Risiken für unser Stromnetz, welche die Energiewende bei einem gleichzeitigen Ausstieg aus Kohle- und Atomkraft dabei bedeutet und die Katastrophe, welche der Zusammenbruch des Stromnetzes bedeuten würde, sind in dieser Betrachtung der "Kosten" dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Mir persönlich erscheinen die Szenarien im Zuge eines kurzfristigen Blackouts durchaus bedrohlicher, als die langfristigen Szenarien von "Wahrscheinlichkeitsverteilten Klimaszenarien".

Wissenschaft heißt zweifeln, weil es keine Sicherheit über die Erkenntnis gibt. Karl Popper formulierte in diesem Zusammenhang: "Die Objektivität der wissenschaftlichen Sätze liegt darin, daß sie intersubjektiv nachprüfbar [also falsifizierbar] sein müssen". Wissenschaftliche Theorien können daher per definitionem niemals Wahrheit im Sinne eines Dogmas sein. Zettel schrieb dazu einmal, wie er seinen Erstsemestern erläutert, daß Wissenschaft nicht durch Mehrheitsbeschlüsse entschieden wird. Wo man den Zweifel in Richtung Dogma verläßt, verläßt man die Wissenschaft hin zum Glauben. Das ist im Grunde weder verwerflich noch ungewöhnlich. Verwerflich wird es in meinen Augen dann, wenn man dem Dogma den Anstrich einer empirisch bestätigten, wissenschaftlichen Theorie zu geben sucht. Dies ist nichts anderes als der Versuch, einen "wissenschaftlichen Gottesbeweis" inklusive abgeleiteter Moral zu konstruieren, welche dann einen weltlichen Machtanspruch legitimiert. Genau das ist, was mich an dunklere Kapitel der Kirchengeschichte erinnert. Genau das ist der Grund, warum ich die Art und Weise wie die Klimadebatte geführt wird, als ein Vergehen an den Werten der Aufklärung empfinde.

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