30. September 2014

Vom Versuch zu verstehen, dass Islam nicht Islam ist.


Was der IS erreichen will und was auch schon das Ziel der Al-Qaida war - seinen Krieg nach Europa tragen - nimmt immer mehr Form an. Der IS steht an der türkischen Grenze und sammelt  dort seine Kräfte. 
Die politische Türkei, von der Regierung zum neuen Präsidenten Erdogan bis zur AKP, wird gezwungen sich zu positionieren. Die Türkei ist keineswegs so bereit sich gegen den IS zu stellen, wie dies die islamischen Verbände in Deutschland tun. Und das obwohl sie größtenteils von der Türkei bezahlt und gelenkt werden. 

Keiner weiß was der andere wirklich denkt. Noch weniger hat der eine Ahnung von einem religiösen Menschen, der eine anderen oder keiner Religion folgt.  Das Wort "Opfer" selbst vielfach geopfert. Skepsis ist deshalb durchaus angebracht.  
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Rückhalt für die Muslime, die sich deutlich distanzieren, aber auch. 
Noch nie haben sich die Muslime in Deutschland so deutlich distanziert von Barbarei und Terror der im Namen des Islam begangen wurde und werden wird.
Noch nie so deutlich wie es der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, getan hat. Zum Beispiel im "The European". Die Überschrift lautet:
Wenn der Islam missbraucht wird. Ich bin ein Jude, wenn eine Synagoge angegriffen wird, ein Christ, wenn diese im Irak vertrieben werden und ein Muslim, wenn es Anschläge auf Moscheen gibt. Zeit, füreinander einzustehen.
Dann geht er auf die Anschläge auf Moscheen ein. Danach folgendes Zitat:
Gleichzeitig wird uns täglich in den Medien vor Augen geführt, wie der ISIS im Namen des Islam schreckliche Verbrechen begeht. Die ohnehin zugenommene Islamfeindlichkeit hierzulande wird dadurch angeheizt. "Islamischer Staat von Irak und Syrien" ISIS (oder DAISH auf Arabisch), diese Inquisitions-Terroristen (Takfiris), die neben Muslimen nun auch Christen, Jesiden und Kurden auf dem Gewissen haben, betrieben ihr grausames Spiel der Spaltung und Abschlachtung bereits in Syrien. Damals erlebten wir keine militärische Intervention, hörten aber auch kaum ein mahnendes Wort der Gelehrten. Sehr spät – aber hoffentlich noch nicht zu spät – werden diese Terroristen nun durch alle islamischen Richtungen eindeutig verurteilt und ihr Vorgehen als Sünde gebrandmarkt.
Dann geht er auf die Trennschärfe zwischen friedlichen Muslimen und extremistischen ein und zitiert einen Blogger der Islamischen Zeitung der dazu aufruft sich der Debatte zu stellen. Aufrichtig und ergebnisoffen. "Um einer fortlaufenden Spaltung in unserer Gesellschaft entgegenzuwirken". Auch in den Wohnzimmern wie er schreibt, bevor "die Entfremdung Maße annimmt, bei der sich keine Seite mehr in die Augen schauen kann." 

In der Tat. Darum geht es. 
Es geht über kurz oder lang auch um den inneren Frieden in Deutschland. Schon droht die Linke mit Friedensdemonstrationen für den Fall der absolut notwendigen Teilnahme Deutschlands (und nebenbei auch der Erhöhung des Wehretats) an dem Kampf gegen den IS und es steht zu befürchten, dass die Barbarei des IS die Feigheit antiwestlicher Aktivisten nicht verstummen lässt.

Schlimmer noch: Den IS kann man nicht vertreiben oder entwaffnen und dann die Armee einfach auflösen. Er muss besiegt und geschlagen werden. Cameron und Obama sprachen von "destroy". Ich denke, das ist deutlich genug.
Und es ist ein ganz ähnliches Problem vor dem Israel seit seiner Gründung steht. Wenn es nicht das gleiche ist.

Was ich damit ausdrücken möchte, ist die meiner Ansicht nach dringende Notwendigkeit der klaren Unterscheidung wenn es um Muslime hier in Deutschland geht, aber auch außerhalb. Sie war kaum jemals bedeutsamer als heute und vermutlich in der Zukunft. Und die Anerkennung darüber, dass Muslime in Deutschland die von Nichtmuslimen immer wieder zu Recht geforderte Distanzierung gegenüber muslimischen Extremisten beginnen zu vollziehen.

Es ist wichtig dies anzuerkennen. 
Warum darauf beharren, dass die Barbaren des IS den Islam nicht missbrauchen sondern ihn nehmen wie er ist. Warum wollen wir im Westen uns in eine Islaminterpretation einmischen? 
Und vor allem: Warum die Interpretation der Barbaren übernehmen? Wenn es auch andere gibt? 
Die arabischen Staaten sind nicht an der Etablierung eines Kalifats interessiert, deshalb unterstützen sie aktiv die Luftschläge gegen den IS. 
Es gibt nicht den Islam. Ob sich jemals eine Interpretation des Islam durchsetzen wird ist eine völlig offene Frage, ebenso wie die, welche es dann sein wird. Sollte daraus für die Nichtmuslime in ihrem Umgang mit den Muslimen in ihrer Nachbarschaft und ihrem Land nicht folgen, von einer Interpretation des Islam auszugehen, die Hass und Barbarei ablehnt? 
Ist es nicht einem friedlichen Miteinander förderlicher diese Muslime beim Wort zu nehmen, anstatt den Extremisten eine Stimme zu geben?
Ich denke ja.

Was wirklich zählt ist die glaubhafte und aktive Distanzierung. Vielen Muslimen ist diese Distanzierung offenbar nur möglich wenn "ihr" Islam nicht mit dem der Barbaren in Verbindung gebracht wird.
Das versuche ich zu verstehen. 
Und wenn diese Distanzierung die dem Islam innewohnende politische Ideologie einschließt, weil sich die um Distanzierung bemühten Muslime zum demokratischen Rechtsstaat bekennen, versuche ich auch das zu verstehen.
Diese Möglichkeit auszuschließen halte ich für einen Fehler. Optionen müssen eröffnet nicht geschlossen werden.

Die Distanzierung vollzieht sich weltweit. Auf beiden Seiten. Abu Sayyaf, die Terrororganisation auf den Philippinen die zwei deutsche Segler droht zu enthaupten, hat sich ebenso dem IS angeschlossen wie es auch die Al-Nusra-Front (Al-Qaida Ableger in Syrien) demnächst tun wird.
Und es schließen sich islamische (sunnitische) Länder an, (sunnitische) Terroristen mit ihrer Luftwaffe zu bekämpfen.

Das ist m.E. der Weg dieser sehr ernst zu nehmenden Bedrohung wirksam begegnen zu können.

Mein geschätzter Kollege Llarian hat zum Thema den Kontrapunkt geschrieben.
  

Erling Plaethe


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