19. Januar 2017

Insel im Nebel

Endlich hat Theresa May ihre große Rede zum Brexit gehalten. In einem "12-Punkte-Konzept" legt sie ihren Wählern dar, was die britische Regierung nun eigentlich sieben Monate nach dem Referendum zu tun gedenkt.

Die Reaktionen waren vorhersehbar: Diverse Politiker auf dem Kontinent zeigen sich wieder einmal geschockt darüber, daß das UK austreten möchte. Und die Brexit-Anhänger auf beiden Seiten des Kanals jubeln, weil es May ihrer Ansicht nach den EU-Offiziellen mal so richtig gegeben hätte.

Aber wenn man sich die Rede mal genauer anschaut, dann findet man da: Gar nichts. Jedenfalls nichts Neues.
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Ausführlich legt sie dar, daß nach einem Brexit das Königreich nicht mehr Mitglied in der EU wäre. Überaus überraschend.
Es wäre auch nicht Halbmitglied. Einen solchen Status gibt es zwar nicht, und es hat ihn auch niemand vorgeschlagen - aber bitte, auch Strohmänner müssen ja abgewatscht werden.
Und als Nicht-Mitglied würde GB seine eigenen Gesetze machen, seine eigenen Verträge abschließen und keinen EU-Beitrag mehr bezahlen. Alles so richtig wie trivial.

Aber wie genau soll es denn nun laufen? Genau auf diese Antworten warten die Briten schon ein halbes Jahr. Und bekommen nun als ersten Punkt des "Konzepts" gesagt: "We will provide certainty wherever we can."
"Will provide" heißt also: Da ist noch nichts geklärt und die "certainty" gibt es erst irgendwann in der Zukunft. Und "wherever we can" soll offenbar schon darauf vorbereiten, daß man nicht zu viel "certainty" erwarten sollte.
Auf jeden Fall: Die schon lange erwartete und groß angekündigte Rede enthält jedenfalls noch keine Gewißheit. May hat noch nicht einmal das Minimum entschieden: Ob das UK nun die Kündigung nach Artikel 50 des EU-Vertrags einreichen wird.

Immerhin: May erkennt an, daß es da gewisse Probleme mit den Irland-Verträgen gibt ("Konzept" Punkt 4). Wie die zu lösen wären? Schweigen.
Und sie möchte auch weiterhin mit Schotten, Walisern und Nordiren zusammenbleiben. Und räumt ein, daß die Schotten ganz anderer Meinung sind und ihre Brexit-Kritik auch offiziell formuliert haben. Aber wie sie zu den schottischen Forderungen steht? Schweigen.
Irgendwie sollen auch die Rechte von Leuten in GB und der EU geschützt werden. Was konkret soll das heißen? Schweigen.

Dann noch ein paar eigentlich nebensächliche Punkte darüber, daß man in einigen Punkten durchaus noch mit anderen europäischen Staaten zusammenarbeiten würde.
Schließlich der krönende 12. Punkt: Sie verspricht "A smooth, orderly Brexit". Ach ja. Wer hat denn einen holprigen, unordentlichen Austritt gefordert? Oder ist es nicht vielmehr eine Selbstverständlichkeit, daß so ein Vorhaben so ordentlich wie möglich vorbereitet wird?

Die ganze Rede ist schlicht ein großer "Blubb". Wie jeder Politiker will May selbstverständlich das Beste fürs Land und verspricht eine bessere Zukunft. Aber ohne jedes Detail. Statt einer Klarstellung gibt es nur eine Sammlung von Trivialitäten. Die britische Regierung ist fest entschlossen, weiß aber nicht wozu.

Völlig egal, was man nun inhaltlich vom Brexit hält: Die bisherige Performance von Mays Truppe ist eine Katastrophe. Die Chefin ist weiterhin ratlos, der Brexit-Minister findet nicht statt und der Außenminister kaspert rum. Man tritt das Erbe der großen Margret Thatcher mit Füßen, hat aber keinerlei Plan, was man stattdessen nun möchte. Die Vorstellungen für die künftige britische Rolle in der Welt und vor allem die ökonomische Zukunft des Landes sind immer noch so vage wie vor dem Referendum.
Und kein Ende der Hängepartie absehbar ...

R.A.

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