Mehr Parteien im Parlament, heißt es oft, mache die Regierungsbildung schwerer. Diese Klage aber zeugt mehr von Sehnsucht nach alten Zeiten denn von analytischer Tiefe. Tatsächlich sind in einem Sechs- oder Sieben-Parteiensystem Koalitionen nur dann schwierig, wenn sich die Parteien als zu unbeweglich erweisen, andere als die üblichen Bündnisse auszuprobieren. (...) Die Lehre aus Schleswig-Holstein ist deshalb: Die Parteien müssen lernen, sich aus der Enge alter Lagerschemata zu befreien.
Kommentar: Ja, wie hätte er's denn gern, der Autor Markus Horeld? Wo soll denn die "gemeinsame Idee" für eine Koalition herkommen, wenn die Parteien, die sie bilden, ganz unterschiedliche politische Vorstellungen haben?
Eine Regierung ist ja keine Task Force, die man schnell einmal zusammenstellt, um ein "Projekt" durchzuziehen. Regierungen benötigten gemeinsame Ziele, das ist wahr. Aber der Großteil der Regierungsarbeit besteht darin, Entscheidungen auf den verschiedensten Gebieten vorzubereiten und zu treffen. Und das nicht eben mal kurz, sondern über mindestens eine Legislaturperiode.
Eine funktionierende bunt gemischte Koalition - sozusagen politisches Multikulti auf Regierungsebene - ist eine vielleicht für Manchen schöne, aber eine offenkundig naive Vorstellung. Drei oder gar vier Parteien von links, von rechts, aus der Mitte mögen ein gemeinsames "Projekt" finden - sagen wir, Schuldenabbau oder Rentenreform oder Atomausstieg. Aber in den meisten Fragen des politischen Alltags wird man ja deshalb noch nicht wundersamerweise ebenfalls dieselben Ziele haben.
Solche bunten Koalitionen zwischen Parteien mit nur punktuellen Gemeinsamkeiten knirschen unweigerlich, und meist brechen sie früher oder später auseinander. Im Bund haben wir damit - wie Horeld bedauernd registriert - noch keine Erfahrungen. Erfahrungen in den Ländern zeigen aber, wie wenig handlungsfähig solche Koalitionen sind.
Die erste Ampel in Bremen zerbrach an der "Piepmatzaffäre". Auch die zweite in Brandenburg fand ein vorzeitiges Ende. Schwarzgrün in Hamburg hielt zwei Jahre. Zuvor war dort die kurzlebige Koalition der CDU mit der Schill-Partei ja ebenfalls eine von der bunten Sorte gewesen. Erst kürzlich ist die Jamaika-Koalition im Saarland gescheitert.
Vestigia terrent, sagte man im alten Rom - die Spuren schrecken. In der betreffenden Fabel von Horaz ging der schlaue Fuchs nicht in die Höhle des Löwen, weil er nur Tierspuren sah, die hineingingen; aber keine, die herauskamen.
Die Spuren der von Markus Horeld so warm empfohlenen Versuche, sich "aus der Enge alter Lagerschemata zu befreien", sind längst zu besichtigen. Nur, ein Reineke scheint er nicht zu sein, dieser Autor. Mit seinen Träumen von politisch heterogenen Koalitionen, die zugleich zu einer homogenen Regierungsarbeit fähig sind, ähnelt er nicht diesem schlauen Fuchs, sondern eher Alice im Wunderland.
Der Ressortleiter Politik, Meinung und Gesellschaft von "Zeit-Online", Markus Horeld, dort heute zum Ergebnis der gestrigen LandtagswahlEine Koalition braucht eine gemeinsame Idee, ein Projekt.
Derselbe Autor im selben Artikel.
Kommentar: Ja, wie hätte er's denn gern, der Autor Markus Horeld? Wo soll denn die "gemeinsame Idee" für eine Koalition herkommen, wenn die Parteien, die sie bilden, ganz unterschiedliche politische Vorstellungen haben?
Eine Regierung ist ja keine Task Force, die man schnell einmal zusammenstellt, um ein "Projekt" durchzuziehen. Regierungen benötigten gemeinsame Ziele, das ist wahr. Aber der Großteil der Regierungsarbeit besteht darin, Entscheidungen auf den verschiedensten Gebieten vorzubereiten und zu treffen. Und das nicht eben mal kurz, sondern über mindestens eine Legislaturperiode.
Eine funktionierende bunt gemischte Koalition - sozusagen politisches Multikulti auf Regierungsebene - ist eine vielleicht für Manchen schöne, aber eine offenkundig naive Vorstellung. Drei oder gar vier Parteien von links, von rechts, aus der Mitte mögen ein gemeinsames "Projekt" finden - sagen wir, Schuldenabbau oder Rentenreform oder Atomausstieg. Aber in den meisten Fragen des politischen Alltags wird man ja deshalb noch nicht wundersamerweise ebenfalls dieselben Ziele haben.
Solche bunten Koalitionen zwischen Parteien mit nur punktuellen Gemeinsamkeiten knirschen unweigerlich, und meist brechen sie früher oder später auseinander. Im Bund haben wir damit - wie Horeld bedauernd registriert - noch keine Erfahrungen. Erfahrungen in den Ländern zeigen aber, wie wenig handlungsfähig solche Koalitionen sind.
Die erste Ampel in Bremen zerbrach an der "Piepmatzaffäre". Auch die zweite in Brandenburg fand ein vorzeitiges Ende. Schwarzgrün in Hamburg hielt zwei Jahre. Zuvor war dort die kurzlebige Koalition der CDU mit der Schill-Partei ja ebenfalls eine von der bunten Sorte gewesen. Erst kürzlich ist die Jamaika-Koalition im Saarland gescheitert.
Vestigia terrent, sagte man im alten Rom - die Spuren schrecken. In der betreffenden Fabel von Horaz ging der schlaue Fuchs nicht in die Höhle des Löwen, weil er nur Tierspuren sah, die hineingingen; aber keine, die herauskamen.
Die Spuren der von Markus Horeld so warm empfohlenen Versuche, sich "aus der Enge alter Lagerschemata zu befreien", sind längst zu besichtigen. Nur, ein Reineke scheint er nicht zu sein, dieser Autor. Mit seinen Träumen von politisch heterogenen Koalitionen, die zugleich zu einer homogenen Regierungsarbeit fähig sind, ähnelt er nicht diesem schlauen Fuchs, sondern eher Alice im Wunderland.
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