Bei Wahlen entscheiden bekanntlich Mehrheiten. Aber manchmal ist es gerade das Mehrheitsprinzip, das einer Minderheit Macht verleiht; ihr unter Umständen wahlentscheidende Macht verleiht. Drei aktuelle Beispiele verdeutlichen das:
Ob man in den USA für oder gegen Obama ist, das hängt von vielen Faktoren ab - der Bildung, der Einkommensklasse, dem Alter, dem Wohnort usw. Wenn man aber Schwarzer ist, dann spielen alle diese Faktoren so gut wie keine Rolle; man stimmt für Obama.
Ebenso ist es bei den Moslems in Frankreich. Sie dürften nicht deshalb überwältigend für Hollande gestimmt haben, weil sie alle Linke wären oder Hollandes Haltung zur Religion teilten; sondern weil sie von Sozialisten eine einwandererfreundlichere Politik erwarten als von Konservativen.
Auch für die Christen in Ägypten dürfte Ahmed Shafiqs Haltung zu den meisten politischen Themen zweitrangig gewesen sein - sie wählten ihn (wenn man Al Ahram glauben darf) aus dem einzigen Grund, daß er ein Mann der inneren Sicherheit ist.
Durch Geschlossenheit im Abstimmungsverhalten gewinnen Minderheiten eine politische Macht, die weit über ihre numerische Stärke hinausreicht. Sie geben dem betreffenden Kandidaten oder der betreffenden Partei gewissermaßen einen Grundstock an Wählerstimmen, den er schon sicher hat, bevor er überhaupt Wahlkampf führt. Es ist ungefähr so, als würde in einem Formel-1-Rennen einer der Kandidaten von einer Position aus starten dürfen, die ein paar hundert Meter vor der Startlinie für die anderen liegt.
In allen drei Fällen liegt die Macht der Minderheiten in ihrer Geschlossenheit.Ohne den Stimmblock der Schwarzen, den er fast geschlossen hinter sich hat, hätte Barack Obama keine Aussicht auf eine Wiederwahl.
Von den weißen Amerikanern würden sich nach einer aktuellen Umfrage von Gallup 54 Prozent für Romney entscheiden, nur 37 Prozent für den Präsidenten. Bei den Nichtweißen ist das Verhältnis hingegen 76 zu 16 Prozent zugunsten von Obama. 89 Prozent der Schwarzen sind mit Obamas Amtsführung einverstanden (US-Präsidentschaftswahlen 2012 (27): Die beiden Kandidaten und die Rassen in den USA; ZR vom 19. 5. 2012).Nach einer Wahlanalyse von OpinionWay haben im zweiten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in Frankreich 59 Prozent der Katholiken und 61 Prozent der Protestanten für Nicolas Sarkozy gestimmt. Daß François Hollande jetzt Präsident ist, verdankt er ausschließlich den Moslems und den Religionslosen.
Von diesen Letzteren (ungefähr 30 Prozent der Bevölkerung) haben 66 Prozent für Hollande gestimmt; von dem Moslems (8 bis 10 Prozent der Bevölkerung Frankreichs) waren es nicht weniger als 93 Prozent.In Ägypten machen die (koptischen) Christen ungefähr zehn Prozent der Bevölkerung aus. Nach einem Bericht von Al Ahram wurde unter ihnen die Parole ausgegeben, bei der jetzigen Präsidentschaftswahl für den Kandidaten Ahmed Shafiq zu stimmen, weil sie sich von ihm am ehesten Schutz gegen die zunehmenden Übergriffe militanter Moslems erhoffen (Die Christen könnten den Wahlausgang in Ägypten entscheiden; ZR vom 24. 5. 2012).
Nach dem inoffiziellen Wahlergebnis liegt Shafiq mit 5.210.978 Stimmen nur knapp hinter dem Kandidaten der Moslembrüder, Mohamed Mursi, der 5.553.097 Stimmen erreichte. Der wie Shafiq säkulare Kandidat Amr Moussa, der lange als einer der Favoriten gegolten hatte, kam auf nur 2.407.837 Stimmen.
Der Wahlblock der Kopten macht ungefähr 5 Millionen registrierte Wähler aus. Ob ihre Wahlbeteiligung der allgemeinen von 43,4 Prozent entsprach, ist nicht bekannt. Da sie sich existenziell bedroht fühlen, könnte sie höher gelegen haben. In jedem Fall dürfte Shafiqs überraschend gutes Abschneiden wesentlich auf das Votum der Christen zurückgehen. Ob das für einen Sieg bei der Stichwahl reicht, ist freilich sehr fraglich.
Ob man in den USA für oder gegen Obama ist, das hängt von vielen Faktoren ab - der Bildung, der Einkommensklasse, dem Alter, dem Wohnort usw. Wenn man aber Schwarzer ist, dann spielen alle diese Faktoren so gut wie keine Rolle; man stimmt für Obama.
Ebenso ist es bei den Moslems in Frankreich. Sie dürften nicht deshalb überwältigend für Hollande gestimmt haben, weil sie alle Linke wären oder Hollandes Haltung zur Religion teilten; sondern weil sie von Sozialisten eine einwandererfreundlichere Politik erwarten als von Konservativen.
Auch für die Christen in Ägypten dürfte Ahmed Shafiqs Haltung zu den meisten politischen Themen zweitrangig gewesen sein - sie wählten ihn (wenn man Al Ahram glauben darf) aus dem einzigen Grund, daß er ein Mann der inneren Sicherheit ist.
Durch Geschlossenheit im Abstimmungsverhalten gewinnen Minderheiten eine politische Macht, die weit über ihre numerische Stärke hinausreicht. Sie geben dem betreffenden Kandidaten oder der betreffenden Partei gewissermaßen einen Grundstock an Wählerstimmen, den er schon sicher hat, bevor er überhaupt Wahlkampf führt. Es ist ungefähr so, als würde in einem Formel-1-Rennen einer der Kandidaten von einer Position aus starten dürfen, die ein paar hundert Meter vor der Startlinie für die anderen liegt.
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