In einer absurden Verdrehung der Tatsachen machen die Linken überall in Europa die Sparprogramme der vergangenen Monate für die hohe Jugendarbeitslosigkeit und den wirtschaftlichen Niedergang verantwortlich. In Wirklichkeit jedoch haben Griechen, Italiener und auch die Franzosen im vergangenen Jahrzehnt und noch verstärkt während der Finanzkrise genau diese Art staatlicher Konjunkturpolitik betrieben, die nun unter dem Schlagwort "Wachstumspakt" propagiert wird.
Anstatt endlich die Lehre aus der Schuldenmalaise zu ziehen, dass sich Wachstum nun einmal nicht erzwingen lässt, will die SPD die Politik, die überall Schiffbruch erlitten hat, nun auf europäischer Ebene fortsetzen.
Kommentar: Der Artikel trägt eine bemerkenswert heftige Überschrift: "Hollande-Ruck der SPD grenzt an Vaterlandsverrat"; und das bezieht sich auf diese bemerkenswert heftigen Passagen im Text:
Wie diese sich der künftige Präsident Hollande vorstellt, das hat er im Wahlkampf mit aller wünschenswerten Klarheit geäußert ("Mein wahrer Gegner ist die Finanzwelt"; ZR vom 3. 2. 2012). Hollande will beispielsweise 60.000 neue Stellen im Bildungsbereich schaffen, er will die Arbeitslosigkeit dadurch bekämpfen, daß der Staat unter bestimmten Bedingungen die Sozialabgaben für neu Eingestellte übernimmt, die Franzosen sollen mit 60 in Rente gehen können. Um rund 20 Milliarden Euro wollte der Kandidat Hollande die Staatsausgaben erhöhen.
Nun ist er der gewählte Präsident, dieser Mann mit dem linkspopulistischen Wahlprogramm. Die SPD wittert Morgenluft. Auch sie weiß natürlich, daß sich durch eine Steigerung der Staatausgaben allenfalls ein Strohfeuer entfachen, aber nicht ein dauerhaftes Wachstum bewirken läßt. )Im "Tagesspiegel" hat das gestern Moritz Döbler noch einmal sehr schön erläutert). Aber da ist sie eben, die populistische Versuchung: Hollande hat mit der Ankündigung staatlicher Wohltaten seine Wahl gewonnen; warum soll das nicht auch die SPD 2013 hinbekommen?
Moritz Döbler leitete die Wirtschaftsredaktion des "Tagesspiegel". Dorothea Siems ist promovierte Volkswirtschaftlerin und Chefkorrespondentin der "Welt"-Gruppe für Wirtschaftspolitik. Was sie schreiben, das ist das Einmaleins der Ökonomie. Es ist Grundwissen. Es ist das Grundwissen, dem sich Gerhard Schröder im März 2003 mit der Agenda 2010 anbequemt hat; der Grundlage für die heutige gute wirtschaftliche Situation Deutschlands.
Aber aus Wissen folgt nun einmal nicht unbedingt Handeln. Linkspopulismus ist oft erfolgreich, auch wenn er dem ökonomischen Grundwissen zuwiderläuft. Denn staatliche Wohltaten erlebt der Bürger sofort und honoriert sie oft mit seiner Stimme bei Wahlen. Die Folgen treten erst langfristig ein; wie jetzt drastisch in Griechenland.
Und dann findet man allemal einen Weg, sie nicht etwa der staatlichen Ausgabenpolitik anzulasten, sondern beispielsweise den Finanzmärkten, die auf sie und ihre Folgen reagieren. Das ist ungefähr so, als würde jemand den Gerichtsvollzieher dafür verantwortlich machen, daß bei ihm gepfändet wird.
Hollande wird, wenn er die angekündigte Politik umsetzt, damit ebenso scheitern wie sein sozialistischer Amtsvorgänger Mitterand, der mit ähnlichen Maßnahmen Frankreich zwischen 1981 und 1983 an den Rand des ökonomischen Kollaps brachte. Man kann nur hoffen, daß die Folgen von Hollandes Politik in Deutschland noch vor den Bundestagswahlen 2013 sichtbar werden, und daß dies die SPD zur Vernunft bringt.
Nein, nicht zur Vernunft; das wäre zu viel verlangt. Aber vielleicht, wenn wir Glück haben, zu der Einsicht, daß eine Wirtschaftspolitik à la Hollande für sie dann kein Wahlkampfknüller mehr sein wird. Ein Frankreich im wirtschaftlichen Niedergang, das wäre vielleicht doch nicht das ideale Vorbild, das man als Modell für Deutschland vermarkten könnte.
Anstatt endlich die Lehre aus der Schuldenmalaise zu ziehen, dass sich Wachstum nun einmal nicht erzwingen lässt, will die SPD die Politik, die überall Schiffbruch erlitten hat, nun auf europäischer Ebene fortsetzen.
Dorothea Siems, Chefkorrespondentin für Wirtschaftspolitik der "Welt"-Gruppe, in "Welt-Online"
Kommentar: Der Artikel trägt eine bemerkenswert heftige Überschrift: "Hollande-Ruck der SPD grenzt an Vaterlandsverrat"; und das bezieht sich auf diese bemerkenswert heftigen Passagen im Text:
Mit ihrem Widerstand gegen den Fiskalpakt verraten die Sozialdemokraten die Interessen der hiesigen Bürger. (...) Sollten sich die Sozialdemokraten vor den Karren der Reformverweigerer in den Krisenländern spannen lassen, grenzte dies an Vaterlandsverrat.Worum geht es? Bisher haben die deutschen Sozialdemokraten die Politik der Kanzlerin zur Bewältigung der Griechenland-Krise unterstützt. Als sich der Wahlsieg Hollandes abzeichnete, begannen sie ihre Position zu ändern. Inzwischen will die SPD dem Fiskalpakt für Europa nur noch "unter bestimmten Bedingungen" zustimmen. Verlangt werden "zusätzliche Instrumente, um die Wirtschaft anzukurbeln".
Wie diese sich der künftige Präsident Hollande vorstellt, das hat er im Wahlkampf mit aller wünschenswerten Klarheit geäußert ("Mein wahrer Gegner ist die Finanzwelt"; ZR vom 3. 2. 2012). Hollande will beispielsweise 60.000 neue Stellen im Bildungsbereich schaffen, er will die Arbeitslosigkeit dadurch bekämpfen, daß der Staat unter bestimmten Bedingungen die Sozialabgaben für neu Eingestellte übernimmt, die Franzosen sollen mit 60 in Rente gehen können. Um rund 20 Milliarden Euro wollte der Kandidat Hollande die Staatsausgaben erhöhen.
Nun ist er der gewählte Präsident, dieser Mann mit dem linkspopulistischen Wahlprogramm. Die SPD wittert Morgenluft. Auch sie weiß natürlich, daß sich durch eine Steigerung der Staatausgaben allenfalls ein Strohfeuer entfachen, aber nicht ein dauerhaftes Wachstum bewirken läßt. )Im "Tagesspiegel" hat das gestern Moritz Döbler noch einmal sehr schön erläutert). Aber da ist sie eben, die populistische Versuchung: Hollande hat mit der Ankündigung staatlicher Wohltaten seine Wahl gewonnen; warum soll das nicht auch die SPD 2013 hinbekommen?
Moritz Döbler leitete die Wirtschaftsredaktion des "Tagesspiegel". Dorothea Siems ist promovierte Volkswirtschaftlerin und Chefkorrespondentin der "Welt"-Gruppe für Wirtschaftspolitik. Was sie schreiben, das ist das Einmaleins der Ökonomie. Es ist Grundwissen. Es ist das Grundwissen, dem sich Gerhard Schröder im März 2003 mit der Agenda 2010 anbequemt hat; der Grundlage für die heutige gute wirtschaftliche Situation Deutschlands.
Aber aus Wissen folgt nun einmal nicht unbedingt Handeln. Linkspopulismus ist oft erfolgreich, auch wenn er dem ökonomischen Grundwissen zuwiderläuft. Denn staatliche Wohltaten erlebt der Bürger sofort und honoriert sie oft mit seiner Stimme bei Wahlen. Die Folgen treten erst langfristig ein; wie jetzt drastisch in Griechenland.
Und dann findet man allemal einen Weg, sie nicht etwa der staatlichen Ausgabenpolitik anzulasten, sondern beispielsweise den Finanzmärkten, die auf sie und ihre Folgen reagieren. Das ist ungefähr so, als würde jemand den Gerichtsvollzieher dafür verantwortlich machen, daß bei ihm gepfändet wird.
Hollande wird, wenn er die angekündigte Politik umsetzt, damit ebenso scheitern wie sein sozialistischer Amtsvorgänger Mitterand, der mit ähnlichen Maßnahmen Frankreich zwischen 1981 und 1983 an den Rand des ökonomischen Kollaps brachte. Man kann nur hoffen, daß die Folgen von Hollandes Politik in Deutschland noch vor den Bundestagswahlen 2013 sichtbar werden, und daß dies die SPD zur Vernunft bringt.
Nein, nicht zur Vernunft; das wäre zu viel verlangt. Aber vielleicht, wenn wir Glück haben, zu der Einsicht, daß eine Wirtschaftspolitik à la Hollande für sie dann kein Wahlkampfknüller mehr sein wird. Ein Frankreich im wirtschaftlichen Niedergang, das wäre vielleicht doch nicht das ideale Vorbild, das man als Modell für Deutschland vermarkten könnte.
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