16. Dezember 2018

Der Arbeitgeberpräsident schafft das

Es ist schon eine lustige Allianz, die sich da durch die letzten vier Jahre gebildet hat, angefangen von Angela Merkel, ihrer Partei, der versammelten deutschen Linken und ..... den Arbeitgebern. Zumindest den organisierten Arbeitgebern, oder besser noch, denjenigen Arbeitgebern die groß genug sind und sich im BDA organisieren. Der Präsident eben jener Organisation hat in einem viel zitierten Interview, dass die Augsburger Allgemeine am 14.12. veröffentlichte, ein paar sehr schöne Standpunkte zusammengetragen, die doch der Diskussion wert sind.

Das Interview ist lang und enthält viel bekanntes, aber zwei Aussagen werden gerne von anderen Reaktionen zitiert. Zum einen gibt er Frau Merkel mit ihrem berüchtigten "Wir schaffen das" Recht, zum anderen führt er aus:
Von mehr als einer Million Menschen, die vor allem seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, haben heute bald 400.000 einen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, die große Mehrheit in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung, und sind damit integriert.
Diese Ausführungen sind gleich aus mehreren Gründen interessant. Zum ersten ist es erstaunlich wie viele Zeitungsredaktionen auf diese Aussagen abfahren, ohne irgendwo die Frage zu stellen wo die Zahlen jetzt herkommen. Klar, das "Merkel hat recht, wir schaffen das" ist in der Form neu, aber die Aussage zu den Arbeitsplätzen kann es in der Form kaum sein, denn welche Informationsquellen sollte Kramer besitzen, die dieses Wissen nun so neu machen, dass die Presse erst jetzt davon erfährt?

Um das nachzuholen, was die meisten Redaktionen heute für unnötig halten: Man kann die Quelle durchaus finden. Bzw. man kann eine Quelle finden, die aller Wahrscheinlichkeit nach die Quelle Kramers ist, aber so oder so die Situation korrekt beschreibt. Diese Quelle ist -wer hätte es gedacht?- bei der Bundesagentur für Arbeit zu finden.

Das Dumme ist, und hier muss eigentlich mal wieder die inzwischen leider fast übliche Presseschelte erfolgen, dass die Quelle den guten Herrn Kramer eigentlich kaum stützt, bzw. seine Hauptaussage, von dem angeblich so zutreffenden "Wir schaffen das" ad absurdum führt. Doch der Reihe nach:

Zunächst schreibt Herr Kramer von der mehr als einer Million Menschen, was ja nun impliziert, dass wir uns zwar über der Million befinden, aber eben doch nicht sehr weit darüber. Die Statistik hilft hier weiter: Es waren 1,7 Millionen am Ende von 2017. Im Rahmen dessen, dass wir über 100.000 "Neuflüchtlinge" in 2018 hatten (eher 150.000+), sprechen wir real von mindestens(!) 1,8 Millionen Menschen. Klingt nicht mehr nach einer Million, oder? Von diesen 1,8 Millionen Menschen hatten Ende diesen Jahres 289.000 einen sozialversicherten Job (das schließt übrigens Azubis mit ein). Dazu kommen noch einmal 72.000 mit einem Geringverdienereinkommen (also real weniger als 325 Euro im Monat). Das sind dann die "bald 400.000" von Herrn Kramer, die freilich eher 360.000 sind, wovon eigentlich ein knappes Viertel einen Job macht, der ungefähr soviel (oder weniger) einbringt wie ein Schüler in einer Woche Ferienarbeit verdient. 
Um das plakativ zusammenzusetzen: Von den 1,8 Millionen Menschen (die Schulzschen Goldstücke oder wahlweise Göring-Eckartschen Menschengeschenke), von denen der Großteil seit mehr als drei Jahren in diesem Lande lebt, arbeitet gerade einmal 1/6 in einem Job, der sie selber trägt (wobei auch das nicht garantiert ist, aber wir wollen großzügig sein). 
Jetzt kann man natürlich (zurecht) einwenden, dass auch in der "autochthonen" Bevölkerung (im Merkel-Deutsch: Die, die schon länger hier leben) dieser Anteil nicht 6/6 beträgt. Stimmt. Natürlich. Es sind nicht ganz 2/3 (oder,um beim selben Nenner zu bleiben, nicht ganz 4/6). Was einfach damit zu tun hat, dass die autochthone Bevölkerung eben auch sehr große Anteile an Alten und Kindern enthält. Was aber bei Flüchtlingen deutlich weniger der Fall ist. Gerade einmal 1% der Flüchtlinge ist über 65 Jahre alt. Bei der deutschen Bevölkerung sind es 21%. 

Simpel zusammengefasst: Die Beschäftigungsquote in sozialversicherten Jobs liegt bei der einheimischen Bevölkerung um einen Faktor von 3-4 höher. 

Die Aussagen von Herrn Kramer sind an jeder einzelnen Zahl verbogen, um genau diesen Zusammenhang zu verbergen. Holla, wir schaffen das. Besser wäre wohl: Holla, wir erzählen das. Oder: Holla, wir träumen das. Denn die Realität zeigt klar: "Wir" (wer immer das auch sein soll) schaffen das nicht nur nicht, "wir" sind kolossal gescheitert. Aber das ist noch nicht einmal das schlimmste: Weit schlimmer ist das, was Herr Kramer alles auslässt.
So haben von den 1,8 Millionen Menschen gerade ein knappes Viertel(!) nach eigenen Angaben entweder eine Ausbildung oder einen Hochschulabschluss (so glaubwürdig man es finden kann, dass in diesen eigenen Angaben 17%(!) einen Hochschulabschluss haben wollen). Also sind (mindestens) Dreiviertel nicht ausgebildet. Jetzt sollte man meinen es gäbe einen totalen Run auf Ausbildungsplätze, denn von diesem Dreiviertel hat (wiederum nach eigenen Angaben) Dreiviertel wenigstens eine Mittelschule besucht). Man sollte, rein von den Zahlen her, erwarten dass es nahezu eine Million neuer Azubis in Deutschland gäbe. Es sind knappe 30.000. Und zwar in allen drei Lehrjahren. Wer Handwerker kennt, der weiß das die seit Jahren extreme Schwierigkeiten haben noch geeignete Azubis zu finden. Die riesige Menge an Menschengeschenken hat daran aber nichts geändert. Normalerweise müsste der Ausbildungsmarkt derzeit brummen wie nix. Das Gegenteil ist der Fall.
Richtig übel wird es noch, wenn man den Effekt des steigenden Aufwandes betrachtet. Denn natürlich ist die Intelligenz, Befähigung, der Fleiß und die Anpassungsbereitschaft nie auf alle Neuankömmlinge gleich verteilt. Die Pfiffigen, die Fleißigen, die Begabten, sind gerade die, die immer zuerst ankommen und sich zuerst einbringen können. Die Kosten für die Integration dieser Personen in den Arbeitsmarkt ist die günstigste. Mit jedem weiteren, der in eben jenen Markt integriert werden muss, steigt der notwendige Aufwand.

Und damit wird die Aussage von Herrn Kramer, die ohnehin schon unsinnig war, in ihr Gegenteil verkehrt. Wir schaffen es nicht nur heute nicht, wir werden es auch in den nächsten Jahren nicht schaffen. Und mit aller Sicherheit auch dann nicht. Die breite Mehrheit von Merkels Gästen ist nicht nur nicht in der Lage den eigenen Lebensunterhalt zu bestreiten, sie zeigt auch wenig Interesse daran oder Möglichkeit dazu, das zukünftig zu ändern. 

Bleibt am Ende die Frage: Warum erzählt der Mann so einen Blödsinn? Er muss sich doch darüber bewusst sein, dass das Ganze nicht nur irre Summen kostet sondern auch eine Augias Aufgabe ist, die zu lösen keiner in der Lage ist. Die Antwort ist banal: Weil ER, bzw. die Leute, die er repräsentiert, diese Kosten eben nicht tragen, sich aber wohl einen Nutzen versprechen. Die Kosten trägt in erster Linie der deutsche Steuerzahler, nicht die Großindustrie, die sich höheren Steuern im Zweifelsfall entziehen kann. Der Nutzen hingegen besteht in weiterem Lohndruck. Er mag durch die Qualifikationsstruktur der Neulinge sich im Wesentlichen im Hilfsarbeitsbereich abspielen, aber Druck ist Druck und jeder mögliche Bewerber, der das Lohnniveau wieder nach unten drückt, ist ein Vorteil. 

Nachwort: Auch wenn es seltsam klingen mag, es ist mir ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass mich die finanzielle Seite der Problematik gar nicht so extrem juckt. Merkels Gästeprogramm wird am Ende mehr als eine Billion Euro kosten, was eine unglaublich irre Summe ist, aber dennoch nur eine von vielen Irrsinnsnummern ist. Und so absonderlich es klingt, einem Flüchtling Unterschlupf und Überleben zu ermöglichen (ich unterstelle, dass wenigsten ein Teil der Flüchtlinge wirklich vor einem Krieg geflohen ist) ist mit Sicherheit sinnvoller als in Deutschland Dächer mit sinnfreien Solarzellen zu verschandeln oder etliche Millionen in Zensurursulas Vetternwirtschaft zu versenken. In Deutschland leben nahezu 20 Millionen Menschen von staatlicher Umverteilung, da sind zwei Millionen mehr zwar ärgerlich, aber nicht kriegsentscheidend.
Was eher mein Problem ist, ist die Frage was junge Männer ohne Perspektive, ohne Ausbildung und ohne die Bereitschaft eine solche abzuwickeln, mit dem gleichzeitigen Anspruch die großen Zampanons zu sein, wohl für eine Entwicklung nehmen werden. Die direkt aus dieser Problematik erzeugte Gewalt ist mit Sicherheit schlimmer als die Merkelschen Milliardenverpulverungen. Dies nur als Randnotiz und überflüssig zu sagen, dass einen Herr Kramer, in seiner geschützten Vorortsvilla, das wohl auch nicht allzusehr jucken wird. Man kann auch in Kolumbien oder Südafrika gut leben. Vorausgesetzt man kann für seine Sicherheit bezahlen. 

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Llarian

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