27. Mai 2012

Allen Lesern ein schönes Pfingstfest! Mit einem Kugelsternhaufen und einer Erinnerung an den Geist der Aufklärung


Dieses Foto wurde vom Weltraumteleskop Hubble aufgenommen. Wenn Sie es im Detail betrachten wollen, dann klicken Sie bitte zweimal auf die Abbildung. Es lohnt sich.

Zu sehen ist der Kugelsternhaufen NGC 6333 oder Messier 9 (M 9); benannt nach dem französischen Astronomen Charles Messier, der ihn am 28. Mai 1764 entdeckte.

Messiers Werk ist typisch für das, was die Aufklärung im 18. Jahrhundert an wissenschaftlicher Begeisterung freisetzte, an wissenschaftlichen Leistungen hervorbrachte. Er war, in einfachen Verhältnissen aufgewachsen, durch zwei Himmels­ereignisse für die Astronomie begeistert worden: Einen großen Kometen im Jahr 1744 (da war er 14) und eine Sonnenfinsternis am 25. Juli 1748.

Messier wollte Kometen finden. Worin unterscheidet sich ein Komet von anderen, ähnlich verwaschen aussehenden Himmelsobjekten? Dadurch, daß er sich bewegt. Also braucht man einen Katalog solcher stationärer Objekte und kann dann die Kometen aufgrund ihrer Bewegung relativ zu diesem unveränderlichen Hintergrund dingfest machen.

Einen solchen Katalog von Objekten, die wie Kometen aussehen, aber keine sind, schuf Messier in jahrelanger Beobachtungsarbeit und publizierte ihn 1791. Heute wissen wir, daß es sich um Objekte ganz unterschiedlicher Art handelt: Zum einen wie Nebel aussehende Galaxien (Nebulae), also andere Milchstraßen in den Weiten des Alls; zum anderen Kugelsternhaufen - Ansammlungen von Sternen, die in einem Teleskop, wie es Messier zur Verfügung stand, ebenfalls verwaschen-unscharf aussehen.

Warum sehen sie wie Nebel aus? Weil die Sterne sich im Zentrum konzentrieren und nach außen hin seltener werden, sich der Sternhaufen also allmählich zur Peripherie hin ausdünnt, statt eine scharfe Grenze zu haben. Wenn Sie das Bild mit zugekniffenen Augen und/oder aus größerer Entfernung betrachen, dann sehen Sie den Kugelsternhaufen als Nebel; so, wie ihn Charles Messier sah, morgen vor 248 Jahren.

Diese Kugelsternhaufen befinden sich innerhalb unserer Milchstraße, sind also vergleichsweise nah. Ihre kugelige Form haben sie aus demselben Grund, aus dem Planeten rund sind, nicht aber kleine Asteroiden: Weil sie durch Gravitation gebunden sind (siehe Warum ist Itokawa nicht rund?; ZR vom 7. 6. 2006).

Messier 9 ist 25.800 Lichtjahre von der Erde entfernt und relativ nah am Zentrum der Milchstraße (5.500 Lichtjahre Distanz). Astronomisch nah; aber vergessen Sie nicht, daß ein Lichtjahr rund 10.000.000.000.000 (zehn Billionen, englisch trillion) Kilometer sind.

Das Besondere an den Sternen in solchen Kugelsternhaufen ist, daß sie sehr alt sind und dadurch andere Eigenschaften haben als die jüngeren Sterne (wie unsere Sonne). Sie enthalten zum Beispiel kaum Elemente wie Eisen, Sauerstoff und Kohlenstoff. Diese entstanden in größeren Mengen erst später im Zentrum von Sternen und als Folge der Explosion von Supernovae.

Die Sterne auf der Abbildung sind unterschiedlich groß und hell und haben unterschiedliche Färbung. Warum?

Die Verschiedenheit in der Helligkeit ist im wesentlichen Ausdruck ihrer unterschiedlichen Leuchtkraft. Die Entfernung, die sonst eine entscheidende Rolle für die scheinbare Helligkeit von Sternen spielt, ist hier von geringer Bedeutung, weil alle Sterne eines Kugelhaufens ungefähr gleich weit von uns entfernt sind.

Auch die Größe der Lichtpunkte auf dem Foto ist Ausdruck unterschiedlicher Leuchtkraft, nicht des verschiedenen Durchmessers der Sterne. Selbst Hubble kann auf diese Entfernung keine Auflösung liefern, die Durchmesser abbilden würde, so wie das bei Bildern der Planeten der Fall ist.

Es ist also lediglich die Leuchtkraft, die bestimmt, als ein wie großer Punkt ein Stern auf dem Foto zu sehen ist; ungefähr so, wie im Nebel eine schwach glimmende Straßenlaterne kleiner erscheint als eine helle, auch wenn beide Glühkörper gleich groß sind.

Woher die verschiedene Färbung? Sie hängt von der Temperatur ab. Je heißer ein Stern, umso mehr geht sein Licht in Richtung blau; je kühler, umso mehr in Richtung rot.

Manchen erscheint das paradox, weil wir mit "rot" gern "heiß" assoziieren, mit "blau" eher "kühl". Zwischen Temperatur und Farbe besteht aber die umgekehrte Beziehung. Zu der Zeit, als es noch überall Schmieden gab, war dieses Phänomen den meisten Menschen vertraut: Zuerst leuchtet das ins Feuer gehaltene Eisen rot; je heißer es wird, umso mehr geht seine Farbe hin zu einem bläulichen "weißglühend".­
Zettel



© Zettel. Für Kommentare bitte hier klicken. Foto als Werk der NASA gemeinfrei.