Manche
Sachen hören sich erst einmal grotesk an. Beim zweiten Lesen entpuppen sie sich
dann als gar nicht so absurd. Ebenso gibt es Sachen, die hören sich grotesk an
und auch das zweite Lesen ändert nichts an dieser Einschätzung. Und von dieser
zweiten Gruppe gibt es wiederum ein paar Exemplare, die man schon als
Realsatire betrachten muss.Ein solches
Beispiel ist die derzeitige Diskussion um das sogenannte
Leistungsschutzrecht für Presseverleger.
Der eine oder andere mag schon davon gehört haben, es ist eine Novelle der
schwarz-gelben Regierung, die Presseerzeugnissen einen besonderen Schutz
angedeihen lässt, der bis dahin nicht üblich war. Die Idee war kürzeste
Textabschnitte (sogenannte Snippets) unter ein dem Urheberrecht vergleichbaren
Prinzip für die Dauer eines Jahres zu schützen. Es hätte in seiner Extremform
bereits das Zitieren eines einzelnen Satzes aus einer Zeitung oder einer
sonstigen Verlagsveröffentlichung verboten, bzw. eine Lizenzpflicht ausgelöst. In
der tatsächlich verabschiedeten Textform hat man dann (um nicht zu absurd zu
werden), kleinste Textausschnitte und einzelne Wörter explizit ausgenommen,
jedoch wird die Rechtsprechung in den nächsten Jahren erst einmal definieren
müssen, was das genau bedeutet. Endgültig wurde das ganze zur Lex-Google mit
dem Einfügen, dass nicht gewerbliche Verwender solcher Textbausteine
ausgenommen sind. Simpel zusammengefasst: Die deutsche Regierung (bzw. der
Bundestag) hat ein Gesetz beschlossen, dass Suchmaschinenbetreiber (um nicht
gleich zu sagen Google) Snippets nicht frei verwenden können, sondern Lizenzen
bezahlen müssen, wenn sie das tun.
Nun kann
man darüber streiten, ob das ganze Sinn macht. Die Anhänger einer weiten
Auslegung von „geistigem Eigentum“ werden dem ganzen sicher erst einmal
zustimmen, schließlich macht die Firma Google ja einen Gewinn mit dem
vermeintlichen Eigentum eines anderen. Solche, die dem Urheberrecht eher
kritisch gegenüberstehen werden diese Idee wohl eher ablehnend gegenüber
stehen. Für die eigentliche Groteske ist das aber nicht einmal wichtig.
Denn Google
ist nun auch nicht blöd. Und Google möchte prinzipiell seinen Werbegewinn nicht
unbedingt teilen, bzw. ist der Meinung, dass die Verleger doch eigentlich ganz
gut von Google profitieren, bekommen sie doch jede Menge Traffic von Google. Darum
haben sie den Spieß, etwas absehbar, relativ simpel umgedreht. Für die
Suchmaschine Google gilt die robots.txt, mit der jeder Betreiber einer Webseite
(also auch Verlage) problemlos verhindern kann, dass ihre Inhalte indiziert
werden. Die Technik ist inzwischen nahezu 20 Jahre alt und dem hinterletzten
Systemadministrator bekannt. Bei Google News geht der Konzern noch einen
Schritt weiter: Wer gelistet werden möchte, muss per opt-in angemeldet sein und
muss an dieser Stelle auch gleichzeitig erklären, dass er seine Inhalte (Snippets)
kostenfrei zur Verfügung stellt. So gesehen ist Google aus jeder Zahlplicht
heraus, es wird niemand gezwungen seine Snippets bei Google einzustellen und
wer nicht mit Google zusammenarbeiten möchte, wird auch nicht dazu gezwungen.
Soweit
könnte die Geschichte hier zu Ende sein und sie wäre nur eine Groteske am Rande
von einem Tiger der sprang und als Bettvorleger landete. Wenn die Verleger sich
nicht etwas Neues überlegt hätten (böse Zungen würden sagen, das Folgende war
von vorneherein der Plan). Sie folgern das Google ja ein Monopol hat und ein
Monopol muss ja in Deutschland reguliert werden. Also muss Google einfach die
Inhalte der Verlage indizieren, ob es das will oder nicht. Und in der Folge
auch zahlen.
Setzt man
das logisch zusammen kann man auch einfach dazu kommen, dass die Verleger
Anteile am Geschäft Googles haben wollen. Sie wollen eine Art Steuer auf
Suchmaschinen einführen mit der kleinen Einschränkung, dass nicht der Staat
sondern die Verlage das Geld einsammeln. Die Verlage haben seit Jahren
alarmierend zurückgehende Zahlen zu verzeichnen, ihre Inhalte gehen immer
weiter gegen andere Medien unter. Dann definiert man sich halt eine Steuer um
das Geschäft zu retten. Kann ich meine Ware nicht mehr verkaufen? Ist egal,
Google muss zahlen. Simpel gesagt: Wegelagerei.
Und an
dieser Geschichte zeigt sich auch eine eklatante Schwäche unserer so wachsamen
Demokratie. Die Medien, die sich selbst als Wächter unserer Demokratie
bezeichnen, haben eine eindeutige Parteilichkeit. Entsprechend fällt die
Berichterstattung aus. Kritische Stimmen werden nicht veröffentlicht, absurde
Propositionen werden schön geredet, wobei an den reinen Fakten wenig schön zu
reden ist. Und die Politik hat natürlich auch kein Interesse sich mit den
Medien anzulegen. Was kostet es die Politiker? Nichts, aber eine guten Draht
zur Presse kann ein Politiker immer gebrauchen. So sind auch die Äußerungen von
Heiko Maas oder Siggy Pop gut einzuordnen. Es ist schon traurig, dass einem
eine solche Verdrehung von Marktprinzipien als Freiheit verkauft werden soll.
Noch ein
Gedanke am Rande dazu: Wenn ich Äußerungen von unserem „Vizekanzler“ dazu lese,
dass er Google zerschlagen möchte, dann weiß ich nicht so recht ob ich lachen
oder weinen soll. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass er so dumm
ist, besser kann ich mir vorstellen, dass er den gemeinen Wähler seiner Partei
für so dumm hält, das für möglich zu halten. Google ist ein mächtiger
internationaler Konzern, der in über hundert Ländern aktiv ist und ganz sicher
nicht auf Deutschland angewiesen ist. Wenn Siggy Pop in Deutschland Google
verbieten möchte, dann wird das Google wehtun, aber auch nicht mehr. Wenn
Google dagegen sämtlichen Support für deutsche Absatzmärkte einstellt
(Suchmaschinen, Betriebssysteme, Technologie) oder einstellen muss, dann wird
das Deutschland sehr viel mehr wehtun. Es ist sicher nicht so, dass deswegen
morgen die Lichter ausgehen, aber prüfen Sie sich selber, lieber Leser, wie
viele Google Produkte Sie selber in der vergangenen Woche oder auch nur gestern
benutzt haben. Statt sich immer nur Sorgen über das Monopol Google zu machen,
ist es auch mal ganz nützlich zu sehen, was Google an Technologie verbreitet
hat und wie es unser Leben besser gemacht hat. Aber es ist natürlich viel einfacher
auf den amerikanischen Großkapitalisten zu schimpfen. Der ist ja auch so nett
und wehrt sich nicht wirklich.
Manchmal
würde ich mir wünschen, dass sie es mal täten. Die Überheblichkeit deutscher
Politiker geht mir jedenfalls deutlich mehr auf den Senkel als das das permanent gescholtene Verhalten von Google.
Llarian
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