Erinnern Sie sich? Als im Februar vergangenen Jahres Raúl Castro auch formal der neue Führer Cubas geworden war, trug sich Seltsames zu, über das ich damals in diesem Artikel berichtet habe: Es wurde - kaum zu fassen - den Menschen im sozialistischen Paradies erlaubt, ein Handy zu besitzen! Und nicht nur das. Bis dahin war es den Cubanern verboten gewesen, einen Computer, einen Videoplayer, TV-Geräte aller Größen, Dampfkocher, elektrische Reiskocher, elektrische Zweiräder und Alarmanlagen in Autos privat zu erwerben.
Alles das sollte ihnen, so hieß es, fortan erlaubt sein. Ein Leben fast wie im Kapitalismus schien ihnen zu winken.
Waren das Vorboten eines cubanischen Wirtschaftswunders? Wollte Raúl (der immer der realistischere der Castro- Brüder gewesen war; folglich schon Kommunist, als Fidel noch von einem freiheitlichen cubanischen Sozialismus träumte) etwa einen Gulasch- Kommunismus à la János Kádár einführen? Oder gar ein Stück Kapitalismus im Kommunismus, nach chinesischem Vorbild?
Was Raúl damals wollte, liegt im Dunkeln. Was er erreicht hat, läßt sich aber ermitteln. In der aktuellen Ausgabe der Publikationsreihe der "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP-Aktuell 45, August 2009) hat das Günther Maihold mit großer Akribie getan.
Seine Darstellung ist zurückhaltend in den Wertungen, wie sich das für einen Wissenschaftler gehört. Sie ist zugleich aber eine Fundgrube für Informationen, die nicht zu werten mir schwer fällt. Hier sind einige:
Gewiß geht ein Teil dieser Probleme auf die globale Wirtschaftskrise zurück. Aber eine solche Krise trifft eben ein Land umso härter, je weniger leistungsfähig und vor allem je weniger flexibel sein Wirtschaftssystem ist.
Wie können die Cubaner das alles ertragen, ohne gegen die kommunistische Herrschaft zu revoltieren? Das System "kalkuliert mit dem Langmut der Bevölkerung", meint Maihold.
So kann man es mit wissenschaftlicher Zurückhaltung auch ausdrücken. Ich würde es etwas direkter formulieren: Fünfzig Jahre einer kommunistischen Dikatur, denen Jahrzehnte der Diktatur Batistas vorausgingen, haben die Bevölkerung Cubas über Generationen gelehrt, daß man sich einer nun einmal bestehenden Gewaltherrschaft besser fügt.
Das Schicksal derer, die beispielsweise im Gefängnis von Guantánamo sitzen, weil sie eine regimekritische Äußerung riskiert haben, ist ein starkes Argument dafür, "Langmut" zu zeigen.
Alles das sollte ihnen, so hieß es, fortan erlaubt sein. Ein Leben fast wie im Kapitalismus schien ihnen zu winken.
Waren das Vorboten eines cubanischen Wirtschaftswunders? Wollte Raúl (der immer der realistischere der Castro- Brüder gewesen war; folglich schon Kommunist, als Fidel noch von einem freiheitlichen cubanischen Sozialismus träumte) etwa einen Gulasch- Kommunismus à la János Kádár einführen? Oder gar ein Stück Kapitalismus im Kommunismus, nach chinesischem Vorbild?
Was Raúl damals wollte, liegt im Dunkeln. Was er erreicht hat, läßt sich aber ermitteln. In der aktuellen Ausgabe der Publikationsreihe der "Stiftung Wissenschaft und Politik" (SWP-Aktuell 45, August 2009) hat das Günther Maihold mit großer Akribie getan.
Seine Darstellung ist zurückhaltend in den Wertungen, wie sich das für einen Wissenschaftler gehört. Sie ist zugleich aber eine Fundgrube für Informationen, die nicht zu werten mir schwer fällt. Hier sind einige:
Das Land ist hochverschuldet. Die Auslandsschulden liegen derzeit bei 13,5 Milliarden Dollar. Der Außenhandel ist in einer Schieflage: Vom gesamten Warenverkehr entfallen 78 Prozent auf Importe, nur 22 Prozent auf Exporte. Mit anderen Worten: Cuba lebt auf Pump. Wie kommt das Land immer noch über die Runden? Vor allem dank der Hilfe aus dem Venezuela des Castro- Freunds Hugo Chávez. Zwischen Venezuela und Cuba sind tägliche Lieferungen von 150.000 Barrel Rohöl vereinbart; tatsächlich sind es wohl etwas weniger als 100.000 Barrel. Davon verkauft Cuba einen Teil auf Spotmärkten, um an Devisen zu kommen.
Sodann arbeiten 40.000 Cubaner als Lehrer, Ärzte und "Berater" (nicht zuletzte im Militär und im Geheimdienst) in Venezuela. Sie erhalten nicht etwa selbst den Gegenwert ihrer Arbeit, sondern dieser - 4 Milliarden Euro im Jahr - wird an die cubanische Staatskasse überwiesen.Ein weiterer Faktor sind Geldüberweisungen von Exilcubanern aus den USA. Diese kommen nicht nur den Empfängern zugute, sondern der Staat ist mit einer zehnprozentigen Steuer auf jede Überweisung dabei. Angesichts der kommunistischen Mißwirtschaft ist das aber kaum mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Besonders schlecht ist die Versorgung mit Lebensmitteln. Davon werden 80 Prozent importiert, allein aus den USA im vergangenen Jahr im Wert von 650 Millionen Dollar. (Nebenbei: So also sieht das "Embargo" gegen Cuba aus; siehe dazu die Erläuterungen des Exilcubaners Humberto Fontova).
Inzwischen steht es um die Versorgung so schlecht, daß die Essensrationen in den Kantinen der Betriebe und die Zuteilungen auf Lebensmittelkarten halbiert wurden. Im Land sollen jetzt verstärkt Bohnen angebaut werden, um Importe einzusparen.Nicht viel besser ist es auf dem Energiesektor bestellt. Täglich wird der Strom für eine bestimmte Zeit abgeschaltet. Betriebe mit hohem Energieverbrauch wurden stillgelegt, der öffentliche Nahverkehr eingeschränkt. Weitere Einsparungen sind im Erziehungs- und Gesundheitswesen angekündigt.
Gewiß geht ein Teil dieser Probleme auf die globale Wirtschaftskrise zurück. Aber eine solche Krise trifft eben ein Land umso härter, je weniger leistungsfähig und vor allem je weniger flexibel sein Wirtschaftssystem ist.
Wie können die Cubaner das alles ertragen, ohne gegen die kommunistische Herrschaft zu revoltieren? Das System "kalkuliert mit dem Langmut der Bevölkerung", meint Maihold.
So kann man es mit wissenschaftlicher Zurückhaltung auch ausdrücken. Ich würde es etwas direkter formulieren: Fünfzig Jahre einer kommunistischen Dikatur, denen Jahrzehnte der Diktatur Batistas vorausgingen, haben die Bevölkerung Cubas über Generationen gelehrt, daß man sich einer nun einmal bestehenden Gewaltherrschaft besser fügt.
Das Schicksal derer, die beispielsweise im Gefängnis von Guantánamo sitzen, weil sie eine regimekritische Äußerung riskiert haben, ist ein starkes Argument dafür, "Langmut" zu zeigen.
© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Titelvignette: Raúl Castro. Von der Precidencia Argentina unter Creative Commons Attribution 2.0 License freigegeben (Ausschnitt). Mit Dank an C.K.