In der heutigen Pressekonferenz der Kanzlerin wurde ihr die Frage gestellt, die seit dem gestrigen Wahlausgang offenbar halb Deutschland beschäftigt: Ob Röttgen denn noch Umweltminister sein könne? Mit ungefähr derselben Intensität befassen sich die Auguren jetzt damit, ob Hannelore Kraft seit Sonntag, 18 Uhr, in die Riege der SPD-Bewerber um die Kanzlerschaft aufgestiegen ist.
Ja, wieso soll das denn der eine auf einmal nicht mehr können? Wieso soll das denn denn die andere auf einmal können?
Hannelore Kraft hat einen geschickten Wahlkampf geführt, in dem sie sich als sanfte Landesmutter mit Herz stilisieren ließ; die Kontrastfigur zur kühl-rationalen Kanzlerin. Befähigt das diese Landespolitikerin aus Mülheim/Ruhr, deren Erfahrungen in Bundes-, gar in internationaler Poltik null sind, demnächst Putin und Obama Paroli zu bieten? Befähigt es sie zur politischen Führung Europas; künftig mit der Spezialaufgabe, den widerspenstigen Staatspräsidenten Hollande das Fürchten zu lehren?
Es ist nachgerade unfaßbar, wie in der SPD jeder, der einmal spektakulär eine Wahl gewinnt, sofort und fast reflexhaft für höchste Ämter gehandelt wird. So wurde einst der feinsinnige Björn Engholm Parteichef, in jüngerer Zeit der biedere Kurt Beck; so der tüchtige Landesvater Matthias Platzeck. Dieser immerhin erkannte die Lage und war nach fünf Monaten wieder zurück in Potsdam. Wegen gesundheitlicher Probleme, wie es damals hieß. Das war 2005/2006. Es scheint, es geht ihm wieder gut.
Es gibt so wenig Anlaß, in Hannelore Kraft eine künftige Kanzlerin zu sehen, wie die Wahl zur Schönheitskönigin Kärntens eine junge Dame schon für eine Karriere am Burgtheater qualifiziert. Ein Wahlerfolg macht, anders als vielleicht einst die Salbung zum König, jemanden nicht zu einem anderen Menschen.
Aber auch eine Wahlniederlage macht jemanden nicht zu einem anderen Menschen; beispielsweise nicht den Minister Röttgen zu einem, der nun auf einmal sein Amt nicht mehr führen kann.
Norbert Röttgen, dessen Kurs als Umweltminister ich für beklagenswert halte, steht mit diesem in der Tradition seiner Vorgänger Trittin und Gabriel. Er ist ein Karrierist, der dieses Ressort haben wollte, weil es dauerhafte Medienpräsenz garantiert. Auch darin unterscheidet er sich nicht von Trittin und Gabriel, die sich wie er zu Höherem berufen fühlen.
Röttgen hat diesmal gezockt und verloren. Er wollte, als weitere Grundlage seines geplanten Aufstiegs, den starken CDU-Landesverband NRW führen; eine feine Hausmacht in parteiinternen Machtkämpfen. Ministerpräsident von NRW werden wollte er vermutlich nie. Vor regulären Wahlen hätte man genügend Zeit gehabt, einen anderen zum Kandidaten zu machen; und der smarte Röttgen wäre um eine Erklärung nicht verlegen gewesen, warum er diesem den Vortritt lassen und in Berlin weiter seine Pflichten erfüllen müsse.
Aber nun machten ihm die vorgezogenen Neuwahlen einen Strich durch die Rechnung. In der Kürze der Zeit, die zur Entscheidung blieb, mußte er ins Geschirr.
Daß er sich darin nicht wohlgefühlt hat, war von vornherein klar. Und so intelligent dieser Streber ist - wie viele Streber hat er ein schlechtes Urteilsvermögen, was die Reaktionen seiner Mitmenschen angeht; auch deren Intelligenz. Er glaubt, ihnen Dreistigkeiten zumuten zu können. Sie werden es schon schlucken, oder vielleicht gar nicht merken.
In der heutigen Pressekonferenz stand er neben der Kanzlerin. Da war diese Chuzpe wieder zu besichtigen. Ein Journalist fragte ihn nach dem Grund dafür, daß er sich gestern Abend in der "Elefantenrunde" der Spitzenkandidaten vom Generalsekretär Oliver Wittke hatte vertreten lassen. Röttgen sinngemäß: Er hätte zusammen mit anderen Spitzenkandidaten der ARD und dem ZDF zur Verfügung gestanden und stehe auch jetzt für jede Frage zur Verfügung. Der Journalist wiederholte seine Frage. Röttgen wiederholte seine Antwort.
Ein anderer hätte den Grund genannt, notfalls einen erfunden - er sei erschöpft gewesen, habe zu seiner Familie fahren müssen, hätte Dringendes zu erledigen gehabt, was immer. Ein souveräner Politiker wie Wolfgang Kubicki hätte vielleicht gesagt: Ich hatte genug. Ich wollte erst einmal raus aus diesem Rummel. Röttgen tat einfach so, als sei die Frage nicht gestellt worden. Und dachte offenbar, daß es keiner merkt.
So hat er es von Beginn des Wahlkampfs an mit der Frage gemacht, ob er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf gehen würde. Jeder wußte, daß er daran keinen Augenblick dachte. Er hätte das sagen können. Es ist ja keine Schande, lieber Minister in Berlin zu sein als Fraktionsvorsitzender in Düsseldorf. Aber er druckste herum; er weigerte sich wieder und wieder, die Frage zu beantworten. Man würde ihm das schon durchgehen lassen, so dachte es sich der Musterschüler offenbar.
Man hat es ihm nicht durchgehen lassen. Er hatte ein schlechtes Image, er war unglaubhaft, noch bevor es überhaupt mit dem Wahlkämpfen losging. Er hat dann alles getan, dieses Image auszubauen. Der Linken und ihrer Presse liefert er damit Steilvorlagen, die diese gnadenlos nutzten (siehe Eine Lanze für Norbert Röttgen; ZR vom 10. 5. 2012).
Nun hat er sein Ergebnis; er hat es sich verdient. Vielleicht aufgrund dieser Kampagne gegen ihn in den Tagen unmittelbar vor der Wahl hat er sogar noch schlechter abgeschnitten, als es die letzten (veröffentlichten) Umfragen hatten erwarten lassen (siehe zu diesen: Wahlen in NRW: Die große Überraschung wird ausbleiben; ZR vom 13. 5. 2012). Zugleich hat die FDP noch einmal einen Aufschwung bei den Zweitstimmen genommen, den diese Umfragen nicht mehr erfaßten.
Daß es zwischen diesen beiden Wählerbewegungen in letzter Minute wahrscheinlich einen Zusammenhang gibt, erhellt aus dem Vergleich mit den Zahlen von 2010. Damals hatte die FDP so viele Erststimmen bekommen wie jetzt (2010: 4,7 Prozent; 2012: 4,8 Prozent). Die Zweitstimmen aber lagen damals nur um zwei Prozentpunkte über den Erststimmen; jetzt erhielt die FDP fast doppelt so viele Zweit- wie Erststimmen (siehe Wie haben in NRW die kleinen Parteien abgeschnitten?; ZR vom 14. 5. 2012).
Offenbar haben manche Wähler sich in letzter Minute entschieden, ihre Zweitstimme nicht der CDU, sondern der FDP zu geben. Und sehr wahrscheinlich geht das auf das schlechte Bild zurück, das Norbert Röttgen (kräftig beleuchtet von den linken Medien) in der Schlußphase dieses Wahlkampfs abgab.
Ja und? Jetzt ist er nicht mehr Kandidat, sondern nur noch Minister. Er wird dieses Amt so führen wie bisher. Die Kompetenzen seines Ministeriums, dessen Position in Verhandlungen mit Ländern haben sich gestern so wenig verändert wie die Probleme, auf die Deutschland dank der "Energiewende" zusteuert (siehe zum Beispiel die Folgen 26 und 29 der Serie Deutschland im Öko-Würgegriff).
Röttgen wird jetzt sogar ein besserer Minister sein als bisher. "Minister" heißt bekanntlich "Diener". Der durch seinen verpatzten Wahlsieg geduckte Norbert Röttgen wird jetzt brav dienen und seine Pflicht tun. Für Karriereplanung braucht er künftig keine Zeit mehr zu opfern.
Ja, wieso soll das denn der eine auf einmal nicht mehr können? Wieso soll das denn denn die andere auf einmal können?
Hannelore Kraft hat einen geschickten Wahlkampf geführt, in dem sie sich als sanfte Landesmutter mit Herz stilisieren ließ; die Kontrastfigur zur kühl-rationalen Kanzlerin. Befähigt das diese Landespolitikerin aus Mülheim/Ruhr, deren Erfahrungen in Bundes-, gar in internationaler Poltik null sind, demnächst Putin und Obama Paroli zu bieten? Befähigt es sie zur politischen Führung Europas; künftig mit der Spezialaufgabe, den widerspenstigen Staatspräsidenten Hollande das Fürchten zu lehren?
Es ist nachgerade unfaßbar, wie in der SPD jeder, der einmal spektakulär eine Wahl gewinnt, sofort und fast reflexhaft für höchste Ämter gehandelt wird. So wurde einst der feinsinnige Björn Engholm Parteichef, in jüngerer Zeit der biedere Kurt Beck; so der tüchtige Landesvater Matthias Platzeck. Dieser immerhin erkannte die Lage und war nach fünf Monaten wieder zurück in Potsdam. Wegen gesundheitlicher Probleme, wie es damals hieß. Das war 2005/2006. Es scheint, es geht ihm wieder gut.
Es gibt so wenig Anlaß, in Hannelore Kraft eine künftige Kanzlerin zu sehen, wie die Wahl zur Schönheitskönigin Kärntens eine junge Dame schon für eine Karriere am Burgtheater qualifiziert. Ein Wahlerfolg macht, anders als vielleicht einst die Salbung zum König, jemanden nicht zu einem anderen Menschen.
Aber auch eine Wahlniederlage macht jemanden nicht zu einem anderen Menschen; beispielsweise nicht den Minister Röttgen zu einem, der nun auf einmal sein Amt nicht mehr führen kann.
Norbert Röttgen, dessen Kurs als Umweltminister ich für beklagenswert halte, steht mit diesem in der Tradition seiner Vorgänger Trittin und Gabriel. Er ist ein Karrierist, der dieses Ressort haben wollte, weil es dauerhafte Medienpräsenz garantiert. Auch darin unterscheidet er sich nicht von Trittin und Gabriel, die sich wie er zu Höherem berufen fühlen.
Röttgen hat diesmal gezockt und verloren. Er wollte, als weitere Grundlage seines geplanten Aufstiegs, den starken CDU-Landesverband NRW führen; eine feine Hausmacht in parteiinternen Machtkämpfen. Ministerpräsident von NRW werden wollte er vermutlich nie. Vor regulären Wahlen hätte man genügend Zeit gehabt, einen anderen zum Kandidaten zu machen; und der smarte Röttgen wäre um eine Erklärung nicht verlegen gewesen, warum er diesem den Vortritt lassen und in Berlin weiter seine Pflichten erfüllen müsse.
Aber nun machten ihm die vorgezogenen Neuwahlen einen Strich durch die Rechnung. In der Kürze der Zeit, die zur Entscheidung blieb, mußte er ins Geschirr.
Daß er sich darin nicht wohlgefühlt hat, war von vornherein klar. Und so intelligent dieser Streber ist - wie viele Streber hat er ein schlechtes Urteilsvermögen, was die Reaktionen seiner Mitmenschen angeht; auch deren Intelligenz. Er glaubt, ihnen Dreistigkeiten zumuten zu können. Sie werden es schon schlucken, oder vielleicht gar nicht merken.
In der heutigen Pressekonferenz stand er neben der Kanzlerin. Da war diese Chuzpe wieder zu besichtigen. Ein Journalist fragte ihn nach dem Grund dafür, daß er sich gestern Abend in der "Elefantenrunde" der Spitzenkandidaten vom Generalsekretär Oliver Wittke hatte vertreten lassen. Röttgen sinngemäß: Er hätte zusammen mit anderen Spitzenkandidaten der ARD und dem ZDF zur Verfügung gestanden und stehe auch jetzt für jede Frage zur Verfügung. Der Journalist wiederholte seine Frage. Röttgen wiederholte seine Antwort.
Ein anderer hätte den Grund genannt, notfalls einen erfunden - er sei erschöpft gewesen, habe zu seiner Familie fahren müssen, hätte Dringendes zu erledigen gehabt, was immer. Ein souveräner Politiker wie Wolfgang Kubicki hätte vielleicht gesagt: Ich hatte genug. Ich wollte erst einmal raus aus diesem Rummel. Röttgen tat einfach so, als sei die Frage nicht gestellt worden. Und dachte offenbar, daß es keiner merkt.
So hat er es von Beginn des Wahlkampfs an mit der Frage gemacht, ob er auch als Oppositionsführer nach Düsseldorf gehen würde. Jeder wußte, daß er daran keinen Augenblick dachte. Er hätte das sagen können. Es ist ja keine Schande, lieber Minister in Berlin zu sein als Fraktionsvorsitzender in Düsseldorf. Aber er druckste herum; er weigerte sich wieder und wieder, die Frage zu beantworten. Man würde ihm das schon durchgehen lassen, so dachte es sich der Musterschüler offenbar.
Man hat es ihm nicht durchgehen lassen. Er hatte ein schlechtes Image, er war unglaubhaft, noch bevor es überhaupt mit dem Wahlkämpfen losging. Er hat dann alles getan, dieses Image auszubauen. Der Linken und ihrer Presse liefert er damit Steilvorlagen, die diese gnadenlos nutzten (siehe Eine Lanze für Norbert Röttgen; ZR vom 10. 5. 2012).
Nun hat er sein Ergebnis; er hat es sich verdient. Vielleicht aufgrund dieser Kampagne gegen ihn in den Tagen unmittelbar vor der Wahl hat er sogar noch schlechter abgeschnitten, als es die letzten (veröffentlichten) Umfragen hatten erwarten lassen (siehe zu diesen: Wahlen in NRW: Die große Überraschung wird ausbleiben; ZR vom 13. 5. 2012). Zugleich hat die FDP noch einmal einen Aufschwung bei den Zweitstimmen genommen, den diese Umfragen nicht mehr erfaßten.
Daß es zwischen diesen beiden Wählerbewegungen in letzter Minute wahrscheinlich einen Zusammenhang gibt, erhellt aus dem Vergleich mit den Zahlen von 2010. Damals hatte die FDP so viele Erststimmen bekommen wie jetzt (2010: 4,7 Prozent; 2012: 4,8 Prozent). Die Zweitstimmen aber lagen damals nur um zwei Prozentpunkte über den Erststimmen; jetzt erhielt die FDP fast doppelt so viele Zweit- wie Erststimmen (siehe Wie haben in NRW die kleinen Parteien abgeschnitten?; ZR vom 14. 5. 2012).
Offenbar haben manche Wähler sich in letzter Minute entschieden, ihre Zweitstimme nicht der CDU, sondern der FDP zu geben. Und sehr wahrscheinlich geht das auf das schlechte Bild zurück, das Norbert Röttgen (kräftig beleuchtet von den linken Medien) in der Schlußphase dieses Wahlkampfs abgab.
Ja und? Jetzt ist er nicht mehr Kandidat, sondern nur noch Minister. Er wird dieses Amt so führen wie bisher. Die Kompetenzen seines Ministeriums, dessen Position in Verhandlungen mit Ländern haben sich gestern so wenig verändert wie die Probleme, auf die Deutschland dank der "Energiewende" zusteuert (siehe zum Beispiel die Folgen 26 und 29 der Serie Deutschland im Öko-Würgegriff).
Röttgen wird jetzt sogar ein besserer Minister sein als bisher. "Minister" heißt bekanntlich "Diener". Der durch seinen verpatzten Wahlsieg geduckte Norbert Röttgen wird jetzt brav dienen und seine Pflicht tun. Für Karriereplanung braucht er künftig keine Zeit mehr zu opfern.
Zettel
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