Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat heute
alle 16 Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von
Oberbayern über die dritte Startbahn des Flughafen Münchens abgewiesen und die
Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) nicht zugelassen. Gegen
Letzteres können die Kläger beim BVerwG Beschwerde einlegen.
Jedem empörten Zeitgenossen steht es natürlich auch frei,
die Stadt München an das Ergebnis des Bürgerentscheids zu erinnern, mit dem
sich das landeshauptstädtische Stimmvolk im Juni 2012 mehrheitlich gegen die
Flughafenerweiterung ausgesprochen hat. Zwar ist ein Bürgerentscheid nach Art.
18a Abs. 13 Satz 2 Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (BayGO) jedenfalls
nur ein Jahr bindend; da diese Frist abgelaufen ist, könnte der Münchner
Stadtrat einen gegenteiligen Beschluss fassen. Doch liegt es aus demokratiepolitischen Gründen durchaus nahe, dass die Stadt München als Mitgesellschafterin der Airportbetreiber-GmbH weiterhin gegen den Bau der dritten Startbahn votieren
beziehungsweise gemäß Art. 18a Abs. 2 BayGO einen neuerlichen Bürgerentscheid
zu diesem Thema initiieren sollte. Selbstverständlich kann auch auf die anderen
Gesellschafter – den Freistaat Bayern und die Bundesrepublik Deutschland –
politischer, medialer und lobbyistischer Druck ausgeübt werden.
Außerdem ist es niemandem verwehrt, den Tenor und die (noch
nicht vorliegenden) Entscheidungsgründe des Urteils des BayVGH zu kritisieren.
Alle genannten Möglichkeiten sind in einem Rechtsstaat nicht nur zulässig,
sondern ihre Existenz ist zu dessen Gedeihen auch notwendig: Der Souverän muss
sich nicht wie ein Untertan kommentar- und behelflos mit ihm missfallenden Entscheidungen der Verwaltung oder der
Justiz abfinden.
Doch zu einem funktionierenden Rechtsstaat gehört es auch,
die legale und legitime Tätigkeit seiner Organe nicht durch Gesang,
Pfeifkonzerte und Geschrei zu blockieren. Genau dies ist indessen bei der
Verkündung des Urteils zur dritten Startbahn geschehen. Unmutsbezeugungen sind
in einem Gerichtssaal zwar nichts Seltenes. Aber wenn der Vorsitzende zwanzig Minuten lang fast nicht zu Wort kommt und die Räumung des Saales anordnen muss,
damit er seine Ausführungen beenden kann, dann halten sich die Sympathien für das lautstarke Publikum beim Verfasser dieser Zeilen doch in engen Grenzen.
Was wollten die im BayVGH versammelten Gegner des
Flughafenausbaus mit dem Absingen der Bayernhymne mitteilen? Dass sie die
moralisch aufrechten Landeskinder sind, die Behüter der weiß-blauen Fluren, die
das Habitat des Kiebitzes und des Großen Brachvogels gegen
metalladlerfreundliche Juristen verteidigen?
Wenn der Rechtsstaat von oben her in unglaublicher Dreistigkeit mit Füßen getreten wird, braucht man sich wohl nicht zu wundern, wenn auch
der einfache Wutbürger seinen Stiefel etwas enger schnürt. Dies ist freilich nur eine Erklärung und keine Entschuldigung. Denn der Rechtsstaat kann nicht nach dem Sonnenuhrprinzip operieren.
Noricus
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