13. Juli 2015

Miszelle: Ein Götterliebling

Es ist natürlich tragisch, keine Frage, wenn ein Mensch in einem Alter, in dem es niemand erwartet, noch bevor er "seine besten Jahre" erreicht hat, "plötzlich und unerwartet" stirbt, so wie man es heute in dieser Meldung auf "Spiegel Online" nachlesen kann:

Noch vor wenigen Tagen saß Philipp Mißfelder im CNN-Studio in London. Der Außenpolitiker der Unionsfraktion gab der Starreporterin des US-Senders, Christiane Amanpour, ein Interview. Es ging um die Lage in Griechenland, um die Politik der Kanzlerin. Mißfelder sprach Englisch, er wirkte ruhig und gelassen. Er machte seine Sache gut.


In der Nacht von Sonntag auf Montag ist der 35-Jährige völlig überraschend gestorben. Eine Lungenembolie ist eine tückische Krankheit, die jeden treffen kann, in jedem Alter. Wer Glück hat, kann noch durch eine Infusion gerettet werden. Mißfelder hatte es nicht, obwohl er noch ins Krankenhaus gebracht wurde.




Dennoch kann es mitunter nicht ausbleiben, daß sich, bei aller gebotenen Pietät, beim Betrachter eine gewisse sardonische Note nicht völlig vermeiden läßt. Für Verächter des Fitnesswahns, insbesondere des Ende der siebziger Jahre epidemisch gewordenen hechelnden Herumwieselns auf Gehwegen und in öffentlichen Grünanlagen, war so ein Fall gegeben, als der "Erfinder"  des Joggens, Jim Fixx, Autor des US-amerikanischen Bestsellers "The Complete Book of Running" von 1977, im Juli 1984 beim Laufen im New Yorker Central Park im Alter von 52 Jahren von jenem Herzinfarkt niedergestreckt wurde, gegen den er den Dauerlauf als Panazee empfohlen hatte. Und ebenso könnte sich im Fall Mißfelder der eine oder andere dieser Versuchung ausgesetzt sehen, der sich noch an diese andere "Spiegel-Meldung" aus dem Jahr 2003 erinnert:

Am Mittwoch hielt Maria Eichhorn ihren Ärger nicht mehr zurück. Mit einer ungewöhnlich scharfen Presseerklärung griff die seniorenpolitische Sprecherin der Unionsfraktion Philipp Mißfelder an. "Mit Befremden und Empörung" nehme sie die Forderungen des Vorsitzenden der Jungen Union (JU) zur Kenntnis, bestimmte Kassenleistungen wie künstliche Hüften und Zahnprothesen für 85-Jährige zu streichen. Mit einem Generationenkonflikt würden die Probleme nicht gelöst. Die "Mißfelder-Äußerungen" seien "unverzeihlich", wetterte die 54-Jährige CSU-Politikerin und Bundestagsabgeordnete.

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der ehrgeizige 23jährige mit Alten-Bashing hervortut. Schon öfter hat er sich mit den Älteren in der Union angelegt. Erst im Mai hatte Vorsitzende der Nachwuchsorganisation von CDU und CSU für medienwirksamen Ärger gesorgt, als er in der "Bild" forsch für die Rente ab 70 plädiert. Die dürfe "kein Tabu" sein.
 
Es würde, auch für einen zynischen Atheisten, von grober Geschmacklosigkeit zeugen, hier mit dem Gedanken an einen gerechten Gott rhetorisch punkten zu wollen. Wer sich dem klassischen Humanitätsideal und dem damit verbundenen literarischen Kanon, auch im längst angebrochenen XXI. Jahrhundert, verpflichtet fühlt, tut besser daran, sich an die Worte des römischen Tragödiendichters Titus Maccius Plautus (254-184 v.Chr.) in dessen Schauspiel Bacchides (Zeile 816) zu erinnern:
 
Quem dei diligunt, adulescens moritur! 

 


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Ulrich Elkmann


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