22. Januar 2021

Quo Vadis Joe Biden? Blindflug, McCarthy oder Business as usual? Ein Gedankensplitter.

Tja, nun ist er im weißen Haus: Joe Biden hat es geschafft den so verhassten Präsidenten Donald Trump zu beerben und wohnt seit vorgestern Mittag nun im wohl bekanntesten Wohnhaus der Welt. Der von den Medien herbei geschriebene Staatsstreich blieb aus, es blieb bei einer völlig langweiligen Machtübernahme, die schwer an Joe Bidens Wahlkampfveranstaltungen erinnerte: Keiner da, aber die Medien zeigen sich begeistert. Besonders der ehemalige Nachrichtensender CNN konnte sich kaum einkriegen vor Begeisterung. 

Nun denn: 100 Tage sollte man es jedem zugestehen auszuformen, was er nun eigentlich mit der Macht anfangen will und dieser Beitrag soll mit dieser Tradition nicht brechen. Ich möchte an dieser Stelle keine Bewertung beginnen, auch die Kassandra möchte ich zuhause lassen, möchte mich aber schon fragen, was nun eigentlich geschehen soll und wird.

Wer den amerikanischen Wahlkampf verfolgt hat, der hat auch mitbekommen, dass das Programm von Joe Biden sich im Wesentlichen darauf beschränkte, nicht Donald Trump zu sein, inhaltlich hat er eine komplett leere Kampagne gefahren, zurecht erschien es seinem Wahlkampfteam zu gefährlich, die radikalen Ideen, die von demokratischer Seite in den letzten Jahren vorgestellt wurde, offensiv nach vorne zu pushen. Nun aber ist die Macht vorhanden, größer noch als erwartet, die Demokraten besitzen knappe Mehrheiten in beiden Kammern und stehen in den Startlöchern die amerikanische Gesellschaft in ihren Grundzügen zu verändern. Aber stimmt das auch? Ist denn Joe Biden überhaupt ein Mann für Veränderungen? Einen ersten Vorgeschmack konnte man gestern schon erleben, als Joe Biden ankündigte, in 100 Tagen 100 Millionen Amerikaner gegen Covid impfen zu wollen. Ein Husarenstück? Nun ja, dazu muss man wissen, dass in der letzten Woche der Trump Administration im Schnitt etwas über 900.000 Amerikaner pro Tag geimpft wurden. Biden hat somit, auch wenn es seiner Presse eher entfallen ist, angekündigt diese Zahlen innerhalb von drei Monaten um 10 Prozent zu steigern. Das ist natürlich eine gewaltige Herausforderung. 

Ich mache keinen großen Hehl daraus, dass ich Joe Biden für im Wesentlichen korrupt halte, die Geschäfte seines Sohnes und seines Bruders sind zu eindeutig, als dass er sich davon glaubhaft distanzieren könnte (oder auch nur den Versuch gemacht hätte). Er konnte sich zwar immer darauf verlassen, dass das Konglomerat aus Medien und Big-Tech die Debatte darüber verhindern würde, aber das ändert natürlich wenig an der Sachlage, dass zumindest seine Familie deutlich in Korruption verwickelt ist, und jemand der das zumindest jahrelang geduldet hat, nicht gerade eine große Wahrscheinlichkeit aufweist, selber sauber zu sein. Nun muss das per se nichts direkt negatives sein. Gerhard Schröder war (und ist) durchaus ebenso korrupt, aber hat das Land in seinen sieben Jahren deutlich besser regiert als seine Nachfolgerin. Korruption ist nicht automatisch ein Nachweis für schlechtes Regieren. 

Es stellt sich damit eher die Frage: Was will Joe Biden? Was seine Partei will ist leider ziemlich eindeutig und was die linke Medienmeute will ebenso: Man will McCarthy auferstehen lassen, "Versöhnungskomitees" aufstellen und das Land "enttrumpisieren". Es sind grauenhafte Schatten der Vergangenheit, die sich dort auftun, und ich bin ehrlich erstaunt wie wenig Resistenz zumindest bei den amerikanischen Medien gegen faschistoide und totalitäre Tendenzen in ihren eigenen Reihen vorhanden ist, bzw. wie groß die Bereitschaft ist Andersdenkende zu dämonisieren und auch zu kriminalisieren.  Trump hat schon mehrfach korrekt bemerkt: "Die sind nicht hinter mir her. Die sind hinter Euch her. Ich stehe denen nur im Weg." Die Gruppendynamik moderner Medien ist eine erschreckende Antwort auf die dumme Frage, die man gerne angesichts des dritten Reiches immer wieder aufwirft: Wie konnte es dazu kommen? 

Aber Joe Biden ist nicht Angela Merkel, es ist nicht ausgemacht, dass er  ohne jede Reflektion den Medienvorgaben folgt. Auch wie stark er seiner eigenen Partei nachgibt ist unklar, seine bisherigen Nominierungen sprechen eher für die oben angesprochene Korruption, er vergibt Posten nicht nach politischer Opportunität sondern eher nach persönlicher Vergangenheit und Sympathie. Was nicht unbedingt schlecht sein muss, einer von Donald Trumps erfolgreichsten Adlaten war ausrechnet sein Schwiegersohn. (Wobei ich mir vorbehalte von diesem Urteil abzurücken, sollte Biden wirklich seinen Sohn oder seinen Bruder auf einen Posten setzen.) 

Die deutschen Medien versuchen derzeit den Eindruck zu erwecken, als würde Biden dagegen schon an seinem ersten Tag ganz furchtbar viel umsetzen. Das ist nur teilweise richtig. Richtig ist, dass er mit einer Fülle von präsidialen Direktiven versucht so ziemlich alles, was Donald Trump getan hat und schnell beseitigt werden kann, auch zu beseitigen. Das ist soweit keine Überraschung. Im Prinzip stellt er den Status quo vor Trump so gut wieder her, wie er kann.  Vieles kann er eben aber nicht auf die Schnelle wieder tun. Klar kann er die chinesische Marionette WHO wieder mit Geld versorgen, er kann den lächerliche Paris-Vertrag wieder einsetzen, er kann ein paar Millionen "Illegale" wieder zu "Legalen" machen und die Grenzen wieder für alle Länder aufmachen, die Trump geschlossen hatte. 
Aber die richtig großen Dinge wie der "Green New Deal", die Vergrößerung des Senats und des obersten Gerichts, die Neuordnung der amerikanischen Gesellschaft, brauchen schon deutlich mehr als eine präsidiale Anordnung. Und hier stellt sich die Frage, ob er das will. 

Dabei muss man sich klar machen, dass Biden vermutlich der größte Verlegenheitspräsident ist, den die Amerikaner in den letzten Jahrzehnten gewählt haben. Er hat real selber kaum damit gerechnet Präsident zu werden, er hatte nur das Glück, dass COVID Trumps extrem performante Regierung in die Knie zwang. Und jetzt sitzt er eben da und man hat den Eindruck, er will eigentlich gar nichts bewirken, außer in Ruhe gelassen zu werden. Der Mann ist immerhin 78 Jahre alt, da haben die wenigsten noch den Bedarf große Schlachten zu schlagen. 

Wegen all dem ist meine ansonsten im letzten Jahr ausgesprochen zuverlässige Glaskugel heute deutlich beschlagen. Mal schauen wie es in 100 Tagen aussehen wird. 

Llarian

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