13. Juli 2011

Kurioses, kurz kommentiert: Österreichs Nationalhymne soll feminisiert werden. Ich hätte dazu einen Vorschlag ...

Wien/Innsbruck - Nach jahrelangen Diskussionen wird es nun mit der Änderung der Bundeshymne ernst. SPÖ, ÖVP und Grüne haben sich darauf verständigt, die Textpassage, in der die "großen Söhne" besungen werden, um die "Töchter" zu erweitern. Das erklärten die Frauensprecherinnen der drei Parteien, Gisela Wurm (SPÖ), Dorothea Schittenhelm (ÖVP) und Judith Schwentner (Grüne), bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Beschlossen werden soll die Gesetzesänderung im Herbst, mit 1. Jänner 2012 könnte dann schon die neue Hymne gesungen werden.

Aus der heutigen Ausgabe des Wiener "Standard".


Kommentar: Hier ist der gegenwärtig noch geltende Text der österreichischen Nationalhymne:
Land der Berge, Land am Strome,
Land der Äcker, Land der Dome,
Land der Hämmer, zukunftsreich!
Heimat bist du großer Söhne,
Volk, begnadet für das Schöne,
Vielgerühmtes Österreich,
Vielgerühmtes Österreich.

Heiß umfehdet, wild umstritten,
Liegst dem Erdteil du inmitten
Einem starken Herzen gleich.
Hast seit frühen Ahnentagen
Hoher Sendung Last getragen,
Vielgeprüftes Österreich,
Vielgeprüftes Österreich.

Mutig in die neuen Zeiten,
Frei und gläubig sieh uns schreiten,
Arbeitsfroh und hoffnungsreich.
Einig lass in Brüderchören,
Vaterland, dir Treue schwören.
Vielgeliebtes Österreich,
Vielgeliebtes Österreich.
Diese Bundeshymne - sie wurde übrigens 1946 von einer Frau verfaßt, Paula Preradović - hat, wie die meisten Nationalhymnen, im Lauf der Jahre Patina angesetzt.

Kämen andere Länder auf die Idee, einmal nachzusehen, ob ihre Nationalhymne denn noch zeitgemäß ist, dann gäbe es wohl Gravierenderes zu beseitigen als eine fehlende Erwähnung von Töchtern in einer Metapher.

Ich habe mir einmal einige Nationalhymnen daraufhin angesehen und in einem der ersten Artikel in ZR darüber geschrieben (Randbemerkung: Nationalhymnen; ZR vom 16. 6. 2006): Die britische Hymne beispielsweise schließt mit dem Wunsch, die rebellischen Schotten zu zermalmen ("like a torrent rush, rebellious Scots to crush"). Die französische Marseillaise beschimpft die "brüllenden, grausamen" Soldaten des Gegners ("Entendez-vous dans les campagnes mugir ces féroces soldats?") und fordert, daß ihr "unreines Blut unsere Ackerfurchen tränken" möge ("Qu'un sang impur abreuve nos sillons"); und die US-Hymne äußert Freude darüber, daß "das Blut" der Feinde "die Vergiftung durch ihre widerlichen Fußspuren ausgewaschen" habe ("Their blood has wash'd out their foul footstep's pollution").

Nicht unbedingt das, was man heute noch vertreten würde, nicht wahr? Aber ein "Land der Hämmer" ist ja das heutige Österreich wohl auch nicht mehr; und "heiß umfehdet, wild umstritten" ist es glücklicherweise in unseren Tagen desgleichen nicht. Aber muß man das denn deshalb modernisieren? Und muß man die Hymne deshalb, weil der Dichterin vor mehr als einem halben Jahrhundert die Metapher der "Söhne" einfiel, daran jetzt eine "Töchter"-Metapher kleistern?

Das dürfte außerdem reichlich holprig werden; gedacht ist gegenwärtig an "Heimat großer Töchter, Söhne" oder auch "Heimat bist du großer Töchter und großer Söhne". Ich hätte einen anderen Vorschlag, der mir weniger kurios vorkommen will als das, was man jetzt vorhat:

Bekanntlich ist ja die deutsche Nationalhymne nur noch die dritte Strophe des von Hofmann von Fallersleben gedichteten "Liedes der Deutschen". Die erste wurde eliminiert, weil mißverständlich. Aber an der zweiten ist eigentlich nichts auszusetzen. Und sie enthält so viel Lob der Frauen, wie man sich das nur wünschen kann:
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang –
Deutsche Frauen, deutsche Treue,
Deutscher Wein und deutscher Sang!
Diese Strophe könnten wir den Österreichern doch schenken. Sie brauchten sie nur unwesentlich umzudichten und in ihre Bundeshymne einzubauen, und schon hätten sie das schönste Lob der österreichischen Frau, das sie sich wünschen können:
Österreichs Frauen, Österreichs Treue,
Österreichs Wein und Österreichs Sang
Sollen in der Welt behalten
Ihren alten schönen Klang,
Uns zu edler Tat begeistern
Unser ganzes Leben lang –
Vielgeschätztes Österrreich,
Vielgeschätztes Österreich.
Nicht nur könnten damit die Feministinnen mehr als zufrieden sein, sondern es würde auch gleich noch der Mangel beseitigt, daß Paula Preradović zwar Österreich als Land der Äcker, Dome und Hämmer gewürdigt hat, aber den Wein vergaß und vor allem die schöne Musik, die Österreich der Welt geschenkt hat.
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken.a