18. September 2019

Es wird nie genug sein.

Schaut man die Tage eine der deutschen, politischen "Talkshows" (mein Beileid dazu), dann kommt man nicht umhin in nahezu allen dieser Shows ein ziemlich ähnliches Konzept zu sehen. Die eine (meist kleinere) Hälfte der Gäste kommt aus dem tatsächlich eher "bürgerlichen" Spektrum (also nicht die Wortverwässerung, die die Grünen für sich reklamieren, sondern aus dem echten Bürgertum), während die andere Hälfte aus dem Grünen bis dunkelroten Spektrum stammt. Dazu kommen dann ein oder zwei Spinner, die auf der grünen Seite dann den "Idealisten" spielen dürfen. Gerne nimmt man junge Leute, denen man die radikalen (und teilweise dummdreisten) Ideen zumindest nicht all zusehr verübelt.

Und dann wird losgepoltert. Bezeichnend an den Debatten dieser Tage ist eigentlich aber nicht unbedingt die Tatsache, dass radikale und mit dem Rechtsstaat nur sehr schwer vereinbare Forderungen erhoben werden (Grölemeyer lässt grüßen) , sondern der Umgang mit eben jenen durch die real gewählten Volksvertreter. 

Selbst wenn Forderungen erhoben werden, deren Umsetzung offenkundig gegen die deutsche Rechtsordnung verstoßen würden, reagieren die Vertreter der angeblich so freien Gesellschaft mit Beschwichtigungen, Relativierungen oder schlicht mit Ignoranz. Es kommt niemand auf die Idee (oder zumindest setzt es niemand um), den meist jungen Radikalen mal klar zu sagen, dass sie nicht alle Latten am Zaun haben und der heute existierende Rechtsstaat, mit all seinen Fehlern, mit dem Blut von diversen Hunderttausend Menschen erkauft wurde. Vom Reichtum, von dem diese jungen Menschen ihr bisheriges Leben massiv profitiert haben, nicht einmal angefangen. 

Stattdessen: Beschwichtigung. "Ihr habt ja recht, wir tun ja alles. Gut, dass ihr das mal gesagt habt."
Nein. Es ist nicht gut, dass ihr Parolen vor Euch hertragt, die ihr nicht versteht und deren Folgen ihr nicht begreift. Es ist nicht gut, dass ihr ein Privileg, für das jahrhundertelang gekämpft wurde und das weltweit nur eine Minderheit der jungen Menschen genießen kann, mit Füßen tretet. Jugend ist keine Entschuldigung oder Begründung für Dämlichkeit, Menschenverachtung oder Rechtsbruch. 
Aber das tun die Gäste nicht. Das tut auch die Politik nicht. Sie gibt lieber nach, in der Hoffnung damit die jungen Radikalen für sich einzunehmen. Aber das funktioniert nicht. Es funktioniert nicht einmal im Ansatz. Eine der dümmsten Entscheidungen (nicht die allerdümmste, aber durchaus im Rennen um die ersten drei Plätze) unserer Frau Bundeskanzler war die Abschaltung der Atomkraftwerke. Mit verheerenden Folgen und gigantischen Kosten und vor allem: Ohne jeden Nutzen, mal ab von der Hoffnung auf bessere Presse. Das dumme ist nur: Nicht einmal das letzte funktioniert langfristig. Denn ein Radikaler kann immer einen nachlegen. Vollkommen egal welchen Finger er bekommt. AKWs alle abschalten? Das geht nicht schnell genug. Autos im Ausstoß begrenzen? Autos verbieten. Steuern für Leistungsträger erhöhen? Einfach noch mehr erhöhen.
Das Rennen um die dümmste Forderung kann man nie gewinnen. 

Mehr geht immer. Und es wird nie, nie genug sein. Wer länger mit Kindern zu tun hat, kennt den Effekt. Ich kann ein Gummibärchen hergeben, oder zwei oder auch drei. Es wird immer am Ende nicht genug sein. Kinder sind nicht blöde. Sie fragen so lange, bis sie nichts mehr kriegen (oder der Bauch wirklich weh tut, an der Stelle hinkt der schöne Vergleich ein bissel). Aber sie hören nicht auf zu fragen, weil sie einmal das Gummibärchen bekommen haben.
Im Gegenteil, es tritt sogar ein negativer Lerneffekt ein: Ich bettele darum, also bekomme ich meinen Willen. Dann muss ich einfach noch lauter betteln. 

Die Radikalen, denen man die Richtigkeit ihrer abstrusen Ideen bescheinigt, können gar nicht anders, als sich bestätigt zu sehen. Die Botschaft der Politik an die Freitagshampelmänner (pardon: Freitagshampelpersonen) ist nichts anderes als: Ihr macht das genau richtig. So erreicht ihr eure Ziele. Und wer kann sich wundern, dass es dort dann zu einer positiven Verstärkung kommt? 

Die eigentliche Botschaft müsste lauten: Ihr seid jung und ihr wisst noch nicht viel von der Welt. Kommt wieder, wenn ihr etwas mehr davon wisst. Und bis dahin haben wir Euch eine Schule gebaut und Euch die Möglichkeit gegeben, dort so viel zu lernen, dass ihr morgen so viel mehr wisst, als wir es je könnten. Aber das müsst ihr erst einmal tun. Dann hören wir Euch zu. 


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Llarian

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