Das ZDF galt lange als konservatives Gegengewicht zu den eher linken Anstalten der ARD, insbesondere zum mächtigen Kölner "Rotfunk". Von dieser Funktion ist inzwischen nichts mehr zu sehen. Die Berichterstattung in Frontal21 oder im heute-journal erweckt zunehmend den Eindruck, daß man sich Beiträge und Moderationstexte aus den Parteizentralen der Opposition liefern läßt.
(Der Fairness halber sei aber auch eine unlöbliche Ausnahme erwähnt: Die "Frontal21"-Reportagen zum Thema "Killerspiele" schienen eher aus dem unionsgeführten niedersächsischen Innenministerium zu stammen.)
Diese Tendenz manifestiert sich in einer unfairen Berichterstattung über die schwarz-gelbe Bundesregierung, aber auch in Berichten über grundlegende Fragen der Wirtschaftspolitik.
Eine besondere Schwäche scheint man in den ZDF-Redaktionen momentan für das Thema Nahrungsmittelspekulation zu haben. Eine erste Welle gab es bereits Mitte des letzten Jahres, als sowohl Frontal21 wie auch WiSo darüber "informierten", wie verantwortungslose Spekulanten die Nahrungsmittel-Preise in die Höhe treiben.
Gestern war es wieder einmal soweit, diesmal im heute-journal, nur noch eine Spur dramatischer: Nahrungsmittelspekulation führt – wie uns Herr Kleber aufklärte – zu höheren Preisen, damit zu mehr Hunger, der dann wiederum als "Revolutionsbeschleuniger" "junge labile Demokratien" gefährde. Im nachfolgenden Bericht sah der Zuschauer dann zunächst eine ägyptische Hausfrau, die – höflich formuliert – nicht eben unterernährt aussah und sich über steigende Reispreise beschwerte. Oft reiche es nur für Brot.
Woran liegen nun die steigenden Preise? Vielleicht daran, daß eine wachsende Weltbevölkerung mehr Nachfrage generiert? Daß die reicher werdende Bevölkerung in den emerging markets zunehmend höherwertige Nahrungsmittel wie Fleisch kauft? Daß immer mehr landwirtschaftliche Flächen für die Produktion von Bioethanol verwendet werden?
Beim ZDF weiß man es besser: Wir sehen die Weizenbörse in Chicago und hören, daß Spekulanten die Preise nach oben treiben.
Was zunächst nur eine Behauptung ist, wird nun durch Interviews mit "Experten" "belegt". Als erstes sehen wir Dirk Müller, der durch seine günstige Plazierung auf dem Frankfurter Parkett zu einiger Prominenz gekommen ist. Müller erklärt, die "extremen Sprünge" seien "eindeutig der Spekulation zuzuordnen". Als zweites kommt "Rohstoffexperte" Thorsten Schulte zu dem Ergebnis, die Spekulation treffe die "Ärmsten der Armen".
Herr Schulte ist zwar "ein entschiedener Gegner" der Agrarspekulation, allerdings kein Gegner der Spekulation im allgemeinen. Auf seiner Website namens Silberjunge erklärt er Anlegern, wie sie mit Silber ("das bessere Gold") reich werden können.
Wer genaueres über seine bestimmt treffsicheren Anlageempfehlungen erfahren möchte, muß allerdings zunächst Herrn Schulte etwas reicher machen. Eine "exklusive Sonderstudie" mit dem Titel "Silberernte einfahren mit intelligenten Strategien für 2011 und 2012" ist für 79,00 EUR zu erwerben; ein "Premium Abonnement" mit drei Newslettern pro Woche schlägt mit 199,00 EUR p.a. zu Buche.
Wer auf die "ehrlichen Informationen" von Dirk "Mr. Dax" Müller Zugriff haben möchte, kommt etwas günstiger weg: sein "Premium-Paket" (schon wieder "premium"!) auf der Website Cashkurs ist für 9,90 EUR pro Monat zu bekommen. Das ist zwar nicht ganz wenig, wird sich aber sicher auszahlen, zumindest für Herrn Müller.
Das sind also die beiden Experten, die das ZDF aufbietet, um den Zuschauer über gewissenlose Spekulanten aufzuklären. (Über die - im Gegensatz zu ihren "Premium"-Informationen - kostenlose Publicity werden sich beide sicher freuen.)
Warum geht man aber nicht nach dem Motto "audiatur et altera pars" vor? Warum erwähnt man nicht einmal, daß etliche Studien existieren, die zu dem Ergebnis kommen, daß es keinen nennenswerten Einfluß von Spekulanten auf die Preise gibt und daß ein Versuch, die Spekulation einzudämmen, unerwünschte wirtschaftliche Kollateralschäden nach sich zöge? Wieso gibt man dem Zuschauer nicht die Informationen an die Hand, die es ihm ermöglichen würden, zu einem eigenen Urteil zu gelangen?
Wenn Politiker die Talfahrt des Euro auf einen Angriff von Spekulanten zurückführen, um damit von ihren Fehlentscheidungen und den Konstruktionsfehlern unserer Währung abzulenken, so ist dies prudentiell durchaus nachvollziehbar. Spekulanten sind ein wunderbarer Sündenbock. (Dumm nur, wenn eine von der EU eigens in Auftrag gegebene Studie, die die Verantwortung der Spekulanten belegen sollte, genau zu dem gegenteiligen Resultat kommt.)
Warum aber macht das ZDF bei der Spekulantenhatz mit, diesmal in bezug auf Agrarrohstoffe? Es fallen mir spontan zwei mögliche Erklärungen ein:
a) Schlichte Inkompetenz. Man übernimmt ohne weitere Recherchen die Einschätzung von Frau Aigner, der Grünen oder des DGB und gibt sich nicht die geringste Mühe, nach anderen Erklärungen zu suchen.
b) Es geht gar nicht so sehr um den konkreten Fall; vielmehr soll die Spekulation als Beleg dafür herhalten, daß wir einen "starken Staat" brauchen und daß marktwirtschaftliche Lösungen nicht funktionieren.
Wie es wirklich ist, weiß wohl nur Herr Kleber und der Rest der Redaktion. Beides wäre aber ein journalistisches Armutszeugnis und damit ein weiterer Beleg für die Überflüssigkeit öffentlich-rechtlicher Medien.
(Der Fairness halber sei aber auch eine unlöbliche Ausnahme erwähnt: Die "Frontal21"-Reportagen zum Thema "Killerspiele" schienen eher aus dem unionsgeführten niedersächsischen Innenministerium zu stammen.)
Diese Tendenz manifestiert sich in einer unfairen Berichterstattung über die schwarz-gelbe Bundesregierung, aber auch in Berichten über grundlegende Fragen der Wirtschaftspolitik.
Eine besondere Schwäche scheint man in den ZDF-Redaktionen momentan für das Thema Nahrungsmittelspekulation zu haben. Eine erste Welle gab es bereits Mitte des letzten Jahres, als sowohl Frontal21 wie auch WiSo darüber "informierten", wie verantwortungslose Spekulanten die Nahrungsmittel-Preise in die Höhe treiben.
Gestern war es wieder einmal soweit, diesmal im heute-journal, nur noch eine Spur dramatischer: Nahrungsmittelspekulation führt – wie uns Herr Kleber aufklärte – zu höheren Preisen, damit zu mehr Hunger, der dann wiederum als "Revolutionsbeschleuniger" "junge labile Demokratien" gefährde. Im nachfolgenden Bericht sah der Zuschauer dann zunächst eine ägyptische Hausfrau, die – höflich formuliert – nicht eben unterernährt aussah und sich über steigende Reispreise beschwerte. Oft reiche es nur für Brot.
Woran liegen nun die steigenden Preise? Vielleicht daran, daß eine wachsende Weltbevölkerung mehr Nachfrage generiert? Daß die reicher werdende Bevölkerung in den emerging markets zunehmend höherwertige Nahrungsmittel wie Fleisch kauft? Daß immer mehr landwirtschaftliche Flächen für die Produktion von Bioethanol verwendet werden?
Beim ZDF weiß man es besser: Wir sehen die Weizenbörse in Chicago und hören, daß Spekulanten die Preise nach oben treiben.
Was zunächst nur eine Behauptung ist, wird nun durch Interviews mit "Experten" "belegt". Als erstes sehen wir Dirk Müller, der durch seine günstige Plazierung auf dem Frankfurter Parkett zu einiger Prominenz gekommen ist. Müller erklärt, die "extremen Sprünge" seien "eindeutig der Spekulation zuzuordnen". Als zweites kommt "Rohstoffexperte" Thorsten Schulte zu dem Ergebnis, die Spekulation treffe die "Ärmsten der Armen".
Herr Schulte ist zwar "ein entschiedener Gegner" der Agrarspekulation, allerdings kein Gegner der Spekulation im allgemeinen. Auf seiner Website namens Silberjunge erklärt er Anlegern, wie sie mit Silber ("das bessere Gold") reich werden können.
Wer genaueres über seine bestimmt treffsicheren Anlageempfehlungen erfahren möchte, muß allerdings zunächst Herrn Schulte etwas reicher machen. Eine "exklusive Sonderstudie" mit dem Titel "Silberernte einfahren mit intelligenten Strategien für 2011 und 2012" ist für 79,00 EUR zu erwerben; ein "Premium Abonnement" mit drei Newslettern pro Woche schlägt mit 199,00 EUR p.a. zu Buche.
Wer auf die "ehrlichen Informationen" von Dirk "Mr. Dax" Müller Zugriff haben möchte, kommt etwas günstiger weg: sein "Premium-Paket" (schon wieder "premium"!) auf der Website Cashkurs ist für 9,90 EUR pro Monat zu bekommen. Das ist zwar nicht ganz wenig, wird sich aber sicher auszahlen, zumindest für Herrn Müller.
Das sind also die beiden Experten, die das ZDF aufbietet, um den Zuschauer über gewissenlose Spekulanten aufzuklären. (Über die - im Gegensatz zu ihren "Premium"-Informationen - kostenlose Publicity werden sich beide sicher freuen.)
Warum geht man aber nicht nach dem Motto "audiatur et altera pars" vor? Warum erwähnt man nicht einmal, daß etliche Studien existieren, die zu dem Ergebnis kommen, daß es keinen nennenswerten Einfluß von Spekulanten auf die Preise gibt und daß ein Versuch, die Spekulation einzudämmen, unerwünschte wirtschaftliche Kollateralschäden nach sich zöge? Wieso gibt man dem Zuschauer nicht die Informationen an die Hand, die es ihm ermöglichen würden, zu einem eigenen Urteil zu gelangen?
Wenn Politiker die Talfahrt des Euro auf einen Angriff von Spekulanten zurückführen, um damit von ihren Fehlentscheidungen und den Konstruktionsfehlern unserer Währung abzulenken, so ist dies prudentiell durchaus nachvollziehbar. Spekulanten sind ein wunderbarer Sündenbock. (Dumm nur, wenn eine von der EU eigens in Auftrag gegebene Studie, die die Verantwortung der Spekulanten belegen sollte, genau zu dem gegenteiligen Resultat kommt.)
Warum aber macht das ZDF bei der Spekulantenhatz mit, diesmal in bezug auf Agrarrohstoffe? Es fallen mir spontan zwei mögliche Erklärungen ein:
a) Schlichte Inkompetenz. Man übernimmt ohne weitere Recherchen die Einschätzung von Frau Aigner, der Grünen oder des DGB und gibt sich nicht die geringste Mühe, nach anderen Erklärungen zu suchen.
b) Es geht gar nicht so sehr um den konkreten Fall; vielmehr soll die Spekulation als Beleg dafür herhalten, daß wir einen "starken Staat" brauchen und daß marktwirtschaftliche Lösungen nicht funktionieren.
Wie es wirklich ist, weiß wohl nur Herr Kleber und der Rest der Redaktion. Beides wäre aber ein journalistisches Armutszeugnis und damit ein weiterer Beleg für die Überflüssigkeit öffentlich-rechtlicher Medien.
DrNick
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