26. Dezember 2017

Ein Tweet oder Spass zu Weihnachten

Kennen Sie Ulf Poschardt? Nein? Muss man nicht unbedingt kennen, ist der derzeitige Chefredakteur der Welt. Und Herr Poschardt hat, wie vielleicht so mancher andere, etwas Langeweile am heiligen Abend gehabt und daher etwas getwittert. Er schrieb:
Wer soll eigentlich noch freiwillig in eine Christmette gehen, wenn er am Ende der Predigt denkt, er hat einen Abend bei den #Jusos bzw. der Grünen Jugend verbracht?­ 

Naja, eine Aussage, die man vielleicht nachvollziehen kann, oder auch nicht, die aber jetzt auch nicht unbedingt etwas besonders ungewöhnliches ist. Die grundsätzliche Kritik hat auch schon in Zettels Raum des öfteren ihren Platz gefunden. Eigentlich ist der Tweet ziemlich langweilig und sagt genau genommen auch nur etwas über die Christmette aus, die an Ulf Poschardt Wohnort stattgefunden hat.
Weit lustiger und unterhaltsamer sind allerdings die Antworten, die Poschardt fast samt und sonderns aus dem Juste Milieu des Landes darauf erhielt. Von Simone Peter über Karl Lauterbach bis zu Jakob Augstein (die erstaunlicherweise alle an Weihnachten über den Tag Zeit haben um zu zwittern). Die FAZ war sogar so nett noch am ersten Weihnachtstag ein ganzes Interview mit der Sprecherin der grünen Jugend, Ricarda Lang, zu dem Thema zu führen. Es ist geradezu aberwitzig lustig zu sehen wie das Christentum, diese ja jahrelang als erzkonservativ und schädlich gegeisselte Religion, plötzlich geradezu innigst verteidigt wird. Wie plötzlich Nächstenliebe zu einem Schlagwort der Linken wird und wie plötzlich alle genau wissen, was Poschardt in seiner Christmette erlebt hat, von deren genauem Inhalt er genau null schreibt.
Wenn Poschardt den Tweet als Falle auslegen wollte, dann erscheint sie auf den ersten Blick als etwas plump, aber funktioniert hat es auf ganzer Linie. Wenn es noch einen Beleg gebraucht hätte, was die Kirche derzeit predigt und wie sich die Linke dazu positioniert, dann liegt in den Reaktionen eine mehr als deutliche Antwort. 

Für die Kirche selber stellte sich dagegen noch eine ganz andere Frage: Will man ausgerechnet von Leuten verteidigt werden, die zum überwiegenden Teil gerade nicht Teil der Kirche sind? Will man vor allem in der Christmette denjenigen gefallen, die nie in einer sitzen würden? Das Juste Milieu ist es nicht, die die Kirchensteuer bezahlt, die am Sonntag in der Kirche sitzt und für die Kollekte spendet oder die Sammlung für die diversen Kirchenprojekte realisiert. Die ganze Misere lässt sich oftmals sehr gut in einem Bild zusammenfassen. Nun ist es nicht Aufgabe einer Religion sich ihren Gläubigen anzupassen (oder doch?). Aber sich gerade denen anzupassen, die nicht Teil ihrer Anhänger sind, das ist zumindest eine sehr ungewöhnliche Strategie.

Ich möchte allen Lesern, Zimmersleuten und Kollegen fröhliche Weihnachten wünschen!
 
Llarian

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