28. September 2014

Strategie auf Neudeutsch

Deutschland hat sich beharrlich gewehrt und geziert nicht bei der neuen Koalition der Willigen mitmachen zu müssen. Während das kleine Dänemark sieben F-16 Kampfflugzeuge schickt, Saudi Arabien gar einen leibhaftigen Prinzen im Kampfjet und die Arabischen Emirate eine Lady Liberty in einem solchen, hat Deutschland eine aktive Beteiligung kategorisch ausgeschlossen.
"Weder sind wir gefragt worden, das zu tun, noch werden wir das tun."
Das sagte unser Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 11.9., dem Jahrestag der Terroranschläge auf New York, dem Pentagon und dem verhinderten Anschlag auf das Weiße Haus.

Deutschlands Beteiligung besteht nun erst einmal darin, Gewehre, Pistolen und Panzerfäuste in den kurdischen Nordirak zu schicken - mit Ausbildern. Die sollen den Kämpfern zeigen, wie man so etwas benutzt.
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Mit dieser Idee hatte sich Deutschland eigentlich schon genug lächerlich gemacht, aber da musste noch einer drauf gelegt werden. Das Fluggerät fiel aus. Für den Transport der Waffen und ihrer Ausbilder.
Es soll natürlich nicht unerwähnt bleiben, dass auch noch Milan-Abwehrraketen geliefert werden sollen.

Wer dachte, das das Fremdschämen nun langsam ein Ende finden möge, sah sich seiner Hoffnung beraubt. Eigentlich fing es nun erst richtig an peinlich zu werden.

Die Spekulation für Deutschlands Zurückhaltung ging bis dahin mehr in die Richtung, dass man keine Bilder von geköpften Deutschen sehen wollte und sich deshalb zurückhielt. Auch die Türkei wartete erst mal ab. Nur musste die tatsächlich um das Leben von Geiseln bangen, was uns noch bevorstand.
Als dann tatsächlich auch deutschen Geiseln diese barbarische Hinrichtungsmethode drohte, wurde es grotesk. Die Medien in Deutschland meldeten:
Die Bundesregierung sieht keine Veranlassung, ihre Strategie im Kampf gegen den IS zu ändern. Drohungen seien nicht das geeignete Mittel, um Einfluss auf die deutsche Außenpolitik zu nehmen, betonte das Außenministerium in Berlin. «An unserer Politik in Syrien und Irak wird sich deshalb auch nichts ändern», sagte eine Sprecherin.
Da fragte ich mich, von welcher Strategie ist hier die Rede?
Die, welche gerade gescheitert war, weil ja eine Geiselnahme mit der Zurückhaltung nicht verhindert werden konnte?
Und was bringt die Bundesregierung dazu ihr Verhalten "Strategie" zu nennen? 
Ein Blick in die Wikipedia und der Suchende erfährt:
Strategie (von altgriechisch strategos "Feldherr, Kommandant")ist ein längerfristig ausgerichtetes Anstreben eines Ziels unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und Ressourcen.
Welches Ziel?


Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. 
Das Ziel war die jahrelange Verschleierung, bis hin zum Brechen von Zusagen im NATO-Bündnis, des desolaten Zustandes der Bundeswehr.
Des Umstandes, dass sie gar nicht kann, selbst wenn sie wollte, zu tun, was sie nicht tun wird. 
Um es mal einfacher auszudrücken: 
Deutschland ist nicht bündnisunwillig sondern bündnisunfähig.
Wobei das Eine das Andere nicht ausschließen muss. Aber ich will mal nicht annehmen, dass die Bundeswehr heruntergewirtschaftet wurde, damit es leichter fällt, die Forderungen der Bündnispartner abzulehnen.

So etwas Strategie zu nennen ist wirklich dreist. Und wieder einmal fragt man sich als Bürger, wie auch zu Recht als Parlamentarier:
Wessen Geistes Kind ist eine solch strategische Veräppelung des Parlaments und der Bürger?

Da wird über Jahrzehnte ein verzerrtes Bild von der Bundeswehr als Brunnenbauer und Peacekeeper gezeichnet und dann stellt sich heraus, dass die Arbeit der Bundeswehr vor allem in der Verwaltung des Mangels besteht, der sie, nach dem Ende des Einsatzes in Afghanistan, in der Tat nur noch Funkgeräteeinsätze im Mittelmeer durchführen und Brunnen bauen lassen wird.

Das Verteidigungsministerium, vom ehemaligen Minister Manfred Wörner mal als "Schleudersitz, Schlangengrube, ein Sack voller Minen" bezeichnet, ist auch ein Aushängeschild für den Teil deutscher Außenpolitik, der zu den Kernaufgaben eines jeden Staates gehört.
Deutschlands Rolle als Teil des westlichen Bündnisses und wirtschaftliche Großmacht sollte es eigentlich verbieten, auf die Partner  zu verweisen, die verteidigungspolitische Risiken und Opfer bringen, nur um die eigene Tatenlosigkeit nach innen zu legitimieren. 

Vor allem wenn man bedenkt, wofür Deutschland hunderte Milliarden dem Bürger abverlangt - um Hirngespinsten wie der Energiewende nachzujagen. Dabei wäre ein geringer Bruchteil dessen ausreichend, um gegenüber den Partnern seine eingegangenen Verpflichtungen zu erfüllen.


 Erling Plaethe

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