Der aktuell meistkommentierte Artikel in "Zeit-Online" stammt nicht aus dessen Redaktion oder derjenigen der gedruckten "Zeit", sondern ist eine Übernahme vom Kooperationspartner "Tagesspiegel", wo er unter einem etwas anderen Titel zu lesen ist. "'Deutschenfeindlichkeit' - Rassismus ist das falsche Wort" lautet die Überschrift bei "Zeit-Online" und "Menschenrechte - Rassismus gegen Deutsche? Das falsche Wort" beim ursprünglichen Artikel im "Tagesspiegel". Auch der Vorspann ist bei "Zeit-Online" leicht verändert. Ansonsten ist der Text derselbe.
Die Autorin ist Andrea Dernbach, mit der es mir so gegangen ist wie vor zwei Jahren Gudrun Eussner:
Aber nun gut. Es geht um Begriffe, nicht Personen. Dernbach möchte zur Begriffsklärung beitragen. Das allerdings mißlingt ihr gründlich. Statt zu klären, vermantscht sie die Begriffe. Da es sich um nicht ganz unerhebliche Begriffe handelt, erscheint mir eine Klärung angezeigt.
Worum es der Autorin geht, das sagt der Vorspann des Artikels, Version "Tagesspiegel":
Rassismus war keineswegs "immer der Vorwurf der Unterdrückten an die Adresse der Unterdrücker, der Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse gegen deren Nutznießer". Das ist einfach nicht wahr. Diese Definition mag vielleicht Klassenkampf beschreiben, aber nicht Rassismus.
Der Begriff des Rassismus wurde und wird in unterschiedlicher Bedeutung verwendet; darüber gibt der einschlägige Artikel in der deutschen Wikipedia recht erschöpfend Auskunft. Es ist ein redundanter, schlecht strukturierter Artikel, aber an Material ist in ihm wahrlich kein Mangel. Man findet dort zahlreiche Definitionen; keine kommt auch nur in die Nähe dessen, was Dernbach behauptet.
Es geht nicht um gesellschaftliche Verhältnisse; es geht nicht um Unterdrückung. Sondern es geht um Einstellungen gegenüber bestimmten anderen Menschen. Rassismus ist, mit anderen Worten, eine sozialpsychologische und keine soziologische Kategorie.
Rassismus ist auch kein Vorwurf, sondern ein Sachverhalt; ein Phänomen, das es wissenschaftlich zu beschreiben und zu erklären gilt.
Rassismus besteht - darin sind sich die Definitionen bei aller ihrer Verschiedenheit weitgehend einig - darin, daß denjenigen Menschen, die bestimmten Gruppen angehören, allein wegen dieser Gruppenzugehörigkeit bestimmte (in der Regel negative) Eigenschaften zugeschrieben werden. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen vorgeschlagenen Definitionen liegen darin, wie diese Gruppen bestimmt werden.
In der engeren, klassischen und der Wortbedeutung entsprechenden Definition sind das biologisch oder biologistisch definierte Gruppen. In der von Fachwissenschaftlern im Jahr 1995 formulierten UNESCO-Erklärung gegen den "Rasse"-Begriff findet man diese Definition präzise formuliert:
Es ist unerheblich, welche Art sozialer Ungleichheit in dieser Weise biologistisch "begründet" wird. Die amerikanischen Rassisten erklärten so die gesellschaftliche Benachteiligung der Schwarzen; die Nazis leiteten aus ihrem biologistischen Antisemitismus umgekehrt ab, warum innerhalb ihres Wahnsystems "der Jude" gerade in gesellschaftlichen Spitzenpositionen anzutreffen sei. Ähnlich trifft der in Südostasien weitverbreitete antichinesische Rassismus die Auslandschinesen deshalb, weil sie in der Regel wirtschaftlich ungewöhnlich erfolgreich sind.
Seit der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts hat sich der Begriff des Rassismus allerdings ausgeweitet. Aus meiner Sicht ist diese Entwicklung bedauerlich, denn der Begriff wurde damit verschwommen und teilweise nachgerade identisch mit dem der Xenophobie; somit überflüssig.
Einen wesentlichen Anteil daran hat die UNO, die 1965 im Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung als Rassendiskriminierung "jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung" bezeichnete.
Wohlgemerkt - hier ist nicht von Rassismus als einer Einstellung die Rede, sondern von Rassendiskriminierung als einer möglichen institutionellen, vom Staat zu verantwortenden Folge von Rassismus; ein Beispiel ist die gesetzlich vorgeschriebene Apartheid im damaligen Südafrika. Dennoch wird durch die Ausweitung auf nationalen Ursprung und Volkstum die Grenze des Begriffs der Rasse so weit gezogen, daß er seine ursprüngliche biologistische Bedeutung verliert.
Kehren wir zurück zum Artikel von Andrea Dernbach und seinem Anlaß, dem Prozeß gegen die Schläger von Berlin-Lichtenberg. Hier finden Sie einen Bericht über die Tat. Die Täter kannten das Opfer nicht; es war ein Straßenüberfall. Nach den Ermittlungen der Polizei hatte die Tat aber auch einen deutschenfeindlichen Hintergrund. Die Täter - Jugendliche aus Kenia, Albanien, dem Kosovo und aus Bosnien - hatten den ihnen unbekannten Mann als "Scheiß-Nazi" beschimpft.
Handelt es sich hier um Rassismus? In der eigentlichen und richtigen Bedeutung des Worts eindeutig nicht. So wenig, wie es sich um Rassismus handelt, wenn Neonazis gegen Türken hetzen; sie tun das ja nicht wegen deren "Rasse", sondern weil es Fremde sind. Noch nicht einmal die Nazis wären auf den Gedanken verfallen, von einer "türkischen Rasse" zu phantasieren.
Wenn man allerdings den Begriff in dem genannten weiteren Sinn versteht und auch Feindseligkeit aufgrund von "nationalem Ursprung" oder "Volkstum" einbezieht, dann sind die Neonazis, die "Türken raus!" rufen, Rassisten; und dann ist es auch rassistisch, einen Deutschen allein wegen seiner Herkunft als Nazi zu beschimpfen. Oder - diese Beispiele gibt Dernbach - als "deutsche Kartoffel", "deutsche Schlampe" oder "dreckigen Deutschen".
Diesen weiten Begriff von Rassismus hat die von Dernbach kritisierte Ministerin Schröder in ihrer vielzitierten Äußerung benutzt:
Besser wäre es, im einen wie im anderen Fall auf den Begriff des Rassismus zu verzichten. Der wissenschaftlich richtige Begriff ist Xenophobie, die Feindseligkeit gegenüber Menschen aus einer anderen Kultur. Aber wenn man schon den weiten Begriff des Rassismus benutzt, dann sollte man das auch konsistent tun. Dann liegt Rassismus vor, ob nun Oliver den Ibrahim beschimpft oder Ibrahim den Oliver.
Wie kann Dernbach diese simple Wahrheit einfach abstreiten? Indem sie sich den Begriff des Rassismus zurechtbiegt. Er "erzählt von Macht", dieser Begriff, meint sie. Ein Blick in die Wikipedia, in das zitierte Dokument der UNESCO oder in ein beliebiges Lehrbuch der Sozialpsychologie hätte sie belehrt, daß das schlicht nicht so ist. Wenn der Begriff von etwas "erzählt", dann von Feindseligkeit und Haß; manchmal gegen sozial Besser-, manchmal gegen sozial Schlechtergestellte.
Dieses Manipulieren von Begriffen, bis man sie für die eigene politische Agitation zurechtgeschnitten hat, ist der eine Grund, warum ich diesen Artikel ärgerlich finde. Der andere ist ein Verdacht, den die Autorin äußert; ein an den Haaren herbeigezogener Verdacht: "Der Kampfbegriff der Deutschenfeindlichkeit soll aber auch nicht Wirklichkeit beschreiben, sondern die Mehrheit moralisch entlasten: Wenn junge Türken, Kosovaren und Libanesen auch Rassisten sind, sind wir vielleicht gar nicht so schlimm?"
Wie kommt sie auf diesen Verdacht, die Autorin Andrea Dernbach? Wieso nennt sie Deutschenfeindlichkeit einen "Kampfbegriff"? Ist dann auch "Ausländerfeindlichkeit" oder "Türkenfeindlichkeit" ein Kampfbegriff?
Der Begriff wird von der Berliner Staatsanwalt im vorliegenden Fall verwendet, weil er auf ein durch Zeugenaussagen wahrscheinlich gemachtes Tatmotiv zutrifft. Es ist absurd, diesen Staatsanwälten - oder der Ministerin Schröder - zu unterstellen, sie wollten mit der Verwendung dieses Begriffs jemanden "moralisch entlasten".
Es ist absurd und ehrenrührig, zu implizieren, die Berliner Staatsanwälte wollten das. Es ist nachgerade eine Unverforenheit gegenüber der Ministerin Schröder, die ausdrücklich das Gegenteil gesagt hat. Ich habe es oben zitiert: "Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Islam-feindlichkeit müssten mit aller Härte bekämpft werden, betonte Schröder".
Ach ja, da tauchte drittens der Begriff der Menschenrechte auf. Was dieser Begriff im Zusammenhang mit einem räuberischen Überfall mit wahrscheinlich deutschen-feindlichem Hintergrund soll, habe ich leider nicht verstanden.
Die Autorin ist Andrea Dernbach, mit der es mir so gegangen ist wie vor zwei Jahren Gudrun Eussner:
Vielleicht erklärt die Redaktion des Tagesspiegels einmal in wenigen Worten, wer Andrea Dernbach ist, und was sie zu solchen Äußerungen befähigt. Im Internet findet man außer ihrem Foto nichts über sie.Was man lediglich findet, das sind journalistische Arbeiten, die darauf hindeuten, daß sie sich für Theologie, Islam und Einwanderung interessiert. Außerdem findet man im Internet Anwürfe von rechten Extremisten gegen sie, die bis ans Infame reichen.
Aber nun gut. Es geht um Begriffe, nicht Personen. Dernbach möchte zur Begriffsklärung beitragen. Das allerdings mißlingt ihr gründlich. Statt zu klären, vermantscht sie die Begriffe. Da es sich um nicht ganz unerhebliche Begriffe handelt, erscheint mir eine Klärung angezeigt.
Worum es der Autorin geht, das sagt der Vorspann des Artikels, Version "Tagesspiegel":
Vor der Anklageerhebung gegen vier Jugendliche, die in Lichtenberg einen Mann brutal zusammenschlagen haben sollen, ist von "Deutschenfeindlichkeit" die Rede. Die Rassismus-Debatte beginnt - leider an der falschen Stelle.In der Überschrift ist, wie oben zitiert, außerdem von Menschenrechten die Rede. Um diese drei Begriffe also geht es: Menschenrechte, Deutschenfeindlichkeit, Rassismus. Andrea Dernbach schreibt:
Rassismus war immer der Vorwurf der Unterdrückten an die Adresse der Unterdrücker, der Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse gegen deren Nutznießer. Er erzählt von Macht. Dass Migranten in einer Machtposition gegenüber autochthonen Deutschen wären, würde wohl auch Ministerin Schröder nicht behaupten. Der Kampfbegriff der Deutschenfeindlichkeit soll aber auch nicht Wirklichkeit beschreiben, sondern die Mehrheit moralisch entlasten: Wenn junge Türken, Kosovaren und Libanesen auch Rassisten sind, sind wir vielleicht gar nicht so schlimm?Daran ist so ziemlich alles falsch.
Rassismus war keineswegs "immer der Vorwurf der Unterdrückten an die Adresse der Unterdrücker, der Opfer gesellschaftlicher Verhältnisse gegen deren Nutznießer". Das ist einfach nicht wahr. Diese Definition mag vielleicht Klassenkampf beschreiben, aber nicht Rassismus.
Der Begriff des Rassismus wurde und wird in unterschiedlicher Bedeutung verwendet; darüber gibt der einschlägige Artikel in der deutschen Wikipedia recht erschöpfend Auskunft. Es ist ein redundanter, schlecht strukturierter Artikel, aber an Material ist in ihm wahrlich kein Mangel. Man findet dort zahlreiche Definitionen; keine kommt auch nur in die Nähe dessen, was Dernbach behauptet.
Es geht nicht um gesellschaftliche Verhältnisse; es geht nicht um Unterdrückung. Sondern es geht um Einstellungen gegenüber bestimmten anderen Menschen. Rassismus ist, mit anderen Worten, eine sozialpsychologische und keine soziologische Kategorie.
Rassismus ist auch kein Vorwurf, sondern ein Sachverhalt; ein Phänomen, das es wissenschaftlich zu beschreiben und zu erklären gilt.
Rassismus besteht - darin sind sich die Definitionen bei aller ihrer Verschiedenheit weitgehend einig - darin, daß denjenigen Menschen, die bestimmten Gruppen angehören, allein wegen dieser Gruppenzugehörigkeit bestimmte (in der Regel negative) Eigenschaften zugeschrieben werden. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen vorgeschlagenen Definitionen liegen darin, wie diese Gruppen bestimmt werden.
In der engeren, klassischen und der Wortbedeutung entsprechenden Definition sind das biologisch oder biologistisch definierte Gruppen. In der von Fachwissenschaftlern im Jahr 1995 formulierten UNESCO-Erklärung gegen den "Rasse"-Begriff findet man diese Definition präzise formuliert:
Rassismus ist der Glaube, daß menschliche Populationen sich in genetisch bedingten Merkmalen von sozialem Wert unterscheiden, so daß bestimmte Gruppen gegenüber anderen höherwertig oder minderwertig sind.Etwas ausführlicher definiert die Wikipedia:
Rassismus, im strengen Sinne des Wortes, erklärt soziale Phänomene anhand pseudowissenschaftlicher Analogieschlüsse aus der Biologie. Als Reaktion auf die egalitären Universalitätsansprüche der Aufklärung versucht er eine scheinbar unantastbare Rechtfertigung sozialer Ungleichheit durch den Bezug auf naturwissenschaftliche Erkenntnisse. Kultur, sozialer Status, Begabung und Charakter, Verhalten, etc. gelten als durch die erbbiologische Ausstattung determiniert.Das ist der Rassismus, wie er sich beispielsweise im Amerika des Neunzehnten und teilweise noch des Zwanzigsten Jahrhunderts gegen Schwarze richtete. Ihren schlimmsten Ausdruck hat diese Art von Rassismus im biologistischen Antisemitismus der Nazis gefunden.
Es ist unerheblich, welche Art sozialer Ungleichheit in dieser Weise biologistisch "begründet" wird. Die amerikanischen Rassisten erklärten so die gesellschaftliche Benachteiligung der Schwarzen; die Nazis leiteten aus ihrem biologistischen Antisemitismus umgekehrt ab, warum innerhalb ihres Wahnsystems "der Jude" gerade in gesellschaftlichen Spitzenpositionen anzutreffen sei. Ähnlich trifft der in Südostasien weitverbreitete antichinesische Rassismus die Auslandschinesen deshalb, weil sie in der Regel wirtschaftlich ungewöhnlich erfolgreich sind.
Seit der zweiten Hälfte des Zwanzigsten Jahrhunderts hat sich der Begriff des Rassismus allerdings ausgeweitet. Aus meiner Sicht ist diese Entwicklung bedauerlich, denn der Begriff wurde damit verschwommen und teilweise nachgerade identisch mit dem der Xenophobie; somit überflüssig.
Einen wesentlichen Anteil daran hat die UNO, die 1965 im Internationalen Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung als Rassendiskriminierung "jede auf der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum beruhende Unterscheidung, Ausschließung, Beschränkung oder Bevorzugung" bezeichnete.
Wohlgemerkt - hier ist nicht von Rassismus als einer Einstellung die Rede, sondern von Rassendiskriminierung als einer möglichen institutionellen, vom Staat zu verantwortenden Folge von Rassismus; ein Beispiel ist die gesetzlich vorgeschriebene Apartheid im damaligen Südafrika. Dennoch wird durch die Ausweitung auf nationalen Ursprung und Volkstum die Grenze des Begriffs der Rasse so weit gezogen, daß er seine ursprüngliche biologistische Bedeutung verliert.
Kehren wir zurück zum Artikel von Andrea Dernbach und seinem Anlaß, dem Prozeß gegen die Schläger von Berlin-Lichtenberg. Hier finden Sie einen Bericht über die Tat. Die Täter kannten das Opfer nicht; es war ein Straßenüberfall. Nach den Ermittlungen der Polizei hatte die Tat aber auch einen deutschenfeindlichen Hintergrund. Die Täter - Jugendliche aus Kenia, Albanien, dem Kosovo und aus Bosnien - hatten den ihnen unbekannten Mann als "Scheiß-Nazi" beschimpft.
Handelt es sich hier um Rassismus? In der eigentlichen und richtigen Bedeutung des Worts eindeutig nicht. So wenig, wie es sich um Rassismus handelt, wenn Neonazis gegen Türken hetzen; sie tun das ja nicht wegen deren "Rasse", sondern weil es Fremde sind. Noch nicht einmal die Nazis wären auf den Gedanken verfallen, von einer "türkischen Rasse" zu phantasieren.
Wenn man allerdings den Begriff in dem genannten weiteren Sinn versteht und auch Feindseligkeit aufgrund von "nationalem Ursprung" oder "Volkstum" einbezieht, dann sind die Neonazis, die "Türken raus!" rufen, Rassisten; und dann ist es auch rassistisch, einen Deutschen allein wegen seiner Herkunft als Nazi zu beschimpfen. Oder - diese Beispiele gibt Dernbach - als "deutsche Kartoffel", "deutsche Schlampe" oder "dreckigen Deutschen".
Diesen weiten Begriff von Rassismus hat die von Dernbach kritisierte Ministerin Schröder in ihrer vielzitierten Äußerung benutzt:
Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Islamfeind-lichkeit müssten mit aller Härte bekämpft werden, betonte Schröder. "Aber auch Deutschenfeindlichkeit ist Fremdenfeindlichkeit, ja Rassismus. Denn hier wird jemand diskriminiert, weil er einer bestimmten Ethnie angehört."Kristina Schröder hat Recht, selbstverständlich. Es ist widersinnig, das eine Rassismus zu nennen und das andere nicht. Man kann nicht den deutschen Jugendlichen einen Rassisten nennen, der seinen Schulkameraden einen "Scheiß-Araber" nennt, es aber ablehnen, von Rassismus zu sprechen, wenn dieser sich mit "Scheiß-Deutscher" revanchiert.
Besser wäre es, im einen wie im anderen Fall auf den Begriff des Rassismus zu verzichten. Der wissenschaftlich richtige Begriff ist Xenophobie, die Feindseligkeit gegenüber Menschen aus einer anderen Kultur. Aber wenn man schon den weiten Begriff des Rassismus benutzt, dann sollte man das auch konsistent tun. Dann liegt Rassismus vor, ob nun Oliver den Ibrahim beschimpft oder Ibrahim den Oliver.
Wie kann Dernbach diese simple Wahrheit einfach abstreiten? Indem sie sich den Begriff des Rassismus zurechtbiegt. Er "erzählt von Macht", dieser Begriff, meint sie. Ein Blick in die Wikipedia, in das zitierte Dokument der UNESCO oder in ein beliebiges Lehrbuch der Sozialpsychologie hätte sie belehrt, daß das schlicht nicht so ist. Wenn der Begriff von etwas "erzählt", dann von Feindseligkeit und Haß; manchmal gegen sozial Besser-, manchmal gegen sozial Schlechtergestellte.
Dieses Manipulieren von Begriffen, bis man sie für die eigene politische Agitation zurechtgeschnitten hat, ist der eine Grund, warum ich diesen Artikel ärgerlich finde. Der andere ist ein Verdacht, den die Autorin äußert; ein an den Haaren herbeigezogener Verdacht: "Der Kampfbegriff der Deutschenfeindlichkeit soll aber auch nicht Wirklichkeit beschreiben, sondern die Mehrheit moralisch entlasten: Wenn junge Türken, Kosovaren und Libanesen auch Rassisten sind, sind wir vielleicht gar nicht so schlimm?"
Wie kommt sie auf diesen Verdacht, die Autorin Andrea Dernbach? Wieso nennt sie Deutschenfeindlichkeit einen "Kampfbegriff"? Ist dann auch "Ausländerfeindlichkeit" oder "Türkenfeindlichkeit" ein Kampfbegriff?
Der Begriff wird von der Berliner Staatsanwalt im vorliegenden Fall verwendet, weil er auf ein durch Zeugenaussagen wahrscheinlich gemachtes Tatmotiv zutrifft. Es ist absurd, diesen Staatsanwälten - oder der Ministerin Schröder - zu unterstellen, sie wollten mit der Verwendung dieses Begriffs jemanden "moralisch entlasten".
Es ist absurd und ehrenrührig, zu implizieren, die Berliner Staatsanwälte wollten das. Es ist nachgerade eine Unverforenheit gegenüber der Ministerin Schröder, die ausdrücklich das Gegenteil gesagt hat. Ich habe es oben zitiert: "Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus und Islam-feindlichkeit müssten mit aller Härte bekämpft werden, betonte Schröder".
Ach ja, da tauchte drittens der Begriff der Menschenrechte auf. Was dieser Begriff im Zusammenhang mit einem räuberischen Überfall mit wahrscheinlich deutschen-feindlichem Hintergrund soll, habe ich leider nicht verstanden.
Zettel
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.