Posts mit dem Label Demokratischer Rechtsstaat werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Demokratischer Rechtsstaat werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

27. März 2009

Zettels Meckerecke: Le Pen darf im Europaparlament nicht Alterspräsident werden. Wie man das Vertrauen in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zerstört

Der konstituierenden Sitzung des Deutschen Reichstags nach den Wahlen von 1932 präsidierte die Kommunistin Clara Zetkin. Der konstituierenden Sitzung des der 13. Wahlperiode des deutschen Bundestags präsidierte nach den Wahlen von 1994 Stefan Heym, langjähriger Kommunist, wenngleich in der DDR oft nicht auf Linie, von der Fraktion der PDS.

Sie eröffneten die jeweiligen konstituierenden Sitzungen in ihrer Funktion als Alterspräsidenten. Wenn ein Parlament sich konstituiert, gibt es so etwas wie ein Problem der Urzeugung: Wie will man einen Präsidenten wählen, wenn man noch keinen hat, der über die Wahl präsidiert? Eine alte parlamentarische Tradition löst das Probem dadurch, daß das älteste Mitglied des Hauses diese Funktion übernimmt; solange, bis eben der eigentliche Präsident gewählt ist.

Der Alterspräsident eröffnet mithin die jeweilige Legislaturperiode. Es hat sich eingebürgert, daß er bei dieser Gelegenheit ein paar Worte sagt, manchmal eine Rede hält. In der Weimarer Republik taten das manche Alterspräsidenten, andere nicht. Clara Zetkin hat es getan. In der Bundesrepublik haben alle Alterspräsidenten eine Anprache gehalten, also auch Stefan Heym.

Anders als seine Vorgänger bekam er für diese Ansprache nicht den Beifall des ganzen Hauses. Aber niemand wäre auf den Gedanken gekommen, ihm das Recht auf diese Ansprache streitig zu machen oder gar das Amt des Alterspräsidenten abzuschaffen, damit es nicht von einem Mitglied der Fraktion der Kommunisten ausgeübt wird.

Just das - jedenfalls etwas Entsprechendes - wird das Europaparlament tun. Das hat es gestern in Straßburg beschlossen; man kann es heute im Nouvel Observateur lesen.



Allerdings geht es nicht um einen Links- , sondern um einen Rechtsextremisten, den Franzosen Jean- Marie Le Pen. Er hat als Spitzenkandidat seiner Partei, des Front National, beste Aussichten, ins Europaparlament gewählt zu werden. Und er wird, wenn das Parlament zusammentritt, 81 Jahre alt sein; also sehr wahrscheinlich der Alterspräsident.

Nein, der wird er nun nicht werden. Denn die großen Fraktionen des Europa- Parlaments haben sich gestern darauf verständigt, das Amt des Alterspräsidenten einfach abzuschaffen, damit Le Pen es nicht ausüben kann.

Wer wird also die konstituierende Sitzung eröffnen? Das wird noch diskutiert. Vielleicht der Präsident aus der vorausgegangenen Legislaturperiode, sofern er wieder im Parlament ist. Oder, wenn nicht, einer der alten Vizepräsidenten. Oder vielleicht nimmt man auch denjenigen Parlamentarier, der am längsten dem Parlament angehört. Irgendwen wird man schon finden.

Irgendwen wird man finden, irgendeine Notlösung. Und wieder einmal das Vorurteil nähren, daß Politiker tricksen. Daß sie sich an Regeln nur solange halten, wie sie ihnen nützlich erscheinen.

Wer als Parlamentarier glaubt, daß er dem demokratischen Rechtsstaat dient, indem er das Recht nach Gusto ändert, der hat nichts von Demokratie und noch weniger von Rechtsstaat verstanden.

Übrigens haben am Ende auch die Liberalen zugestimmt. Man könnte vielleicht zu ihrer Ehrenrettung sagen, daß sie - die Fraktion "Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa" - sich wenigstens am längsten gegen diese Initiative gewehrt haben, die, versteht sich, von den Sozialisten ausging.

Aber am Ende sind sie den Sozialisten gefolgt. Und haben damit ihre liberale Gesinnung verraten.



Für Kommentare bitte hier klicken.

21. September 2008

Mal wieder ein kleines Quiz: Wo und wann spielt diese Szene?

Bitte versuchen Sie die folgende Schilderung historisch einzuordnen. (Namen und Angaben, die es Ihnen zu einfach machen würden, habe ich weggelassen):
Eigentlich schien nichts dabei zu sein, ... in die Stadt zu fahren ... So machen es viele an diesem Samstag im September, auch ältere Herren von seiner Statur.

Einhundert Meter vor dem *** glauben sie ihn trotzdem zu erkennen.

"Nicht durchlassen, nicht durchlassen!", brüllt eine Frau, deren Stimme vom Schreien schon ganz heiser klingt. Sie steht in einer schmalen Gasse, inmitten eines Pulks aus aufgeregten Menschen. Die Umstehenden greifen ihre Parole auf, hysterisch, laut und wie ein Mann: "Nicht durchlassen, nicht durchlassen!", rufen sie. Dann löst sich ein Kerl aus der Wegsperre, er ist groß und stark und bösen Blickes.

Der Mann trägt eine grelle Ordnerweste, als käme er vom Saalschutz. Parteiabzeichen sind auf den Stoff genäht, er gibt sich reichlich offiziös. "Wer sind Sie, wo wollen Sie hin?", fragt er, und die Menschen hinter ihm wiederholen seine Worte wie im Chor. Einige wollen einen Ausweis sehen. "Wer sind denn Sie, dass ich Ihnen das verraten müsste. Lassen Sie mich durch!, versucht der Eindringling sich zu wehren. Doch man drängt ihn zurück – zu zweit, zu dritt, zu viert, voller Drohgebärden und ganz ohne Polizei.



Wo und wann spielt diese Szene?
(A) Sie spielt 1932 in Berlin. Die "Ordner" sind von der SA; ihr Parteiabzeichen ist das der NSDAP. Der Mann, den sie nicht durchlassen, ist ein Sozialdemokrat, der zu einer Veranstaltung seiner Partei will.

(B) Sie spielt 1982 in Teheran. Die "Ordner" sind Angehörige der Revolutionsgarde Pasdaran; ihr Parteiabzeichen ist das der "Partei der Islamischen Republik". Der Mann, den sie nicht durchlassen, ist ein Kommunist, der zu einer Veranstaltung seiner Partei, der Tudeh- Partei, will.

(C) Sie spielt 1985 in Haiti unter dem Diktator Jean- Claude Duvalier ("Baby Doc"). Die "Ordner" sind Angehörige seiner Miliz "Tonton Macoutes"; ihr Parteiabzeichen ist das der Einheitspartei Haitis. Der Mann, den sie nicht durchlassen, ist ein Priester, der zu einer Veranstaltung der Ti Legliz von Jean-Bertrand Aristide will.

(D) Sie spielt 2008 in Köln. Die "Ordner" sind von den "Autonomen"; ihr Parteiabzeichen ist das der betreffenden Organisationen. Der Mann, den sie nicht durchlassen, ist ein Sympathisant von "Pro Köln", der zu einer Veranstaltung seiner Bürgerbewegung will.
Die Lösung finden Sie, zusammen mit meiner Quelle und einigen näheren Angaben zu den Umständen dieser Szene, in "Zettels kleinem Zimmer".